Kunstgegenstände und -sammlungen sind unter Umständen teilweise oder gänzlich von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit. Diese sogenannte Kulturgutbefreiung bietet für viele Vermögende eine der wenigen Möglichkeiten, große Vermögenswerte erbschaft- und schenkungsteuerfrei auf die nächste Generation zu übertragen.
Die Voraussetzungen der Kulturgutbefreiung waren in der Praxis im Einzelnen umstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2016 mit einigen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Kulturgutbefreiung beschäftigt und insofern für mehr Rechtsklarheit gesorgt. Der Beitrag stellt die Befreiungsvorschrift und ihre Voraussetzungen, die Eckpfeiler der Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie die Folgen für die Praxis dar.
Für Vermögensverwalter und Family Officer leistet er einen wichtigen Impuls, das Thema an ihre Kunden zu adressieren. Häufig werden bei der Schenkungs- und Erbschaftsplanung nur die gängigen Vermögenswerte durchgespielt. Hier eröffnet sich ein Diskussionsfeld, das weit mehr Optionen zulässt.
Kleine Kulturgutbefreiung
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz kennt die sogenannte kleine Kulturgutbefreiung nach Paragraf 13 Absatz 1 Nummer 2a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG), bei der 60 Prozent des Wertes eines Kunstgegenstandes oder einer Kunstsammlung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit sind, und die sogenannte große Kulturgutbefreiung (Paragraf 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG), die eine vollständige Steuerbefreiung gewährt.
Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Steuerpflichtige die Gegenstände innerhalb von zehn Jahren nach ihrem Erwerb veräußert oder die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung innerhalb dieses Zeitraums entfallen.
Für die kleine Kulturgutbefreiung müssen die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Erhaltung der Kunstgegenstände oder der Kunstsammlung muss wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen.
- Die jährlichen Kosten müssen in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen.
- Die Gegenstände müssen in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sein oder werden.
In der Regel ist davon auszugehen, dass die Erhaltung von Kunstgegenständen und Kunstsammlungen, die aufgrund ihres Wertes für die Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer relevant sind, im öffentlichen Interesse liegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn Kunstgegenstände zum Beispiel aufgrund eines Leih- oder Kooperationsvertrags in einem Museum ausgestellt werden. In Zweifelsfällen ist das öffentliche Erhaltungsinteresse durch ein kunsthistorisches Gutachten der mit der Denkmalspflege betrauten Landesbehörde nachzuweisen.
Weiter ist erforderlich, dass die jährlichen Kosten für den Kunstgegenstand oder die Kunstsammlung in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen, also eine dauernde Unrentabilität vorliegt.