Solvency-II-Review EU-Parlament einigt sich auf Änderungen – GDV sieht Nachbesserungsbedarf

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EU-Parlament einigt sich auf Änderungen – GDV sieht Nachbesserungsbedarf
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Jörg Asmussen vom GDV

Jörg Asmussen vom GDV: „Es ist vernünftig, dass sich Unternehmen und Aufseher für künftige Krisen wappnen. Pauschale Regeln, die das Risiko eines einzelnen Unternehmens für die Finanzstabilität außer Acht lassen, sind aber unnötig. “ Foto: GDV

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält die Vorschläge des Europäischen Parlaments (EP) für die Überarbeitung des Aufsichtsrechts Solvency II für ausgewogen, sieht aber auch Nachbesserungsbedarf. „Die vorgesehenen Änderungen an den Kapitalanforderungen bilden das Risiko negativer Zinsen besser ab, lassen den Versicherern aber auch Spielraum für langfristige Investitionen, zum Beispiel in die Transformation unserer Volkswirtschaft“, hebt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, positiv hervor. Vor allem die Regeln zu langfristigen Zinsen, mit denen die Versicherer ihre Verpflichtungen bewerten, fallen im EP-Papier, laut GDV, moderater aus als in den Plänen der EU-Kommission.

Nachbesserungsbedarf sieht der Verband jedoch bei den angestrebten Entlastungen für kleinere Versicherer von den umfangreichen Berichtspflichten. „Es ist richtig, Proportionalität zukünftig automatisiert anzuwenden, auch wenn wir uns wünschen, dass mehr kleinere Versicherer von diesen Proportionalitätsregeln erfasst werden“, so Asmussen. Dies bedeute keine Abkehr einer sicherheitsorientierten Ausrichtung. „Auch diese Unternehmen sollen Solvency II anwenden. Aber eben in einer für sie angemessenen Weise”, so Asmussen.

 

 

 

Nationale Sicherungseinrichtungen bei Abwicklungsplänen berücksichtigen

Eine stärkere Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips wünscht sich der GDV auch bei der Ausgestaltung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen für Versicherer, die ergänzend zu Solvency II in der Insurance Recovery and Resolution Directive (IRRD) geregelt werden und über die das Europäische Parlament ebenfalls abgestimmt hat. „Es ist vernünftig, dass sich Unternehmen und Aufseher für künftige Krisen wappnen. Pauschale Regeln, die das Risiko eines einzelnen Unternehmens für die Finanzstabilität außer Acht lassen, sind aber unnötig. Auch sollten bereits bestehende nationale Sicherungseinrichtungen, in Deutschland zum Beispiel Protektor für Lebensversicherungen, berücksichtigt werden“, so Asmussen.

Mit der Positionierung des EP zum Solvency II-Review ist der Weg frei für die sogenannten Trilog-Verhandlungen mit der Europäischen Kommission und dem EU-Rat – bestehend aus Vertretern der Mitgliedsstaaten. Der Rat hatte vor gut einem Jahr seine Position beschlossen, nachdem die EU-Kommission den Regulierungsvorschlag im September 2021 vorgelegt hatte. Ob der Trilog-Prozess noch vor den Europa-Wahlen im Juni 2024 abgeschlossen sein wird, ist offen, aber möglich.

Über Solvency II

Solvency II wurde 2016 als risikobasiertes Regelsystem eingeführt. Statt starre Vorgaben zu machen, soll das Regime den Versicherern mehr Freiheiten – beispielsweise in der Kapitalanlage –, sofern sie die Risiken mit entsprechend Eigenkapital unterlegen können, geben. Mit der Einführung von Solvency II wurde zugleich ein Evaluierungszeitraum verankert, um die Wirkung der Regeln zu überprüfen und zu überarbeiten. Damit ist der laufende Review-Prozess gemeint.

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