Rechtsformen, Laufzeiten, Hindernisse Was Family Offices bei Infrastruktur und Erneuerbaren beachten müssen

Marc Dellmann leitet das Geschäft von Nio Partners in der Dach-Region:

Marc Dellmann leitet das Geschäft von Nio Partners in der Dach-Region: „Da der Zugang zur Anlageklasse typischerweise nur mit großen Tickets in Millionenhöhe möglich ist, kann eine mangelhafte Diversifikation innerhalb der Anlageklasse Auswirkungen auf das ganze Portfolio entfalten.“  Foto: Nio Partners

Die Anlageklasse Infrastruktur hat institutionellen Investoren und damit auch Family Offices einiges zu bieten. In der Allokation der „Real Assets“ kann Infrastruktur als langfristig angelegtes Investment zur Diversifikation und zum Schutz vor Inflation in einem Portfolio beitragen. Vielleicht aber am wichtigsten: Das Thema Infrastruktur erfährt aktuell massive Unterstützung, weil umfangreiche Investitionen insbesondere im Energiesektor politisch und gesellschaftlich gewollt sind – und faktisch nötig.

Das wird vor allem am Beispiel des Energiesektors deutlich: Zum einen müssen erneuerbare Energien sowie die Versorgungsinfrastruktur wie Leitungsnetze ausgebaut werden. Zum anderen gehören hierher ebenso Investitionen in die Versorgungssicherheit dazu, um sich weniger von Energielieferungen aus dem Ausland abhängig zu machen – das haben uns die Ereignisse im Krieg um die Ukraine mehr als deutlich gemacht. Aber nicht nur neue Infrastruktur wie etwa Offshore-Windparks muss gebaut werden, darüber hinaus bleibt die Erneuerung und Ausbesserung vorhandener, jedoch veralteter Infrastruktur ein wichtiges Thema. 

Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre befindet sich der Energiesektor im Umbruch:

  • Erneuerbare Energien sind preislich kompetitiv und inzwischen meistens billiger als die herkömmliche Energieerzeugung mit fossilen Brennstoffen
  • Klimazusagen nationaler Regierungen und der Privatwirtschaft haben einen Rekord-Umfang erreicht
  • Energiesicherheit ist heute für viele Länder ein Thema von nationaler Bedeutung – mit entsprechenden Investitionsvolumina.
  • Power-to-X (Technologien zur Speicherung oder anderweitigen Nutzung von Stromüberschüssen) und Elektrifizierung steigern die Nachfrage nach erneuerbaren Energien zusätzlich
  • Die Preise für fossile Energie sind aktuell auf einem historisch hohen Niveau. 

Um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sind hohe Investitionen in den Energiesektor nötig. Die Marktanalysten von Spherical Insights & Consulting etwa schätzten 2021 den weltweiten Markt für erneuerbare Energien auf gut 880 Milliarden US-Dollar und gehen von einem Wachstum auf voraussichtlich 1,9 Billionen US-Dollar bis 2030 aus – das entspricht einem jährlichen Zuwachs von rund 8,5 Prozent zwischen 2021 und 2030.

Warum Illiquidität, Laufzeiten und Ticketgrößen Family Offices abschrecken können

In Tiefzinsphasen kann Infrastruktur mit stabilen Cashflows, Inflationsschutz und Langfristigkeit im Portfolio viele Eigenschaften von Fixed Income teilweise übernehmen. Aufgrund der Tatsache, dass Infrastruktur oft wesentliche und unverzichtbare Aufgaben in jeder Volkswirtschaft übernimmt, ist hier von relativ tiefer Korrelation zu anderen Anlageklassen auszugehen. In Zeiten steigender Zinsen kann es sich auszahlen, dass Infrastruktur weniger zinsabhängig ist als Fixed Income, jedoch oft mit Preisanpassungsklauseln (cost plus) bei steigender Inflation Schutz bietet. 

 

Aber: Als Anlageklasse, die typischerweise in Großprojekte investiert, wurde Infrastruktur von großen institutionellen Investoren entdeckt und entsprechend war und ist auch heute der Zugang in der Regel über nur über größere Investitionen gegeben. Was bedeutet das für Anleger mit kleineren Ticketgrößen? Infrastruktur-Anlagen erscheinen tatsächlich aus Sicht vieler kleiner und mittelgroßer Family Offices bisher aus verschiedenen Gründen eingeschränkt:

  • Illiquide Anlagen: Da die meisten Anteile von institutionellen Anlegern bis zum Ende der Mindestanlagedauer gehalten werden, ist es schwer, Anteile vor der Frist zu veräußern
  • Fondslaufzeiten: Die meisten Fonds haben Laufzeiten von deutlich mehr als zehn Jahren. Das erscheint für manche Family Offices sehr lang, gleichzeitig ist dies jedoch in Hinblick auf Kapitalerhalt und die folgenden Generationen eine nahezu ideale Beimischung zu traditionellen Portfolios
  • Ticketgröße: Hohe Mindestanlagesummen ab 10 bis 15 Millionen Euro erschweren Privatanlegern bisher den Zugang zu diesen Fonds. Große „Flagship“-Infrastrukturfonds erfordern oft noch deutlich höhere Minimalinvestment

Gezielte Investments in Infrastruktur setzen deshalb – ähnlich wie bei anderen Public- und Privat-Equity-Anlagen – Überlegungen voraus, in welchen Sektoren ein Engagement infrage kommt.