Nachhaltigkeit von Ländern auf dem Prüfstand Ein Modell gibt Auskunft

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Abwärtsentwicklung in den meisten Ländern

Grundlage des länderspezifischen Nachhaltigkeitsmodells sind 48 gleich gewichtete Input-Parameter wie Treibhausgasemissionen, Bildungsausgaben, Lebenserwartung oder Kinderarbeit. Die Daten stammen von länderübergreifenden Institutionen wie der Weltbank, den Vereinten Nationen, der US Energy Information Administration und der Internationalen Arbeitsorganisation. Insight hat 186 Staaten untersucht. Wegen mangelhafter oder fehlender Daten fanden 31 Länder keine Berücksichtigung.

Kernpunkte der Analyse sind zwei Bewertungen, ein Nachhaltigkeits-Rating und ein Momentumfaktor für jedes Land. Das ESG-Rating kann dazu beitragen, zwischen Führungsnationen und Nachzüglern zu unterscheiden und Länder identifizieren, die durch ESG-Themen am stärksten beeinträchtigt sind. Der ESG-Momentum-Faktor wiederum verweist auf den Trend für die Verbesserung oder Verschlechterung des ESG-Ratings.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich der ESG-Status der meisten Länder in den letzten Jahren verschlechtert hat und der Trend ist weiter negativ. Dabei schneiden entwickelte Industrieländer mit einem höheren Pro-Kopf-Einkommen in Bezug auf Governance und Soziales derzeit positiv ab, in Umweltfragen jedoch weniger gut.

Gleichzeitig haben Länder mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Allgemeinen bessere ESG-Ratings. Zudem veranschaulicht das Modell, dass sich insgesamt mehr Nationen im Hinblick auf den ESG-Status verschlechtern als verbessern und insbesondere die Mehrheit der entwickelten Industrieländer ein negatives ESG-Momentum besitzt. 


Die 10 Länder mit dem höchsten und dem niedrigsten ESG-Rating. Quelle: Insight Investment. Stand: 30. September 2018 

Neuseeland in der Pole-Position 

Der Momentum-Faktor erfolgt auf einer Skala von +1 (maximal mögliche Verbesserung) bis -1 (maximal mögliche Verschlechterung). Sie basiert auf dem Anteil der sich verbessernden, stabilen oder rückläufigen Kennzahlen in den Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführung-Parametern über den Zeitraum der letzten sechs Jahre. Die Ergebnisse offenbaren zudem, dass insbesondere der Faktor Governance sich in mehr als der Hälfte der entwickelten Marktländer verschlechtert.

Beim Gesamtergebnis schnitt Neuseeland am besten ab. Der Inselstaat am anderen Ende der Welt punktet mit stabilen Institutionen sowie sozialen Beziehungen und einer nur begrenzten Exponierung gegenüber Umweltrisiken.

Deutschland ist in der Gruppe der Länder mit der Höchstnote 1 im ESG-Gesamt-Rating. Beim ESG-Momentum-Faktor schafft es die Bundesrepublik indes nicht einmal unter die Top 100. Lettland ist das einzige Land, das es in beiden Bereichen in die Top 10 geschafft hat. Ein – zumindest auf den ersten Blick – überraschendes Ergebnis: Die Elfenbeinküste ist nach dem Bürgerkrieg um die Jahrtausendwende und nach jahrelangen Bemühungen zum Wiederaufbau von Wirtschaft und Infrastruktur das sich am stärksten verbessernde Land mit Blick auf die ESG-Faktoren.

Am unteren Ende findet sich Afghanistan, das nach vielen Jahren des Konflikts politisch und sozial instabil ist und nur über wenige Nachhaltigkeitsfaktoren verfügt. Doch gilt es, bei dieser Betrachtung des Momentums den Basiseffekt, also auf welchem ESG-Niveau sich die Länder befinden, zu beachten. „Man muss berücksichtigen, dass Staaten mit schlechtem ESG-Status ein viel größeres Potential für Verbesserungen haben. Deshalb sollte man diesen Staaten auch nicht kategorisch den Geldhahn zudrehen“, gibt Olaf John zu bedenken. 


Über den Autor: 
Olaf John arbeitet beim Asset Manager Insight Investment. Dort verantwortet er als Leiter Business Development die Geschäftsentwicklung des global tätigen Unternehmens in Europa. 

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