Family Offices in der Praxis, Teil 2 Erfolgsfaktoren beim Start eines Single Family Office

Jens Escher von der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing

Jens Escher von der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing

Ein gut funktionierendes und individuell zugeschnittenes Family Office leistet einen wertvollen Beitrag zum professionellen Vermögensmanagement. Wird angesichts eines Vermögens von hinreichender Größe und Komplexität die Entscheidung für die Errichtung eines Single Family Offices getroffen, so steht die Familie vor der Herausforderung, bereits im Gründungsstadium die Weichen für ein erfolgreiches Arbeiten des Family Offices legen zu müssen. Die Erfahrung zeigt, dass insoweit bestimmte Erfolgsfaktoren von besonderer Bedeutung sind.

Nicht zu viele Ziele auf einmal

Von besonderer Bedeutung ist es, dass die Familie vorab ganz konkret bestimmt, welche finanziell und nicht-finanziell Ziele sie mit dem Family Office verfolgt, welche Leistungen das Family Office erbringen soll und welche Kostenquote mit Blick auf die Vermögensgröße akzeptabel erscheint.

In Bezug auf den Leistungsumfang eines neu gegründeten Single Family Offices zeigt die Erfahrung: weniger ist mehr. Ein langfristiger Erfolg wird eher zu erzielen sein, wenn der Aufbau in mehreren Phasen verlaufen soll. Zunächst sollte sich das Family Office auf wenige Kernkompetenzen konzentrieren und erst nach erfolgreicher Umsetzung das eigene Leistungsspektrum erweitern.

Vor diesem Hintergrund kommt in der Gründungsphase insbesondere auch der Identifikation und Auswahl geeigneter externer Berater und Dienstleister eine erhebliche Bedeutung zu. Deren Koordination und Kontrolle übernimmt in der Folge der Family Officer.

Strukturen und Governance

Es ist außerdem zu entscheiden, welche Personen Nutzer des Family Offices sein sollen und welche Rolle die einzelnen Familienmitglieder bei dessen Führung übernehmen sollen. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die Governance und die Entscheidungsprozesse im Family Office so anzulegen, dass die Familie das gewünschte Maß an Kontrolle und Informationen behält – mindestens durch regelmäßiges Reporting –, zugleich aber die gewünschte Entlastungswirkung eintritt. Dies gilt es auch vertraglich abzusichern.

Festzulegen ist des Weiteren, ob das Family Office lediglich Dienstleister sein soll, oder ob dieses selbst oder über Tochtergesellschaften auch unmittelbar als Vermögenspool für die Familie dienen soll. Dies ist unter Berücksichtigung rechtlicher und steuerlicher Aspekte zu entscheiden, die wiederum auch erheblichen Einfluss auf die Wahl der im Einzelfall passenden Rechtsform nehmen.

Insbesondere aufsichtsrechtliche Fragen sind hierbei nicht zu vernachlässigen. Wenn das Family Office selbst das Vermögen der Familie  verwaltet und nicht nur als Koordinator externer Dienstleister fungiert, kann sich nämlich eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) ergeben. Dies bedarf einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall, wobei sich eine Erlaubnispflicht meist durch Schaffung einer geeigneten Struktur oder Festlegung eines begrenzten Nutzerkreises vermeiden lässt.

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Um Verzögerungen bei der Errichtung des Family Offices aufgrund einer notwendigen Abstimmung mit der Bafin oder der im Einzelfall notwendigen Einholung einer aufsichtsrechtlichen Erlaubnis zu vermeiden, sollten diese Themen frühzeitig auf die Agenda genommen werden.   

Schließlich ist im Vorfeld kritisch zu hinterfragen, welche Infrastruktur mit Blick auf das angestrebte Leistungsspektrum im Family Office vorgehalten werden muss, insbesondere mit Blick auf das Personal, die erforderlichen Räumlichkeiten und die IT-Ausstattung. Hier liegen wesentliche Kostenfaktoren.

Organisation der Vermögensverwaltung

Eine zentrale Entscheidung betrifft die Festlegung der Anlageziele und der strategischen Asset Allocation. Steht der Vermögenserhalt im Vordergrund oder werden bestimmte Ertragsziele verfolgt, wenn ja, in welcher Höhe? Hierüber muss in der Familie Einigkeit erzielt werden.

Außerdem sind bestimmte Asset-Klassen und deren Gewichtung im Portfolio zu definieren. Auch hier zeigt die Erfahrung, dass eine Beschränkung auf wenige Asset-Klassen in der Gründungsphase zielführend ist. Mit der laufenden Verwaltung können zunächst externe Dienstleister betraut werden, die vom Family Office sorgfältig ausgewählt und in der Folgezeit intensiv kontrolliert und koordiniert werden, um die Aufgaben vielleicht erst einige Jahre später – und nach Erweiterung des Teams – selbst zu übernehmen.