Neuauflage des etwas anderen Marktausblicks Wie sich Gehälter und Jobprofile im Private Wealth Management entwickeln
Wo sehen Sie derzeit die Private-Wealth-Management-Branche in Deutschland?
Andreas Halin: Der Markt ist heiß. Starke globale Wealth Manager treten neu in den deutschen Markt ein. Sie erschüttern die Strukturen und das Personalkorsett der Etablierten. Gleichzeitig bauen etablierte Häuser ihr Wealth Management weiter aus. Bei diesen Häusern stehen sich die Notwendigkeit zu Kosten einsparen einerseits und zum Einstellen von Relationship-Managern andererseits diametral gegenüber. Gleichzeitig verfestigt sich der Ausblick, dass kleine und mittelgroße Adressen zunehmend unter Rationalisierungsdruck geraten und im nächsten Abschwung implodieren oder den Gnadentod durch Notverkauf erleiden werden.
Wie verändert sich das Jobprofil bei Beratern und Portfoliomanagern im Vergleich zu den Vorjahren?
Halin: Bei Portfoliomanagern stehen weiterhin technische Fähigkeiten und messbare Performance der Vergangenheit im Vordergrund. Hinzu kommt nun immer mehr die Fähigkeit, Marktumfeld und Anlagestrategie informierten und kompetenten Kunden zu erläutern. Bei den Beratern stehen akquisitionssichere Persönlichkeiten und Potentialkandidaten im Vordergrund. Berater mit Gehaltsanspruch müssen nachweisbar vernetzt und akquisitionssicher sein. Potentialkandidaten bekommen alle Chancen, sich in kürzester Zeit ein Portfolio aufzubauen. Während etablierte Häuser starre und oft undurchlässige altersabhängige Gehaltsbänder haben, können die neuen globalen Wealth Management Player hierzulande gerade bei Potentialkandidaten voll auf die Leistung abstellen.
Wie wirkt sich die zunehmende Abkehr vom Beratungsgeschäft auf das Recruiting von Private-Wealth-Personal aus?
Halin: Zunächst wird der Berater in seinem Handlungsspielraum weiter eingeengt und muss seine Kunden mit anderen Mitteln begleiten. Dabei stehen das Schaffen von regelmäßigen Touchpoints und die Kommunikation der Kausalitäten hinter den Entscheidungen des Portfoliomanagements im Vordergrund. Eine Spezies ist aber konkret bedroht: die Investmentmanager. Diese leben von aktiven Kunden, die traden, hedgen und dynamisch auf aktuelle Marktereignisse hin agieren. In einem ‚Verwaltung-Only-Ansatz‘ werden Investmentmanager nicht mehr gebraucht. Investmentmanager mit dem richtigen Skill-Set können aber als Relationship-Manager oder rückwärts in das Portfoliomanagement integriert werden.
Wird ihrer Einschätzung nach die Zahl der Jobwechsel in naher Zukunft zunehmen?
Halin: Zunächst wird heute noch genauer hingeschaut, wen man neu an Board holt, wer befördert und gefördert wird, wer nur so mitläuft und wen man kontrolliert an den Markt abgibt. In den nächsten Jahren wird es noch stärker zu einer Allokation der stärksten Berater, Investmentmanager und Portfoliomanager bei den stärksten Adressen mit den besten Produkten und den stärksten Bilanzen kommen. In zwei bis drei Jahren wird die Welle des Auf- und Ausbauens sowie des Upgradens abebben. Sollten wir einen ‚Italienischen Sturm‘ an den Kapitalmärkten bekommen, wird diese Entwicklung deutlich schneller gehen.
Kommt für jobsuchende Private Banker zunehmend ein Wechsel zu unabhängigen Vermögensverwaltern oder einem Haftungsdach in Frage?
Halin: Nur sehr gestandene Berater können einen solchen Weg gehen – aber warum sollten sie? Die Anzahl der ökonomisch dauerhaft tragfähigen Alternativen ist gering.
Was hält in den meisten Fällen unzufriedene Mitarbeiter von einem Wechsel ab?
Halin: Unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit, Angst, Beharrungsvermögen und Faulheit!
Wie haben sich die Gehälter im Private Wealth Management in den vergangenen zwei Jahren entwickelt?
Halin: Sieht man von überschaubaren Wechselprämien ab, ist die Gehaltsentwicklung schon aufgrund des allgegenwärtigen Kostendrucks gemäßigt, bei Portfoliomanagern fast statisch. Kleine Adressen, die aus dem Ausland in den deutschen Markt eingetreten sind, haben vereinzelt überzahlt und sind daraufhin in Schwierigkeiten geraten. Globale Wealth Manager, die neu in Deutschland antreten, agieren sehr diszipliniert und begrenzen Wechselprämien. Dabei verzichten sie auf starre Gehaltsstrukturen und honorieren gezeigte Leistungen. Diese Chance auf eine dynamische Gehaltsentwicklung kann Akquisitionsleistung aber auch Aufbau und Führung als Grundlage haben.