Social-Governance-Berichterstattung Welche Herausforderungen den Finanzsektor durch die CSRD erwarten

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Soweit HR-Prozesse betroffen sind, sind insbesondere die folgenden Aspekte zu bedenken:

  • Regelungsebenen: Häufig genug besteht Unklarheit, welche Themen auf welchen Regelungsebenen adressiert werden können (zum Beispiel Richtlinie/Weisung, Vertragsänderung, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag). Insbesondere die rechtlichen Aspekte des Tarifvorrangs und der Tarifsperre sowie die Überlappung über- und außertariflicher Personenkreise mit „leitenden Angestellten“ (im Sinne des BetrVG beziehungsweise der unternehmensinternen Praxis) führen häufig zu Lücken.
  • Betriebliche Mitbestimmung: Soweit Prozesse und ihre Überwachung Bereiche zwingender Mitbestimmung berühren, was zum Beispiel bei der Einführung von Ethik- und Verhaltensstandards oder der Koppelung von Vergütungszielen an Nachhaltigkeitsaspekte der Fall sein kann, ist der zuständige Betriebs- oder Personalrat einzubeziehen. Gerade wenn eine größere Anzahl von Themen zu verhandeln ist oder parallel sonstige mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten anstehen, ergeben sich nicht unerhebliche zeitliche Vorlauffristen.
  • Regulatorik: Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsvorgaben muss adäquat in den Gesamtrahmen eingepasst werden, soweit durch regulatorische Vorgaben beschränkt, etwa in die Vorgaben für die Gestaltung der Vergütung gemäß IVV, WpI-VergV oder VersVgV.
  • Datenschutz: Ein Reporting über die Einhaltung von Sozialstandards im Unternehmen erfordert eine belastbare Faktenlage. Darum müssen Datensätze neu geschaffen oder Berechtigungskonzepte angepasst werden. Die strengen Vorgaben des Beschäftigtendatenschutzes gemäß DSGVO sind zu beachten. Insbesondere auch dort, wo es um unternehmensübergreifende Datentransfers geht, bedarf es gegebenenfalls ausdrücklicher Regelungen.
  • Betriebliche Altersversorgung: Zunehmend wird sich auch die Frage stellen, ob und inwieweit Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kapitalanlage im Rahmen der Durchführung betrieblicher Altersversorgung zu berücksichtigen sind. Schon jetzt verpflichtet Artikel 30 der EbAV-II-Richtlinie Pensionskassen und Pensionsfonds, schriftliche Erklärungen über die Grundsätze ihrer Anlagepolitik und dabei insbesondere ESG-Belange auszuarbeiten. Auch hier wird der regulatorische Standard eher zu- als abnehmen.

Sanktionen bei unzureichender Umsetzung

Es bedarf keiner großen Fantasie, dass eine gute Taxonomie-Performance zukünftig für den Zugang zum Kapital am Finanzmarkt relevant werden wird. Investoren werden sich zukünftig verstärkt auch an den ESG-Benchmarkings orientieren, so dass eine fehlende ESG-Compliance zum echten Wettbewerbsnachteil werden kann.

Neben diesem intrinsischen Motivationsfaktor sieht die CSRD weiter ein gestaffeltes Sanktionssystem bei Verstößen gegen die Berichtspflicht in drei Stufen vor:

  • Öffentliche Erklärung, in der die verantwortlichen Personen und die Art des Verstoßes genannt werden („Naming and shaming“);
  • Behördliche Anordnung, mit der die verantwortliche Person aufgefordert wird, das Verhalten einzustellen;
  • Behördliche Bußgelder (deren Höhe noch nicht näher definiert ist – zu erwarten ist aber wohl ein entsprechend „abschreckender“ Rahmen, gegebenenfalls angelehnt an die Bußgeldlogik der DSGVO).

Unternehmen drohen daher neben finanziellen Pönalen auch erhebliche Rufschädigungen – auch deshalb sollte das Thema spätestens ab 2022 einen hohen Stellenwert haben.

Über die Gastautoren:
Till Heimann ist Partner bei Kliemt Arbeitsrecht in Frankfurt und Co-Leiter der Fokusgruppe ESG. Er berät Arbeitgeber zu Unternehmenstransaktionen, Umstrukturierungen und der Harmonisierung von Arbeitsbedingungen. Besondere Expertise besitzt er zudem zu Nachhaltigkeitsaspekten, insbesondere im Zusammenhang mit HR-Compliance sowie regulierter Vergütung in Finanzinstituten.

Christoph Seidler ist Principal Counsel bei Kliemt Arbeitsrecht in Hamburg. Er berät Arbeitgeber zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen, zu der Gestaltung und Umsetzung arbeitsrechtlicher Umstrukturierungen sowie der Führung von Gerichtsverfahren. Er veröffentlicht regelmäßig zu ESG-Themen.

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