Neues Fondsvehikel für Privatanleger Welche Vorteile das offene Infrastruktur-Sondervermögen bietet

Markus Bannwart (Universal Investment, links) und Matthias Weber (KGAL Investment Management).

Markus Bannwart (Universal Investment, links) und Matthias Weber (KGAL Investment Management). Foto: Universal Investment, KGAL Investment Management

Klimaschutz, demografischer Wandel und Digitalisierung erfordern in den kommenden Jahrzehnten enorme Investitionen in Infrastruktur. Allein zwei Billionen Euro werden bis 2050 nach Schätzungen des Klassifikationsdienstleisters DNV investiert, um erneuerbare Energien auszubauen. Davon findet ein großer Teil in Europa und konzentriert auf wenige Jahre statt, wenn im Rahmen des European Green Deal bis 2030 Investitionen von rund 300 Milliarden Euro gefördert werden.

Das bietet Investoren interessante Opportunitäten. Bislang war es weitgehend institutionellen Investoren vorbehalten, sich in Infrastrukturprojekten zu engagieren, während Privatanleger meist außen vor blieben. Sofern es Fondsangebote gab, die privaten Investoren offenstanden, waren die Hürden in Form hoher Mindestanlagesummen hoch, oder die Liquidität war aufgrund langer Mindesthaltedauern stark eingeschränkt.

Doch nachdem der Gesetzgeber im Sommer 2021 den Weg für sogenannte Offene Infrastruktur-Sondervermögen freigemacht hatte, haben Fondsanbieter für dieses Jahr erste Produkte angekündigt, die die neuen Möglichkeiten nutzen. Mit dem Fondsstandortgesetz und den entsprechenden neuen Regelungen im Kapitalanlagegesetzbuch sind nun Vehikel erlaubt, die schwerpunktmäßig in Infrastrukturanlagen investieren und ähnlich strukturiert sind wie offene Immobilienfonds.

Niedrigere Hürden mit Schutzmechanismen

Das bedeutet, dass Anleger schon ab einer Summe von 25 Euro Anteile an einem Offenen Infrastrukturfonds erwerben können. Wie ein offener Immobilienfonds hat ein solcher Fonds kein festgelegtes Laufzeitende. Anders als bei einem geschlossenen Infrastrukturfonds können Anleger selbst entscheiden, wann sie ihre Anteile zurückgeben. Dabei allerdings gibt es gesetzlich festgelegte Restriktionen, um den Fonds und damit auch die Anleger selbst vor erratischen Abflüssen zu schützen. Da Infrastrukturbeteiligungen – genau wie Immobilien – nicht kurzfristig veräußert werden können, kann das Management im Fall gehäufter Anteilsrückgaben nicht so einfach für die notwendige Liquidität sorgen. Deshalb ist die Rückgabe erst nach 24 Monaten Haltedauer möglich. Zudem muss die Rückgabe zwölf Monate vorher angekündigt werden und kann nur an bis zu zwei festgelegten Terminen pro Jahr erfolgen.

Für die Anlage in Infrastruktur hat der Gesetzgeber den Begriff der Infrastruktur-Projektgesellschaft eingeführt. Das sind Gesellschaften, die Einrichtungen errichten, sanieren, betreiben oder bewirtschaften, die dem „Funktionieren des Gemeinwesens“ dienen. Dieser weit gefasste Begriff impliziert, dass, anders als bei früheren Infrastrukturfonds, auch Investments infrage kommen, die vollständig in privater Hand sind und die keine öffentlichen Aufgaben erfüllen. Neben den Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften darf ein Offener Infrastrukturfonds bestimmte andere Assets umfassen, darunter Immobilien und Wertpapiere.

 

Schutz bieten den Anlegern die für Offene Infrastrukturfonds geltenden Diversifikationsvorschriften. Nach Abschluss der Aufbauphase darf unter anderem der Anteil der im Offenen Infrastrukturfonds gehaltenen Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften 80 Prozent des Wertes des Sondervermögens nicht übersteigen, und es dürfen nicht mehr als zehn Prozent des Wertes des Sondervermögens in einer einzigen Infrastruktur-Projektgesellschaft angelegt sein. Mindestens zehn Prozent des Wertes des Sondervermögens müssen auf liquide Mittel entfallen, um etwa zurückgegebene Anteile bezahlen zu können.

Weiter Spielraum für das Fondsmanagement

Auch was die Art der investierbaren Infrastruktur angeht, hat der Gesetzgeber durch offene Formulierungen einen weiten Spielraum gelassen. Neben Energie- dürften auch Verkehrs-, IT- und weitere Infrastrukturarten in Betracht kommen.

Erneuerbare-Energie-Infrastruktur eignet sich aus unterschiedlichen Gründen für offene Infrastrukturfonds. Das Segment wird dank nationalen und internationalen politischen Entscheidungen auf absehbare Zeit stark wachsen. Um die Industrie in Europa wie geplant zu dekarbonisieren, muss in den kommenden Jahren die installierte Erzeugungsleistung stark zunehmen. Grüner Strom wird nicht nur für die Versorgung der Privathaushalte, der Industrie und des Verkehrs benötigt. Bereiche wie die Stahlindustrie und die Luftfahrt, die sich auf absehbare Zeit nicht elektrifizieren lassen, müssen auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden. Dieser muss, wenn er eine günstige CO2-Bilanz haben soll, mittels Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden.

Die wichtigste Quelle für erneuerbaren Strom dürfte in den kommenden Jahren die Windkraft sein, was Onshore- und Offshore-Windparks zu Investitionszielen für offene Infrastrukturfonds macht. Es folgen Solarparks und andere Technologien zur Erzeugung erneuerbaren Stroms. Zunehmende Bedeutung werden aber auch Technologien bekommen, die der Speicherung von Strom oder der Stabilisierung der Netze dienen.

Keine klassischen Marktzyklen in Sicht

Wegen der hohen Priorität der Klimaschutzziele dürfte die staatliche Förderung von Erneuerbare-Energie-Infrastruktur noch lange Zeit fortgesetzt werden. Selbst wenn sie eines Tages auslaufen sollte, dürfte die Nachfrage nach grünem Strom anhalten, da er dann an immer mehr Standorten profitabel erzeugt wird und mit Strom aus anderen Quellen konkurrieren kann.

Damit sind für Erneuerbare-Energie-Infrastruktur auf absehbare Zeit keine klassischen Marktzyklen, wie sie andere Assetklassen aufweisen, in Sicht. Die Anlageklasse ist wenig korreliert zu anderen Assetklassen und eignet sich damit gut, um die Risiko-Rendite-Struktur breiterer Portfolios zu verbessern.

 

Offene Infrastruktur-Sondervermögen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, weitere Risikodiversifizierung zu betreiben. Ein ausgewogenes Erneuerbare-Energie-Portfolio kann in unterschiedliche Technologien, unterschiedliche Betreiber, Projekte mit verschiedenen Lebenszyklusphasen, Gesellschaften verschiedener Größe und in unterschiedlichen Jurisdiktionen investieren. Da das Fondsvermögen – anders als bei geschlossenen Fonds – praktisch unbegrenzt weiterwachsen kann, ist es offen für Investments in neue Technologien und kann damit das Technologierisiko streuen.

Das Instrument des offenen Infrastruktur-Sondervermögens kommt zur richtigen Zeit und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn es hilft, das notwendige private Kapital für die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu mobilisieren. Und es eröffnet Privatanlegern die Möglichkeit, sich in diesem historischen Projekt zu engagieren.


Über die Autoren:

Matthias Weber ist Vertriebsleiter für das Retail-Geschäft bei der KGAL Investment Management. Nach fast 11 Jahren bei der Commerz Real, zuletzt als Abteilungsdirektor Leiter Vertrieb, wechselte er 2018 zum Grünwalder Spezialist für Real Assets KGAL mit Assets under Management von rund 16 Milliarden Euro.

Markus Bannwart ist seit 2019 Leiter Capital Markets & Fund Structuring bei Universal Investment. Der Immobilienökonom arbeitete bereits seit 2015 bei Universal Investment, zunächst im Bereich Produktlösungen. Frühere berufliche Stationen umfassen Positionen die Commerz Real, Deka sowie Aurelis Real Estate.

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