Demografie, Digitalisierung, Dekarbonisierung Das Vermögen von Morgen

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Gleichmäßige Vermögensverteilung sichert gesellschaftliche Stabilität

Zwar fällt es in Zeiten des Wandels, angesichts der aktuellen Pandemie oder auch in Zeiten der technologischen und wirtschaftlichen Umbrüche emotional schwer, neues Vermögen zu bilden. Jedoch ist es genau dann besonders wichtig, Anreize zur Vermögensbildung und zur Vermögensbeteiligung zu vermitteln. Dabei kann insbesondere die Politik durch regulatorische Orientierung eine schärfere Kontur und damit den Anreiz setzen, in die Zukunft zu investieren.

Dabei ist aktives Handeln von Seiten der Wirtschaft, der Politik, aber auch von jedem Einzelnen essentiell, um Kapital besser anzulegen und neues Vermögen zu bilden. Um die Gefahr einzudämmen, dass die derzeitigen Umbrüche Verlierer erzeugen und das ungleich verteilte Vermögen die Stabilität der Gesellschaft untergräbt, ist das Setzen von Anreizen zur Vermögensbildung für mittlere und geringe Einkommen dringend notwendig. Den Vermögensaufbau für alle zu ermöglichen, kann eine Gesellschaft stabiler und optimistischer machen. Denn gerade die Mittelschicht, die für die Stabilität einer Gesellschaft besonders wichtig ist, hat in Deutschland zunehmend das Gefühl, von der Kapitalbildung abgekoppelt zu sein. Ihre Teilhabe an der in den letzten Jahren prosperierenden wirtschaftlichen Entwicklung hat aufgrund der zunehmenden Ungleichverteilung von Vermögen abgenommen.

Die Bildung und die Verteilung von Vermögen wirken über verschiedene Kanäle positiv auf Individuen und Gesellschaft. Da bei individueller Betrachtung mit Vermögen eine größere Sicherheit verbunden ist, bedeutet eine gleichmäßigere Vermögensverteilung in der Regel eine größere gesellschaftliche Stabilität. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie man künftig möglichst viele Menschen am Vermögen beteiligen kann, um damit in disruptiven Zeiten individuelle Sicherheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und eine weiter divergierende Einkommens- und Vermögensverteilung zu verhindern.

Regulierung im Sinne einer staatlich forcierten Orientierung

In der Vergangenheit war es in Zeiten bedeutender Umbrüche ein Zusammenspiel aus privaten und öffentlichen Investitionen, das neuen Technologien die Durchsetzung ermöglicht hat. Um in Wachstum durch neue Technologien zu investieren und damit langfristig Vermögen aufzubauen, muss es eine klare staatlich forcierte Orientierung im Sinne einer verlässlichen Regulierung geben. Momentan existiert jedoch sowohl technologisch als auch politisch eine große Unsicherheit.

Zur Absicherung individueller Einkommensmöglichkeiten in datenbasierten Ökonomien sollte zudem regulatorisch sichergestellt werden, dass die Eigentümer von Daten bei deren Nutzung zu kommerziellen Zwecken auch entsprechend entlohnt werden. Zudem sollte die Politik die Demographie generationengerechter gestalten, indem sie für die Altersvorsorge zielgerichtete Anreize zur Vermögensbildung setzt. Staatsfonds können dabei eine sinnvolle Alternative zu konventionellen Instrumenten sein.

Deutschlands wichtigster kollektiver Wert ist die hohe Bonität des Staates. Deutschland könnte diesen Wert nutzen, indem es „Safe Assets“ – wie derzeit niedrig verzinsliche Anleihen – emittiert und damit den Gegenwert der hohen Bonität in ein Fondsvermögen reinvestiert.

Für die Zukunft ist es essentiell, die Beteiligung am neuen technologischen Produktivvermögen auf eine deutlich breitere Basis zu stellen. Da Aktienbesitz weiterhin das wichtigste Instrument zur breiten Beteiligung am volkswirtschaftlichen Produktivvermögen ist, sollten im digitalen Zeitalter alle zu Kapitalisten werden. So lässt sich die durch hocheffiziente Roboter und Künstliche Intelligenz erzeugte Wertschöpfung auf möglichst viele Eigentümer verteilen.

Der gezielte Einsatz von Technologie – wie zum Beispiel mit Apps zur Wissensvermittlung – kann zur Steigerung des Know-hows über ökonomische Grundzusammenhänge beitragen. Der deutsche Staat könnte direkt und erheblich die Einrichtung von Aktiensparplänen für Kinder fördern. Diese Form der staatlich geförderten privaten Vorsorge sollte dann fester Bestandteil des Lehrplans an Schulen werden. Eine stärker ausgeprägte Aktienkultur hätte eventuell die Folge, dass mehr deutsche Unternehmen eine Börsennotiz erwägen würden. Das wiederum würde das Thema der Aktienanlage noch weiter in das Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten tragen.


Über den Autor:

Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel. Für das Bankhaus (oder das Vorgänger-Institut Conrad Hinrich Donner) ist der 45-Jährige bereits sei 2003 tätig und wurde vom Portfoliomanager zum Leiter Asset Management, Leiter Kapitalmarktanalyse und nunmehr seit zwei Jahren Chefvolkswirt.

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