Überrascht von Benko-Engagements Bafin-Aufseherin warnt Versicherer vor blindem Vertrauen in Asset Manager

Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens

Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens: „Sie müssen die Geschäftsmodelle der Unternehmen verstehen, für die ihre Private-Debt-Fonds Fremdkapital bereitstellen.“ Foto: BaFin/Matthias Sandmann

Die Bafin-Exekutivdirektorin Julia Wiens hat sich auf einer Veranstaltung des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) davon überrascht gezeigt, dass deutsche Versicherer mittelbar an Projekten der insolventen Signa-Gruppe beteiligt waren: „Bei Investments, die in der Niedrigzinsphase sinnvoll und nötig waren, um höhere Erträge zu erzielen, können sich nun, etwa, weil sich das wirtschaftliche Umfeld geändert hat, Risiken manifestieren“, erklärte Wiens. In Einzelfällen könne es schon zu Auswirkungen bei der Überschussbeteiligung kommen. Der Signa-Konzern des österreichischen Investors René Benko war im Zuge der Zinserhöhungen und des stotternden Immobilienmarktes in sich zusammengefallen.

 

Dass deutsche Versicherer durch Anlagen in Gewerbeimmobilien in Schieflage geraten könnten, hält Wiens für unwahrscheinlich: Die Bewertungsreserven in den Immobilienportfolios der Versicherer seien noch sehr hoch. „Insgesamt schätzen wir das Risiko aus Bewertungsänderungen daher als beherrschbar ein“, so Wiens. Trotzdem mahnte Wiens laut FAZ, dass Versicherer das eigene Risikomanagement im Griff haben müssten und forderte von den Kapitalanlage-Verantwortlichen: „Wir erwarten, dass Sie sich nicht blind auf die Angaben ihrer Asset Manager verlassen.“

Nach Erkenntnissen der Bafin aus dem Januar sind 46 Versicherungsunternehmen gegenüber der Signa-Gruppe exponiert; bei einem Versicherer entfallen bis zu 2,2 Prozent des Gesamtportfolios auf Signa-Positionen. Die Schieflage bei Signa betrifft wohl auch Versorgungsanstalten des Bundes. Laut einer Schätzung der „Financial Times“ sind deutsche Versicherer mit einem Volumen von mehr als 3 Milliarden Euro im Benko-Konzern engagiert.

 

Bei der Kapitalanlage müssten Versicherer nun umdenken, erklärte Wiens und riet den Portfoliomanagern: „Eine sinnvolle Strategie ist, Anlagen in Papiere mit einem höheren Return umzuschichten, damit Sie von der besseren Kapitalanlagesituation auch profitieren.“ Das funktioniere vor allem bei der Neu-Anlage – denn sonst müssten Versicherer stille Lasten realisieren, auch sei Kapital durch illiquide Vermögenswerte gebunden.

Wiens möchte „Exzesse“ beim provisionsgestützten Vertrieb verhindern

Wiens Fazit ist trotzdem: Die deutschen Versicherer seien grundsätzlich sehr stabil. Durch den Zinsanstieg hätten sich viele wirtschaftliche Kennzahlen wieder verbessert, die Ertragschancen in der Neu- und Wiederanlage seien gestiegen und die Risikotragfähigkeit nach Solvency II sei heute deutlich stärker als vor einigen Jahren – insbesondere auch bei Lebensversicherern sei die Lage deutlich verbessert. Wohl aber verwies Wiens auf IT-Risiken, bei denen Versicherer dringend problembewusster werden müssten: „Und wenn Lücken in der IT-Sicherheit bestehen, dann scheuen wir uns nicht, einzugreifen.“ In einigen Fällen habe die Aufsicht auch Kapitalaufschläge angeordnet, die das höhere Risiko absichern sollen.

Aber auch bei den Versicherungsprodukten selbst möchte Wiens genauer hinschauen. Dabei nannte sie explizit kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte, insbesondere mit fondsgebundenen Rentenversicherungen. Sie müssten Kundinnen und Kunden einen angemessenen Nutzen bieten. „Beratung muss vergütet werden. Aber genauso klar ist: Ein ‚Weiter so‘ wird es nicht geben“, machte Wiens deutlich. Exzesse beim provisionsgestützten Vertrieb wolle die Bafin verhindern.

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