Family Offices in der Praxis, Teil 1 Cash-Event und was dann?

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Family Office ist nicht gleich Family Office

Bei der Auswahl des Partners sollte allerdings geprüft werden, wie weit sich das Aufgabenspektrum erstecken darf, das auf das Family Office übertrag wird. Sollte es lediglich kontrollierende und steuernde Funktionen innehaben oder selbst auch vermögensverwaltend tätig sein.

Je näher die Aufgaben des Family Offices in Richtung Vermögensverwaltung gehen, desto mehr Potenzial für Interessenkonflikte entsteht. Vor allem dann, wenn das Family Office sich das Asset Management separat zur Vergütung für die Family-Office-Dienstleistung – und im Zweifel höher als diese – bezahlen lässt. Das Family Office sollte sich nicht in einen Wettbewerb zu Banken und Vermögensverwaltern stellen, sondern diese vielmehr im Sinne einer Arbeitsteilung gezielt als Praxis-Profis einsetzen, koordinieren und kontrollieren.

Die ersten Schritte

Eine der ersten und zentralen Aufgaben des Family Offices besteht nach dessen Gründung beziehungsweise Mandatierung in der Entwicklung einer langfristigen und ganzheitlichen Anlagestrategie unter Berücksichtigung der individuellen Bedarfssituation der Familie sowie dem gesetzlichen und anlagemarktspezifischen Umfeld. Diese sollte auf die bereits vorhandene oder eine noch zu entwickelnde Familienverfassung abgestimmt werden. Hierzu sollte das Family Office aber externe professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.

Steht einmal die Strategie, so kann das Family Office darauf konkrete Anlagerichtlinien für die einzelne Anlageklassen entwickeln und Benchmarks festlegen, bevor nach konkreten Investitionsmöglichkeiten beziehungsweise professionellen Partnern für deren Umsetzung recherchiert wird. Dabei trifft das Family Office keine eigenen Entscheidungen, sondern bereitet Entscheidungsvorlagen für den Vertreter der Familie vor, diskutiert mit diesem die möglichen Folgen, Chancen und Risiken der jeweiligen Anlage und setzt dann die Entscheidung stellvertretend für die Familie um.

Das regelmäßige Reporting informiert die Familie über die Erfolge oder auch Misserfolge einzelner Anlagen wie auch der gesamten Anlagepolitik. Im Rahmen regelmäßiger Strategiegespräche werden der sich ergebende Handlungsbedarf sowie die zur Optimierung geeignet Maßnahmen diskutiert und anschließend vom Family Office realisiert.

Die Rolle des Familienvertreters kann in diesen Prozessen sehr unterschiedlich sein. Entweder ist er selbst, gegebenenfalls sogar als Geschäftsführer, operativ in das Family Office eingebunden. Oder er beschränkt sich lediglich auf die Position einer Art Aufsichtsrates und fokussiert sich lediglich auf das Treffen wichtiger strategischer Entscheidungen.

Nicht selten werden vom Family Office auch Aufgaben jenseits des Finanzmanagements wahrgenommen – das gilt insbesondere beim Single Family Office. Hierbei werden Funktionen eines Privatsekretariats übernommen, um die Familie auch in persönlichen administrativen Angelegenheiten zu unterstützen und zu entlasten.

Der Hauptzweck der Family Offices besteht aber in der Professionalisierung des Vermögensmanagements. Und genau hierin besteht auch der Mehrwert des Einsatzes dieser Institution gegenüber der herkömmlichen Art, das eigene Vermögen ausschließlich mit Hilfe der Banken und sonstiger Finanzdienstleister alleine zu verwalten.

Dieser Gastbeitrag ist Teil einer Artikel-Serie zum Thema Family Office und seinem Wert, seiner Funktion und Arbeitsweise in der Praxis.

Teil 2 – Erfolgsfaktoren beim Start eines Single Family Office
Teil 3 – Was bei der Strukturierung von Familienvermögen zu beachten ist
Teil 4 – Die Bedeutung des Netzwerks für Family Offices
Teil 5 – Wie Family Offices Inhaberfamilien zusammenhalten

 

Über den Autor:
Christoph Weber ist geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Multi Family Office WSH. Darüber hinaus steht er auch dem Verband unabhängiger Family Offices als Vorstandsvorsitzender vor.

Der Autor hat jüngst zusammen mit anderen Family-Office-Experten das Buch „Das Family Office – Ein Praxisleitfaden“ herausgegeben, das auf dem Portal der Verlagsgesellschaft Springer Gabler erworben werden kann.

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