Neil Goddin von Artemis „Selbst Boris Johnson kümmert sich inzwischen um die Umwelt“

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Private-Equity-Investoren beanspruchen für sich, eine direktere Wirkung erzielen zu können…

Goddin: Ich verstehe natürlich, dass es bei Impact eine Menge Diskussionen gibt, weil es ein emotionales Thema ist. Dazu einen Vergleich: Income-Fonds sind nicht emotional. Allerdings gibt es auch da große Unterschiede: Manche Manager fokussieren sich auf Dividendenwachstum, manche auf die absolute Dividendenzahlung und wieder andere haben sogar weniger Income als ihre Benchmark. Es ist eine ähnliche Problematik.

Braucht es also einen Datenstandard, um die Diskussionen um Impact-Fonds zu lösen?

Goddin: Das würde helfen. Aber auch die Verfügbarkeit und die Interpretation der Daten ist ein Problem. Auch hier ein Beispiel: Wenn ein Gesundheitsunternehmen medizinische Lösungen für Menschen mit Brandverletzungen entwickelt und damit nur 5.000 Verletzten im Jahr hilft, wirkt es gegen einen Konzern, der für 25 Millionen Menschen Diabetesmedikamente herstellt, erstmal ziemlich unwichtig. Aber: Vielleicht wären von den 5.000 Brandverletzten 4.500 ohne die medizinischen Produkte des ersten Unternehmens gestorben, während die Zahl der Totkranken unter den Diabetespatienten nur genauso hoch oder sogar niedriger sein könnte. Es werden also die Zahlen von den exakt gleichen Unternehmen ausgewertet, aber zwei komplett unterschiedliche Aussagen getroffen.

 

 

 


Wie lässt sich so eine Fehlinterpretation vermeiden?

Goddin: Wir versuchen lieber, mit einer Bottom-up-Analyse den Einfluss eines jeden Unternehmens einzeln auszuwerten, anstatt sie gegeneinander auszuspielen. So lassen sich die Probleme bei der Datenverfügbarkeit und -interpretation umgehen. Und klar – vielleicht gibt es auch Anleger, die unserer Bottom-up-Analyse bei dem ein oder anderen Unternehmen widersprechen. Aber dann können wir immer noch eine relevante Diskussion auf der Ebene dieses Unternehmens führen.

Ist nachhaltiges Investieren eine selbsterfüllende Prophezeiung?

Goddin: Nein. Deswegen kaufen wir niemals eine Aktie, nur weil sie zum Thema Nachhaltigkeit passt. Wir bewerten beispielsweise Wasserstoff als eine wichtige Technologie, waren aber zuletzt in keine einzige Wasserstoffaktie investiert – weil wir keinen Wert mehr in diesen Aktien erkennen. Wir verstehen also erst den Impact, den wir mit der Aktie haben können, kaufen sie aber nur, wenn wir damit auch Geld verdienen können. Eine gute Aktie mit Impact muss also für ihren inneren Wert zu niedrig bewertet sein und darf trotzdem im Vergleich zu anderen Aktien hoch bewertet sein.

Über den Interviewten:
Neil Goddin ist Fondsmanager bei Artemis und managt globale Aktienfonds, die sich auf positiven Impact konzentrieren. Goddin kam 2020 von Kames Capital zu Artemis. Seine Karriere begann er 1998 bei der Coutts Bank in London, später arbeitete er bei der Deutschen Asset Management, bei WestLB Mellon, Merrill Lynch Private Clients, Liverpool Victoria und Trustees RBS.

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