Geldmarktfonds Welche Cash-Anleger jetzt mehr Rendite erzielen können

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Welche Cash-Anleger jetzt mehr Rendite erzielen können
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Richard Mulley von Goldman Sachs AM

Richard Mulley von Goldman Sachs AM: „Wenn sich das durchschnittliche Laufzeitprofil von LVNAV-Portfolios in Richtung des langen Endes verschiebt, gewinnt für Liquiditätsanleger die Zusammensetzung ihrer Termingeldanlagen an Bedeutung.“ Foto: GSAM

Die durchschnittliche Rendite von Geldmarktfonds lag die vergangenen Jahre bei null. Bei auf Euro lautenden Fonds war sie sogar negativ. Nun, am Ende des Zyklus einer aggressiven geldpolitischen Straffung durch die Zentralbanken, lassen Geldmarktfonds mit ihren Renditen kurzlaufende Staatsanleihen hinter sich und bieten Anlegern Renditen durch ein Engagement
mit begrenztem Laufzeitrisiko.

Geldmarktfonds mit einem stabilen Nettoinventarwert (NAV) lassen sich grob unterteilen in „Public Debt NAV“ (NAV-Geldmarktfonds für öffentliche Schuldtitel) und „LVNAV“ (Geldmarktfonds mit Nettoinventarwert mit niedriger Volatilität). Während Erstgenannte auf Anlagen in Staatspapiere und durch Staatsanleihen besicherte Repo-Geschäfte beschränkt sind, kann per LVNAV in hochwertige Titel von Unternehmen und Banken investieren werden.
Da die Rendite der zugrunde liegenden Instrumente mit dem wahrgenommenen Risiko korreliert, besteht in der Regel ein Spread zwischen beiden Kategorien.

Die von Anlegern eingesetzten Liquiditätsinstrumente reagieren unterschiedlich auf Zinsanhebungen. Bei Geldmarktfonds handelt es sich um diversifizierte Portfolios hochliquider Instrumente mit kurzer Laufzeit. Bankeinlagen sind hingegen unbesicherte Verbindlichkeiten in den Bilanzen der Banken, wobei Privatkunden in den EU-Ländern durch eine Einlagensicherung in Höhe von bis zu 100.000 Euro geschützt sind. Während sich eine Anhebung der Zinsen in den Vermögenswerten von Geldmarktfonds widerspiegelt (je nach Positionierung des Portfolios), wird die Höhe der Zinsen auf Bankeinlagen ausschließlich von der jeweiligen Bank vorgegeben.

Das verfügbare Renditepotenzial für Einleger hängt also von der Bilanz und dem Finanzierungsbedarf jener Bank ab – und im laufenden Zyklus hinken die Zinsen auf Bankeinlagen den Renditen von Geldmarktfonds hinterher. Bankeinlagen mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr können in der Eurozone eine durchschnittliche Rendite von 2,27 Prozent erzielen, rund 0,60 Prozent weniger als ein durchschnittlicher, auf Euro laufender LVNAV-Fonds.

Zwar hat mit dem Anstieg der Zinsen vorwiegend das kurze Ende der Renditekurve an Attraktivität gewonnen, doch auch Geldmarktfonds konnten Zuflüsse verzeichnen. Angesichts des volatilen Marktes suchten Anleger hier nach einem sicheren Hafen für Barmittel. So löste beispielsweise die Übernahme der Credit Suisse eine Einlagenflucht und eine Umschichtung in Geldmarktfonds aus, da die Anleger ihr Engagement in einzelnen Banken überdachten.

Derzeit interessiert den Markt, ob die Zentralbanken weiter straffen – und welchen Weg sie einschlagen werden. Unveränderte Leitzinsen gepaart mit restriktiven Aussagen der Zentralbanken deuten für die Zukunft eher auf einen geldpolitischen Ansatz hin, bei dem kurzfristige Zinsanhebungen einem langfristigen Zinsniveau auf dem Höchststand weichen („higher for longer“).

 

Wir gehen davon aus, dass EZB, Fed und Bank of England vorerst ihre letzten Zinserhöhungen vorgenommen haben, wobei weitere nicht ausgeschlossen sind, insbesondere im Fall einer erneuten Beschleunigung der Inflation.

Barmittelanlagen sollten mit einem Schwerpunkt auf Kapitalerhalt und Liquidität verwaltet werden. Eine solche Anlagephilosophie ermöglicht den Aufbau resilienter Portfolios, die Flexibilität bieten und an ein dynamisches Marktumfeld oder die Liquiditätsanforderungen von Kunden angepasst werden können. In der Vergangenheit waren gemäß dieser Strategie ein-
gerichtete Portfolios – mit relativ kurzen Laufzeiten und hoher Liquidität – zudem gut positioniert, um von einem Anstieg der Zinsen am kurzen Ende zu profitieren, da diese die Aufwärtstrends im jeweiligen Renditeumfeld zeitnah reflektierten.

Nun, da der Höhepunkt des Zyklus erreicht scheint, könnten Manager von Geldmarktfonds auf eine Verlängerung der Laufzeiten der Instrumente in ihren Portfolios setzen, um das höhere Zinsniveau auszunutzen. Wenn sich das durchschnittliche Laufzeitprofil von LVNAV-Portfolios in Richtung des langen Endes verschiebt, gewinnt für Liquiditätsanleger die Zusammensetzung ihrer Termingeldanlagen an Bedeutung.

Während wir generell beobachten, dass Geldmarktfonds-Manager auf der Suche nach marginalen Ertragsgewinnen ihre Positionen in befristeten Kreditfazilitäten erhöhen, halten konservativere Manager im Bestreben um ein ausgewogenes Portfolio an einem vorsichtigeren Ansatz fest. Ein solcher kann im Zeitverlauf und je nach Währung unterschiedlich umgesetzt werden. 

Das Konzept des „Ausgleichs“ von Kreditrisikopositionen durch ergänzende Allokationen in anderen Instrumenten wie SSAs (Staatsanleihen, supranationale Emittenten und Agenturen) ist jedoch derzeit relevant, da die Laufzeiten von Geldmarktfonds-Portfolios wieder eine zuletzt vor der Pandemie verzeichnete Dauer erreichen. Eine konservative Strategie ermöglicht resiliente Portfolios, die Flexibilität bieten und an ein dynamisches Marktumfeld und die Liquiditätsanforderungen von Kunden angepasst werden können.

Darüber hinaus weisen unsere Kunden dem Thema ESG eine hohe strategische Priorität zu. Während Unternehmen sich bemühen, ESG-Ziele über ihre gesamte Geschäftstätigkeit hinweg zu verankern, halten Liquiditätsanleger Ausschau nach Gelegenheiten, ihre ESG-Strategie auch auf ihre Treasury-Aktivitäten und Barpositionen anzuwenden. Um dies zu erreichen, müssen sie zunächst verstehen, was die ESG-Komponente im Zusammenhang mit Geldmarktfonds bedeutet.

 

Gespräche mit Anlegern unterschiedlicher Ausrichtungen haben ergeben, dass der Fokus weiterhin auf dem Liquiditätsmanagement liegt: auf der Bewertung von Risiken, Chancen und Anlagemöglichkeiten für Barmittel. Immer mehr Liquiditätsanleger prüfen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für längere Laufzeiten bei ihrer Barmittelallokation gekommen ist. Unserer Ansicht nach bietet sich für Cash-Anleger ohne unmittelbaren Liquiditätsbedarf die Gelegenheit, höhere Renditen gegenüber kurzfristigen Anlagevehikeln zu erzielen, indem sie ihre Allokation in Portfolios mit niedrigeren Liquiditätsanforderungen ausbauen und ihr Kreditrisiko marginal erhöhen.

Die Renditen zweijähriger Staatsanleihen in Deutschland, den USA und in Großbritannien haben ihren höchsten Stand seit der Finanzkrise erreicht. Die Front-End-Spreads von Unternehmensanleihen bewegen sich weiterhin auf einem guten Niveau. Daher könnte es
interessant sein, sich mit Standard-Geldmarktfonds des Typs VNAV und kurzlaufenden Fonds zu befassen.

Zudem ist das Anlageumfeld von Unsicherheit und langfristigen Themen wie Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Bevölkerungsalterung und einer Destabilisierung der geopolitischen Lage geprägt. Diese Trends sind Hinweise auf einen Anstieg der Inflation und volatiles Wachstum sowie höhere Risikoprämien und eine uneinheitliche Entwicklung. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass der Geldmarkt und kurzlaufende Portfolios mit attraktiven Renditen und relativer Resilienz gegenüber Wachstumsrisiken an Bedeutung gewinnen können. Anders als Phasen relativer makroökonomischer Stabilität kann eine erhöhte makroökonomische Volatilität einen Ausbau der Allokation in Barmitteln rechtfertigen.

Über den Autor

Richard Mulley arbeitet seit 18 Jahren bei Goldman Sachs Asset und Wealth Management. Seit
2017 ist er Leiter für den Emea-Raum für Liquiditätslösungen, Portfoliomanagement und Handel. 

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