Christoph Weber und Alexander Koeberle-Schmid „Viele Familien schätzen die Gründung eines Single Family Office falsch ein“

Christoph Weber, Geschäftsführer des Family Offices WSH (l.), und Alexander Koeberle-Schmid von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG

Christoph Weber, Geschäftsführer des Family Offices WSH (l.), und Alexander Koeberle-Schmid von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG

private banking magazin: Ihr jüngst erschienenes Buch „Das Family Office – Ein Praxisleitfaden“ ist nicht das erste Werk zum Thema. Was war Ihre Motivation, zum Thema Family Office nachzulegen?

Alexander Koeberle-Schmid: Das Buch ist ein Gemeinschaftsprojekt von Boris Canessa, Jens Escher, Peter Preller, Christoph Weber und mir. Die Idee zum Buch entstand bei einer Reise zu einer Konferenz von Familienunternehmen in den USA. Dort habe ich zahlreiche Ratgeberbände zum Thema gesehen – alle auf Englisch und die meisten recht umfangreich. In Deutschland gibt es zwei, drei Bücher zum Thema, die allerdings klassische Fachbücher sind.

Was unterscheidet das Buch von anderen?

Koeberle-Schmid: Unser Anliegen war es ein Buch aus der Praxis und für die Praxis zu schreiben. Wir haben unser Wissen, das wir über viele Jahre als Spezialisten operativ beziehungsweise beratend in Family Offices aufgebaut haben, in diesem Leitfaden transparent und übersichtlich zusammengestellt. Beim Schreiben lag unser Hauptaugenmerk auf praxisorientierten Tipps und Hinweisen, die durch Best-Practice-Beispiele, Checklisten und Interviews mit Vertretern von Family Offices ergänzt wurden.

Was kann ein Buch leisten, dessen Stoff ein sehr verschwiegenes, weil meist diskret behandeltes Thema ist?

Christoph Weber: Diskretion und Verschwiegenheit sind ganz zentrale Eigenschaften, die ein Family Office und dessen Mitarbeiter auszeichnen. Wir haben im Buch natürlich nicht, wie man so schön sagt, aus dem Nähkästchen geplaudert. Aber alle Autoren des Buches sowie unsere Interviewpartner wissen aus eigenen positiven und vielleicht auch einmal leidvollen Erfahrungen um die Herausforderungen bei der Gründung, der Auswahl und dem Betrieb eines Family Offices. Wir alle wollten andere, die sich noch in der Selektionsphase befinden, an eben diesen Erfahrungen partizipieren lassen.

Soll das Buch vorrangig die Vermögensträger ansprechen?

Koeberle-Schmid: Das Buch richtet sich an Unternehmer und vermögende Personen, die das Ziel haben, ihr (Familien-)Vermögen professionell und interessenkonfliktfrei zu managen. Typische Fragen, die sich hier stellen, und für die das Buch Lösungsoptionen bietet, sind: Wie wird die Führungsstur des Family Offices so gestaltet, dass sie transparent aufgestellt ist? Welche Rechtsform passt zu den Aufgaben des Family Offices? Wo wird es aufgehängt? Wer sind die Eigentümer? Wie wird das Vermögen im Sinne des Vermögensinhabers gemanagt, Preise und Leistungen regelmäßig verglichen und verhandelt? Welches Risikoprofil besteht und wie ist das Vermögen dementsprechend allokiert?

Wir klären aber generell Fragestellungen, die für Family Officer als auch für  Unternehmer gleichermaßen interessant sind. Was ist, wenn das Family Office gut läuft: Wie kann es sich weiterentwickeln? Welchen Beitrag kann das Family Office zur Nachfolge und Organisation der Familie leisten? Wie kann eine Familienverfassung ergänzt werden durch den Bereich Vermögen? Wie gehen wir mit neuen Risiken um und wie stellen wir Compliance sicher? Muss der Kundenkreis neu definiert werden und wie kann das Gebührensystem angepasst werden? Welche Aufgaben kann ein Investment Council übernehmen? Auch darauf finden die Leser Antworten.

In dem Buch geht es unter anderem um die Frage, ob es sich lohnt, ein Single Family Office zu gründen oder ob ein Multi Family Office die bessere Alternative ist. Warum ist die Entscheidung für oder gegen eine der Formen so schwer?

Weber: Ich glaube gar nicht, dass die Entscheidung zwischen einem Single und Multi Family Office so schwierig sein muss. Wenn man sich darüber im Klaren wird, was man von einem Family Office erwartet und welches Budget man bereit ist, für dessen Unterhaltung einzusetzen, sollte die Entscheidung eigentlich leichtfallen können.

Rein rational dürfte es aber nicht immer zugehen.

Weber: Ein Cash-Event bietet natürlich neben der rational-kaufmännischen Entscheidung hinsichtlich der Bedingungen für die Professionalisierung der Steuerung des Privatvermögens auch eine psychologische Komponente. In dem Moment des Unternehmverkaufs fühle ich mich nicht mehr als Unternehmer, ich produziere nichts mehr, sondern verwalte nur noch mein Geld.

Dazu kommt, dass ich in diesem Moment einen hohen Betrag Liquidität auf dem Konto liegen habe, was erst einmal nicht beruhigend, sondern vielmehr beängstigend auf die meisten Vermögenden wirkt. Nicht selten hat der Unternehmer nach dem erfolgten Verkauf seines Betriebs und der Aufgabe seiner aktiven unternehmerischen Tätigkeit das Gefühl, in ein schwarzes Loch zu fallen. Er kann sich mit seiner neuen Rolle häufig nicht arrangieren und fühlt sich allein gelassen.

Hier sollte ein Family Office Abhilfe schaffen, indem des für den Vermögensträger eine Anlagestrategie mit einer individualisierten Asset Allocation erarbeitet, und ihn dabei unterstützt diese umzusetzen. Gerade in Zeiten von Null- oder gar Negativzinsen fühlt sich der Vermögensträger andererseits auch unter einem Investitionsdruck.