Analyse von Neuberger Berman Das Umfeld für Private-Debt-Investoren bleibt günstig

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Für ein „Nein“ spricht außerdem unser eher konservativer Ansatz. Wir haben stets konsequent in die qualitätsstärksten Unternehmen und Loans investiert. Von den amerikanischen Direktkrediten in unserem Portfolio (mit einem Volumen von zurzeit fast 4,5 Milliarden US-Dollar) haben 99,5 Prozent alle Kupons gezahlt – also sogar noch mehr, als Lincoln International schreibt. In unserer europäischen Private-Loan-Sparte vergeben wir Kredite an recht große Unternehmen mit einem Mindestjahresumsatz von 100 Millionen Euro (der durchschnittlichen Jahresumsatz liegt bei einer Milliarde Euro), einem Leverage von höchstens 4 und einem Durchschnittsrating von BBB-. Bei jeder einzelnen Anlage soll sichergestellt werden, dass die Kupons bedient werden, damit institutionelle Anleger stabile laufende Erträge erhalten. Als wir im Februar alle Aktivitäten gestoppt und gemeinsam mit unseren Partnerbanken die Portfolios geprüft haben, fanden wir keine Position, auf die wir hätten verzichten wollen.

Obwohl die Covid-19-Pandemie unser Leben und unsere Arbeit enorm und möglicherweise dauerhaft verändert hat, wurden andere bestehende Trends dadurch sogar verstärkt. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Kredit, den wir an einen europäischen Casinobetreiber vergeben hatten und der mit dem Lockdown seine stationären Casinos schließen musste. Er besaß sie aber ohnehin nur aus aufsichtsrechtlichen Gründen, da er sonst keine Onlinecasinos hätte betreiben dürfen. Mit diesen erzielt er jedoch über 80 Prozent seines Umsatzes. Das Unternehmen hat von Corona so stark profitiert, dass es die Verluste im traditionellen Sektor ausgleichen konnte.

Natürlich gibt es auch Sektoren, die noch vor Covid-19 interessant waren, mittlerweile aber von uns gemieden werden. Das gilt beispielsweise für eine Luxushotelkette, die nun nicht mehr für einen europäischen Deal in Frage kommt. Im Großen und Ganzen bleiben jedoch die Sektoren interessant, die auch schon vor dem Ausbruch der Krise auf unserem Radar waren – wie etwa der Lebensmittelhandel, Konnektivität, Logistik, Gesundheit und Versorger. Hinzu kommen Branchen, in denen Unternehmen zusätzliches Kapital benötigen, um sich an das neue Umfeld anzupassen. Ein Beispiel sind Lebensmittelhändler, die jetzt eigene Lieferdienste einrichten.

Wachsende Bedeutung

Auf dem Höhepunkt der Covid-19-Krise war es nur zu verständlich, dass man gerade bei Problemkrediten – Distressed Debt – große Chancen sah. Ebenso natürlich ist es, dass man noch mehr Chancen erwartet, wenn sich Unternehmen an die Welt nach Covid-19 anpassen, um bestehen zu können. Wir gehen davon aus, dass nach den Finanzhilfen der Regierungen und der Unterstützung der Notenbanken nur die schwierigsten, komplexesten und risikoreichsten Problemkredite in den nächsten Jahren Potenzial für Mehrertrag bieten. 

Da andere Kreditquellen wohl knapp bleiben, ist es auch wahrscheinlich, dass Private Debt in den USA wie in Europa zunehmend wichtiger wird. Kredite an niedrig verschuldete europäische Unternehmen ohne Private-Equity-Sponsor nehmen weiter stark zu. Zudem gibt es mehr interessante Anlagemöglichkeiten als noch vor Covid-19. In den USA dürften die gut gefüllten Kassen der Private-Equity-Gesellschaften zu einer hohen Nachfrage nach Fremdkapital zur Finanzierung von Buy-outs führen. Zudem könnten die hohe Nachfrage und die eher geringe Risikobereitschaft der Investoren bewirken, dass die Risiken von Private Debt angemessen vergütet werden. Das gilt selbst für Kredite an Qualitätsunternehmen.


Über die Autoren:

Susan Kasser ist Co-Chefin im Geschäftsfeld Private Credit der Investmentgesellschaft Neuberger Berman. Sie arbeitet seit 2013 für das Unternehmen. Vor ihrem Einstieg bei Neuberger Berman war sie neun Jahre lang für die US-amerikanische Private-Equity-Gesellschaft The Carlyle Group tätig.

Pieter D’Hoore arbeitet ebenfalls bei Neuberger Berman. Seit 2018 leitet er den Geschäftsbereich European Private Loans.

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