Gesetzesnovelle Eine nicht ganz harmlose Stiftungsreform

Stefan Haake (li.) und Ferenc von Kacsóh

Stefan Haake (li.) und Ferenc von Kacsóh: Die beiden Stiftungsexperten beleuchten die Gesetzesnovelle. Foto: Pariter Fortis

Endlich ist bundeseinheitlich geregelt, was bisher ein Wust von Landesstiftungsgesetzen regelte. Und es war auch noch Platz für einige signifikante Änderungen mit teils bedeutender Sprengkraft. Die Stiftung als solche hält Einzug in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB, ab §§ 80ff) – und damit in das wohl bedeutendste Gesetzbuch der Bundesrepublik. Allein das reicht, um ein paar ausgewählte Punkte der Gesetzesnovelle näher zu beleuchten.

Neben dem Ewigkeitscharakter, welcher auch in den Neuregelungen des BGB noch quasi als Normalfall angesehen wird, wird durch die Registrierungspflicht ein neuer Zungenschlag in die Stiftungswelt kommen. Das Stiftungsregister dokumentiert die Erfüllung der Registrierungspflicht, analog einem Vereinsregister. Analog ist hier das passende Stichwort. Leider hat man auch hier die Chance verpasst, zukunftsweisend und digital, Stichwort Blockchain, vorzugehen.


An dieser Stelle ist die Feststellung wichtig, dass den wenigsten bewusst ist, dass der Begriff Stiftung in keinerlei Hinsicht geschützt ist. Das hat zur Folge, dass man auch als Stiftung auftreten kann – und das im übrigen meist äusserst tadellos und mit hoher zivilgesellschaftlicher Wirkung – aber rein rechtlich beispielsweise in der Hülle einer GmbH steckt. Eventuelle Sonderformen wie die gemeinnnützige, also die gGmbH  vorerst einmal ganz ausser Acht gelassen.

Interessant, weil im täglichen Rechtsverkehr relevant, ist die Verpflichtung, dass die rechtsfähige Stiftung sich nunmehr künftig mit dem Zusatz „eingetragene Stiftung“ (kurz „e.S.“) – vergleichbar dem eingetragenem Verein („e.V.“) in eben diesem Rechtsverkehr, also immer, zu titulieren hat. Ohne diesen Zusatz ist eine Stiftung also künftig wohl keine „echte" Stiftung mehr.

Noch interessanter, weil auch brisanter ist dieser Sachverhalt bei den Verbrauchsstiftungen. Abweichend zur zuvor beschriebenen Bezeichnung „e.S.“, ist eine Verbrauchsstiftung zukünftig im Rechtsverkehr als „Mustermann Stiftung e.VS.“ zu kennzeichnen. Warum so brisant? Der Hinweis auf die Endlichkeit der Stiftung als „eingetragene Verbrauchsstiftung“ wird im Tagesgeschäft der Stiftung nunmehr, auch nach außen hin, stets präsent. Die daraus folgenden Gespräche mit Spendern, Sponsoren und Zustiftern möchte man sich heute lieber noch gar nicht vorstellen.

Das weist auf einen gewissen, vielleicht nur gefühlten Aspekt der neuen, als modern gepriesenen Stiftungsgesetzgebung hin. Diese möchte sich durch besondere Transparenz und Flexibilität auszeichnen. Wie sich dies aber im alltäglichen Wirken des Gemeinnützigen Sektors, auch Dritten Sektors genannt, tatsächlich auswirkt, wird sich zeigen. Im Wortsinne Gesetz ist aber, dass es künftig zwei dokumentierte Klassen von Stiftungen gibt.

Doch es geht weiter: es ist weit mehr als nur eine, nunmehr gesetzlich verankerte „Zwei-Klassen-Stiftungswelt“. Die „e.VS“ weicht auch ab von der Grundidee der Stiftung, die viele in der Stiftungswelt als Credo verinnerlicht haben: „Eine Stiftung existiert ewig und gehört sich selbst“. Ob es eine objektive oder gefühlte Wahrheit ist, möchten wir jedem frei stellen.

Nun, dass es „DIE“ Stiftung in einer heterogenen Stiftungslandschaft nicht mehr geben kann, versteht sich von selbst, und ist in der Stiftungswelt auch allen seit Dekaden klar. Der erste Halbsatz des zitierten Stiftungs-Credos impliziert das.

Das ist auch Grundlage des Deals zwischen Stifter und Staat. Der Stifter entsagt dem Stiftungskapital, das fortan gemeinnützig wirkt, und erhält im Gegenzug Steuerprivilegien für sich und seine Stiftung. Ein klassisches „quid pro quo“, dessen Verlässlichkeit durch die vergängliche „Stiftung auf Zeit", im Auge so manch eines Betrachters, grundsätzlich in Frage gestellt werden könnte. Fatal wäre der Eindruck, dass die „Stiftung auf Zeit“ zur „Fata-Morgana“-Stiftung avanciert.