Ergebnis einer Mitgliederumfrage der DVFA Kann bezahltes Research unabhängig sein?

Christoph Schlienkamp ist Portfoliomanager bei GS&P. In seiner Laufbahn arbeitete er viele Jahre für das Bankhaus Lampe.

Christoph Schlienkamp ist Portfoliomanager bei GS&P. In seiner Laufbahn arbeitete er viele Jahre für das Bankhaus Lampe. Foto: GS&P

Für die Mitglieder der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (kurz DVFA) bieten Wertpapieranalysen auch dann einen Mehrwert, wenn der jeweilige Emittent der Wertpapiere für diese Research-Studie bezahlt hat – die Analyse also nicht auf Kosten einer Bank oder anderer Dienstleister angefertigt wurde. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der DVFA unter ihren Mitgliedern, darunter Portfolio- und Fondsmanager sowie Analysten.

Die Befragten halten das bezahlte Research auch weiterhin grundsätzlich für ein wichtiges Instrument für Anlageentscheidungen. Auf die Frage, ob ein von Emittenten finanziertes Research einem Investor einen Mehrwert bietet, antwortet fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) mit „auf jeden Fall“, 49 Prozent antworten mit „teilweise“. Demnach erkennen fast drei Viertel aller Befragten einen Mehrwert in einem vom Emittenten finanzierten Research, schreibt die DVFA in einer Auswertung der Umfrage.

Die DVFA-Mitglieder konnten im Rahmen der Umfrage Kommentare abgeben. Einige taten das. Darin betonen sie die große Bedeutung von Transparenz, also der Regeln und Bedingungen nach denen das Research erstellt wurde.

Die Grundsatzfrage ist jedoch eine andere. Sie lautet: Kann bezahltes Research überhaupt unabhängig sein? Diese Frage bejahen 53 Prozent der Umfrageteilnehmer, knapp ein Drittel (32 Prozent) antwortet mit „Nein“. 15 Prozent antworten mit „weiß nicht“. Auch hier verweisen die Umfrageteilnehmer in ihren Kommentaren auf die wesentliche Bedeutung der Transparenz der Prozesse, aber auch auf die individuelle Integrität der handelnden Personen. Zudem räumen sie ein, dass Unabhängigkeit nie zu 100 Prozent zu erreichen sei und dass auch das unbezahlte Research bei weitem nicht unabhängig sei.

Eine Minderheit sagt, bezahltes Research könne unabhängiger sein 

Im Raum stand auch die Frage, ob vom Emittenten bezahltes Research unabhängiger sein könne als sein Gegenstück, das Non-Paid Research. 43 Prozent der Befragten antworten darauf mit Nein, 35 Prozent mit „weiß nicht“, 22 Prozent sagen Ja. Die Begründungen derjenigen, die mit Ja antworten, verweisen laut DVFA häufiger darauf, dass die Zahlungen und mithin die Interessen offener nachvollziehbar seien. Beim Non-Paid Research sei das anders. Diese müsse – von außen wenig nachvollziehbar – quersubventioniert werden.

Die Begründungen, warum bezahlte Unternehmensanalysen nicht unabhängiger sein könne als Non-Paid Research, betonten häufig, das Research-Haus sei von den Zahlungen des Emittenten abhängig und könne auf Dauer keine Verkaufsempfehlungen veröffentlichen, ohne Gefahr zu laufen, den Auftraggeber zu verlieren. Der Wunsch nach dem nächsten Auftrag beeinflusse die Unabhängigkeit. Der Interessenkonflikt sei beim bezahlten Research im Vergleich zum Non-Paid Research größer.

Gründe für vom Emittenten bezahlte Analysen

Ein sehr klares Meinungsbild bringt laut der DVFA die Frage, ob Unternehmen ohne ausreichende sonstige Coverage – es mangelt ihnen also an Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt – bezahlte Analysen in Auftrag geben sollten. Zwei Drittel (66 Prozent) antworten mit Ja, 17 Prozent sind unschlüssig, und ebenfalls 17 Prozent sagen Nein. „Besser als nichts“, heißt es in vielen Kommentaren gleichlautend, Fachleute wüssten zu interpretieren. Auch das Argument, dass mit Paid Research die Sichtbarkeit des Unternehmens erhöht und auf diese Weise das Marktumfeld transparenter würde, spricht aus Sicht nicht weniger DVFA-Mitglieder für bezahlte Analysen. 

Die Befragung zeigt nach Einschätzung von Christoph Schlienkamp, dass die Investmentprofis in Deutschland „sehr problembewusst sind bei der Frage nach der Unabhängigkeit von Research – Paid oder auch Non Paid. Thematisch betrifft das eine der Kernkompetenzen unserer Mitglieder“, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DVFA. Entscheidend am Befragungsergebnis ist für Schlienkamp, der hauptberufliche als Portfoliomanager tätig ist, „dass die Überzeugung vorherrscht, Research, auch in der Form von Paid Research, sei für Investoren wie Emittenten von erheblicher Bedeutung. Ebenso wichtig seien die Transparenz der Prozesse und die Integrität der Personen.“

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