Ein Befreiungsschlag ja, aber Die Reform des Stiftungsrechts startet mit Nachbesserungsbedarf

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Gleichwohl ist die Rechtslage der Zusammenführung derzeit nicht ideal. Wesentliche Verbesserungen wären durch eine bundeseinheitliche Regelung der Zusammenführung unter Gesamtrechtsnachfolge der aufnehmenden Stiftung zu erreichen. Auch sollten klare Regelungen über die Voraussetzungen, den Ablauf und die behördliche Zuständigkeit vorgesehen werden und es bedarf eines angemessenen Gläubiger- und Rechtschutzes. Schließlich sollte die Zusammenführung auch steuerrechtlich zu Ende gedacht werden.

Der Regierungsentwurf vom 03. Februar 2021 soll das Stiftungszivilrecht auf Bundesebene im Bundesgesetzbuch (BGB) vereinheitlichen und konsolidieren. Hierunter fallen auch die Regelungen zur Zusam-menführung von Stiftungen. Diesbezüglich sieht der Regierungsentwurf vor, dass alle vier Formen der Zusammenführung im BGB ausdrücklich mit Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsfolgen geregelt werden sollen. Vor allem sieht der Entwurf vor, dass das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehen soll. Die Grundlage für eine Zulegung oder Zusammenlegung soll in erster Linie ein Vertrag zwischen den beteiligten Stiftungen sein.

Voraussetzung für eine Zulegung oder Zusammenlegung soll nach dem Regierungsentwurf insbesondere eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse und eine hinreichende Kompatibilität der Stiftungszwecke der beteiligten Stiftungen sein. In neun Paragraphen regelt der Regie-rungsentwurf schließlich das Verfahren, den Gläubigerschutz und die Gesamtrechtsnachfolge der übernehmenden Stiftung.

Mit Inkrafttreten des Reformgesetzes wird die Zusammenführung in der Praxis wesentlich erleichtert werden. Künftig wird eine ausdrückliche Ermächtigung zur Zusammenführung zentral im BGB enthalten sein. Die uneinheitliche Rechtslage auf Landesebene wird damit ein Ende haben. Und vor allem wird dank Gesamtrechtsnachfolge die Zusammenführung auch in der Umsetzung wesentlich erleichtert werden.

Viele Stiftungen, denen in der Vergangenheit eine Zusammenführung mangels Ermächtigung gar nicht oder aufgrund der fehlenden Ge-samtrechtsnachfolge nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich war, werden künftig den Weg der Zusammenführung (einfacher) beschreiten können. Dies wird nicht nur für eine große Zahl „notleidender“ Stiftungen einen Befreiungsschlag ermöglichen, sondern auch für „vitale“ Stiftungen künftig die Möglichkeit eröffnen, Stiftungen vollständig zu integrieren und dadurch die eigene Wirkung und Reichweite nachhaltig zu erweitern.





Der Regierungsentwurf hat allerdings auch in Bezug auf die Zusammenführung an einigen Stellen noch Nachbesserungsbedarf. Unter anderem sind Details bei den Tatbestandsvoraussetzungen, Rechtschutzmöglichkeiten und insbesondere den steuerlichen Folgen einer Zusammenführung noch zu klären. Es bleibt zu hoffen, dass diese Baustellen bis zum Inkrafttreten des Reformgesetztes beseitigt werden.

Für viele überraschend wurde der Regierungsentwurf am 03. Februar 2021 verabschiedet und damit die Stiftungsrechtsreform nun noch vor Ende der Legislaturperiode in das Gesetzgebungsverfahren geschickt. Es ist zu erwarten, dass die Reform noch im Sommer 2021 im Bundestag beschlossen wird. Stiftungen, für die eine Zusammenführung in Betracht kommt, sollten daher die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten. Auch sollten bestehende Stiftungen ihre Satzung noch vor Inkrafttreten der Reform auf Optimierungsbedarf prüfen. Denn die Reform wird in einigen Bereichen Satzungsänderungen zukünftig auch erschweren.

Mit Blick auf eine Zusammenführung könnte mithin die Satzungsgrundlage nochmals überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Heutige Stifter, die sich mit der Errichtung einer Stiftung tragen, sollten die Reform bereits bei der Satzungsgestaltung berücksichtigen und besonders sorgfältig und vorausschauend gestalten. Mit Blick auf die Zusammenführung sollte insbesondere die Möglichkeit geprüft werden, abweichende Vorgaben gegenüber den künftigen gesetzlichen Bestimmungen zu normieren.

In jedem Fall gilt, im Bereich der Zusammenführung wird die Reform neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen und für Bewegung sorgen. Und sollte die Reform wider Erwarten noch auf der Zielgerade ins Stocken geraten, bleibt der Trost, dass eine Zusammenführung auch nach geltendem Recht -wenn auch erschwert- grundsätzlich möglich ist.


Über den Autor:
Dirk Schauer promovierte im Stiftungsrecht. Der Jurist arbeitet seit 2012 für die Wirtschaftskanzlei CMS. Anfang 2021 wurde er zum Partner berufen. Im Bereich Private Clients berät der Rechts- und Fachanwalt für Erbrecht in allen Belangen der Unternehmens- und Vermögensnachfolgeplanung. Zu seinen Mandanten zählen Unternehmer, Unternehmerfamilien, Family Offices und Privatpersonen.

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