Leidenschaft, Hobby oder Geldanlage „Nur jeder fünfte Kunstsammler ist ein Stratege“

Seite 2 / 2

Sie erwähnen die teilweise astronomischen Auktionspreise. Woran erkennt man denn Preisübertreibungen?

Ströll: Vorsichtig sollte man sein, wenn sehr junge Künstler auf Auktionen, dem so genannten Zweitmarkt, plötzlich sehr hohe Preise im fünf- oder sechsstelligen Bereich erzielen. Das ist dann oft von den Galeristen gepusht. Ein Künstler muss langsam aufgebaut werden, durch viele Ausstellungen, Publikationen et cetera, bevor er auf Auktionen angeboten werden kann. Ist die Basis nicht da, bricht der Markt für den Künstler schnell zusammen, deshalb muss man sehr genau hinschauen.

Und wohin entwickelt sich Ihrer Meinung nach der Kunstmarkt? 

Ströll: Der Trend geht ganz klar weiter zu den Zeitgenossen, also Post War und Contemporary Art. Die Preise für die Top-10 der Blue-Chip-Künstler werden, soweit man das momentan absehen kann, stabil bleiben. Der Markt ist nach wie vor sehr stark, wobei der asiatische Markt momentan am stärksten wächst. Aus diesem Grund orientieren wir uns als Kunstvermittlung auch in Richtung des asiatischen Raumes.

Abgesehen von der Wertsteigerung: Welche finanziellen Vorteile bieten Kunstwerke als Geldanlage?

Ströll: Gegenüber Aktien oder Fonds sind Kunstwerke nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei. Allerdings nur, wenn man nicht regelmäßig an- und verkauft, weil man sonst als Händler eingestuft wird. Außerdem kann man Kunst im Zuge des Vererbens in eine Stiftung überführen, dabei beraten ja insbesondere Privatbanken. Bei Kunstinvestment sollten auf alle Fälle Steuerberater einbezogen werden.

Es entstehen aber auch finanzielle Aufwendungen.

Ströll: Ja, Kunstverkäufe sind auch mit deutlichen Kosten verbunden, die man im Vorfeld bereits einkalkulieren sollte. Zum Beispiel für Versicherung, Transport und das Aufgeld für das Auktionshaus, das mehr als 25 Prozent des Zuschlags betragen kann. Darin ist die Mehrwertsteuer enthalten, sofern der Einlieferer differenzbesteuert eingeliefert hat. Hat er regelbesteuert eingeliefert, beispielsweise als Händler, kommt die Mehrwertsteuer auf das Aufgeld drauf.

Am Ende ist Regelbesteuerung für den Käufer – als Privatperson – aber ungünstig. Außerdem gibt es das so genannte Folgerecht, einen gesetzlichen Anspruch des Künstlers auf Beteiligung am Weiter- beziehungsweise Zweitverkaufserlös eines Kunstwerks, sofern es von einem Kunsthändler erworben, vermittelt oder veräußert wird. Das Folgerecht liegt derzeit bei 5 Prozent. Für Laien ist das alles ziemlich kompliziert und intransparent. Wir begleiten unsere Kunden hierbei meist sehr eng und oft raten wir dazu, Steuerberater und unter Umständen Fachanwälte einzubeziehen.

 

Über die Interviewte:
Nicole Ströll ist Geschäftsführerin der Kölner Kunstberatung Art von Wert. Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Julia Rönneper unterstützt die Kunsthistorikerin Privatpersonen und Unternehmen dabei, Kunstwerke zum optimalen Preis zu veräußern oder Sammlungen aufzubauen. Art von Wert arbeitet außerdem mit Banken zusammen, die ihren Kunden kunstnahe Beratungsleistungen anbieten, aber keine eigene Expertise aufbauen wollen.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen