Faros-Experten zur Faktorrotation „Mit klassischen Faktorstrategien muss man Underperformance aushalten können“

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Können Sie Ihr Multi-Faktor-Modell beliebig kalibrieren?

Rieken: Der Tracking Error entscheidet darüber, wie stark eine Strategie von der Benchmark abweicht. Als Asset Manager steht man hier vor einer schwierigen Entscheidung: Ist der Tracking Error zu niedrig, ist auch die Chance auf Outperformance gering. Ist dieser zu hoch, muss man große Abweichungen zur Benchmark verantworten.

Wir haben unseren Tracking Error basierend auf unserer Erfahrung gewählt. Viele aktive Portfolio-Ansätze haben einen Tracking Error von rund 4 Prozent, was eine Underperformance von bis zu 10 Prozent nach sich ziehen kann. Bei einem Tracking Error von 2 Prozent müssen wir zwar immer noch stochastisch mit rund 5 Prozent Underperformance rechnen, allerdings ist dies für institutionelle Investoren deutlich akzeptabler. Bei rund 2 Prozent Outperformance hätte sich das nach rund zwei Jahren schon wieder relativiert.

Können institutionelle Anleger noch ein Overlay über solche Strategien legen?

Rohloff: Die Steuerbarkeit durch ein Overlay ergibt sich quasi als Nebenprodukt durch unsere Konstruktion. Der niedrige Tracking Error sorgt für ein Beta von eins, wodurch das Marktrisiko eines Investments durch einen Hedge der Benchmark abgesichert werden kann. Die so abgesicherte Strategie hat eine Volatilität von rund 2 Prozent, ein Wert, der mit Staatsanleihen vergleichbar ist. Das heißt, die Strategie wird durch den Hedge der Benchmark zu einer Absolute-Return-Strategie, die mit einer Performance von 2 Prozent bei niedriger Volatilität noch immer ein attraktives Investment ist. 

Ist das Multi-Faktor-Modell vom Aktienmarkt auf die Rentenseite übertragbar?

Rohloff: Das Modell hängt nur von der Definition der Benchmark und der Faktoren ab. Bei Aktien sind das klassischerweise die regionalen Aktienindizes sowie deren Faktor-Sub-Indizes. Da es das Time-Series-Momentum auch bei Renten gibt, haben wir auch ein Modell für Anleihen entwickelt. Als Benchmark haben wir Investment-Grade-Unternehmensanleihen gewählt. Die Faktoren hier sind Staatsanleihen, Anleihen mit besonders langer und kurzer Laufzeit, inflationsindexierte Anleihen sowie Pfandbriefe und High-Yield-Anleihen.

Interessanterweise lässt sich so durch Staatsanleihen und Timing auch eine Outperformance erzielen: In Zeiten, in denen Unternehmensanleihen besonders schlecht liefen, investierte das Modell in Staatsanleihen. Durch die Umschichtung zurück in Unternehmensanleihen in Erholungsphasen, lässt sich die so generierte Outperformance fixieren. Im Backtest erreichten wir mit einer Outperformance von rund 3 Prozent ähnlich gute Ergebnisse wie bei Aktien. Mit Blick auf die niedrigen Renditen vor allem im Investment-Grade-Segment von unter 1 Prozent, ist das für Investoren besonders interessant.  

Alles ganz neu oder können Sie schon einen Track Record vorweisen?

Rieken: Unser Modell ist seit rund anderthalb Jahren als Live-Portfolio in Beobachtung. Kundengelder sind seit knapp einem Jahr investiert. Mit einer Outperformance des realen Portfolios zum MSCI World von 3,71 Prozent seit Auflage liegen wir leicht über den Erwartungen. Stand heute wären wir sogar mit einem absolut positiven Ergebnis durch die Krise hindurchgekommen.

Man kann also sagen, dass durch Faktor-Timing in vielen Marktsegmenten, wie Aktien Europa, Welt, USA oder auch Anleihen, bei gleichem Risiko wie das des Markts, eine deutliche Outperformance erzielen lässt. Gerade für institutionelle Investoren, die im Rahmen ihrer Asset-Allokation oder eines Overlays eine benchmark-nahe Umsetzungen benötigen, sind Faktor-Investments ein unverzichtbarer Teil des Portfolios. Mit Faktor-Timing lassen sich maßgeschneiderte Lösungen für zahlreiche Anlageklassen und Portfolios konstruieren und damit die Gesamt-Performance deutlich verbessern.


Über die Interviewten:
Uwe Rieken ist geschäftsführender Gesellschafter der von ihm 2003 gegründeten Faros Consulting. Mit der Beratungsfirma bietet man institutionellen Anlegern die Dienstleistungen Investment Consulting und Fiduciary Management.

Dr. Marc Rohloff ist seit 2017 für die Faros Consulting tätig und verantwortet dort die Geschäftsentwicklung. Der Schwerpunkt des promovierten Mathematikers liegt auf der ALM-Beratung und Quant-Strategien.

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