Stephan Lipfert von Punica Invest „ETFs ersetzen eher Einzeltitel denn Fonds“

Stephan Lipfert ist Geschäftsführer von Punica Invest

Stephan Lipfert ist Geschäftsführer von Punica Invest: Die gemeinsame Vertriebsorganisation von Aramea Asset Management und Hansainvest wurde im Januar 2020 gegründet. Foto: Punica Invest

private banking magazin: Sie waren früher für größere Adressen unterwegs, heute betreuen Sie bei Punica Invest Produkte aus der Nische. Was macht Ihnen mehr Spaß, Nische oder Mainstream?

Stephan Lipfert: Auf den ersten Blick sind natürlich die Nischenprodukte deutlich spannender, da die Strategien sich stärker unterscheiden und man den Unique Selling Point besser herausstellen kann. Auch können meistens mehr Kanäle erreicht werden, wenn man einen Satelliten vorstellt, da die Standardprodukte oft auch mit den hauseigenen Produkten abgedeckt sind. Bei den Vollsortimentern hat man zwar eine deutlich breitere Palette, am Ende sind es aber auch dort oftmals wenige Produkte, die für die Hauptzuflüsse sorgen.

Und auf den zweiten Blick?

Lipfert: Schaut man genauer hin, unterscheidet sich die Arbeit für kleine und große Fondsgesellschaften gar nicht so sehr. Am Ende müssen beide – ob Boutique oder Vollsortimenter – dem Kunden einen Mehrwert bieten, sonst greift er einfach zum ETF. Dabei haben die kleineren Anbieter den Vorteil, flexibler auf Kundenwünsche reagieren zu können, während die Großen selbstverständlich ganz andere Ressourcen mobilisieren können. Ich persönlich mag Fondsmanager , die sich mit Haut und Haaren mit ihrer Strategie identifizieren. Auch wenn man dies durchaus bei den großen Anbietern findet, sieht man dort auch viele, die einfach ihren Job machen. Dies ist angesichts des passiven Wettbewerbs immer öfter nicht mehr genug, um Kundenwünsche zu erfüllen.

Stichwort passiver Wettbewerb: Wie erklären Sie sich die starken Absatzzahlen von ETFs?

Lipfert: Mit ETFs ist es wie mit Schnellrestaurants. Zur Ernährung reicht es, zum Genießen ist es etwas zu wenig. Auch wenn ich aufgrund meiner Historie sicherlich der Letzte bin, der den viel besprochenen Nutzen von ETFs abstreitet, sehe ich die immer herbeigeredete Konkurrenzsituation zwischen aktiven Strategien und ETFs nicht.

Warum nicht?

Lipfert: Meines Erachtens substituieren ETFs vor allem Einzeltitel, was ein Stück weit zu begrüßen ist. Wenn Privatanleger zum MSCI World ETF greifen statt zu Wirecard, dann ist dies sicherlich etwas Gutes für die Aktienkultur. Für Profis schaffen ETFs zudem Flexibilität in der Umsetzung der Asset Allocation und Liquidität. Und keiner soll mir mit dem Argument kommen, dass 90 Prozent der aktiven Manager ihre Benchmark nicht schlagen. Die 10 Prozent, die es tun, sind diejenigen, denen auch 90 Prozent des Geldes anvertraut werden. Insgesamt glaube ich daher, dass der ETF-Boom anhalten wird – zumal der prozentuale Anteil in Europa noch weit hinter dem in den USA hinterherhinkt. Dies wird aber nicht auf Kosten guter aktiver Manager gehen.

Und wie bewerten Sie den aktuellen Trend zu ESG-Produkte?

Lipfert: Schaut man genauer hin, haben erfolgreiche Anleger schon immer auf ESG-Kriterien geachtet. Auch wenn heute das E aus ESG sicherlich ein höheres Gewicht bekommt, ist allen klar, dass das G, die Governance der Firmen, ein sehr wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Nicht zuletzt der Wirecard-Skandal hat uns dies erneut schmerzhaft vor Augen geführt. Daher halte ich es für vollkommen logisch, ESG-Kriterien in den Investmentprozess einzubinden, wie es beispielsweise beim Aramea Rendite Plus Nachhaltig der Fall ist. Nicht zuletzt von regulatorischer Seite kommt da auch weiterer Druck. Daher sehe ich dieses Thema auch nicht als kurzfristigen Trend oder Hype, sondern als eines, das gekommen ist, um zu bleiben.

Und wie lautet Ihre Einschätzung zu reinen Strategielösungen: Lösen diese Einzelfonds in Zukunft ab?

Lipfert: Meiner Meinung nach ist genau das Gegenteil ist der Fall. Je mehr uniforme Lösungen es gibt, desto mehr steigt der Bedarf an Einzelfonds, um sich von der Masse abzuheben. Sicherlich sind solche Lösungen bei kleineren Vermögen im Retail-Bereich durchaus sinnvoll und können für vergleichsweise geringe Kosten schon Gutes leisten. Doch die großen Kapitalsammelstellen mit hochprofessionellen Verwaltern werden sicherlich keine Lösungen von der Stange favorisieren. Zudem haben die vergangenen Monate wieder einmal gezeigt, dass ein aktives Management erhebliche Mehrwerte schaffen kann, während Strategieportfolios führender Anbieter, die nach Algorithmen agieren, nach wie vor zweistellig im Minus sind. Ich bin daher keineswegs skeptisch, was qualitativ hochwertige Einzelfonds angeht.


Über den Interviewten:
Stephan Lipfert ist Geschäftsführer der Punica Invest und verantwortet die Vertriebsregion Nord. Die gemeinsame Vertriebsorganisation von Aramea Asset Management und Hansinvest wurde im Januar 2020 von den beiden KVGen gegründet. Lipfert war in vorherigen Stationen für die Investmentgesellschaft Blackrock sowie Aquila Capital tätig.

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