Kluge Kooperation statt Konkurrenzkampf Wie digitale Plattformen die Geldanlage verändern

Sebastian Hasenack leitet den digitalen Vermögensverwalter Solidvest.

Sebastian Hasenack leitet den digitalen Vermögensverwalter Solidvest. Foto: DJE Kapital

Alles Amazon, oder was? Scheint so. Schaut man sich die zehn wertvollsten Unternehmen der Welt an, setzt die Hälfte bereits auf eine Plattformstrategie, wie sie das weltweit führende E-Commerce-Unternehmen aus den USA einst vormachte. Alles dreht sich um den Kunden, so abgegriffen es auch klingt. Eine Plattform erweitert das eigene Angebot um Produkte und Dienstleistungen anderer – immer entlang der Kundenwünsche. Wer das Gewünschte selbst nicht hat, bietet es einfach über einen Dritten an. Das Motto: Kluge Kooperation statt Konkurrenzkampf. 

Netzwerkeffekte mit Plattformen verstärken

Das bedeutet: Eine Plattform vereint verschiedene Anbieter mit dem Kunden und trennt zugleich das Wichtige vom Zweitrangigen, zum Beispiel das Bereitstellen des Produkts von der Kundenbeziehung. Damit verschlanken und beschleunigen Plattformen, lästige Prozesse fallen weg. Dies schafft Wettbewerbsvorteile, für alle Beteiligten.

Beispiel Banken: Nur den wenigsten wird es auf Dauer gelingen, alleine und aus eigener Kraft in jedem Segment die besten Produkte anzubieten – einhergehend mit dem besten Kundenerlebnis für jede Zielgruppe. Und genau dieser Erlebnisfaktor, etwa bei einer bedarfsgerechten Aktien-Portfolio-Gestaltung, nutzt auch den Anbietern, da komplexe Dienstleistungen und Produkte dadurch greifbarer und verständlicher werden.

Schaut man sich die Finanzbranche aber genauer an, verwundert es etwas, dass die konsequente Nutzung von Plattformen eher schleppend verläuft. Dabei ist das grundsätzliche Prinzip hier nicht neu. Bleiben wir bei den Banken: In den frühen 1990er Jahren begann es mit sogenannter offener Architektur beim Handel von Investmentfonds für Drittanbieter. In den späten 90ern kamen Hypothekenkredite hinzu, je nach Vertriebsausrichtung gefolgt von strukturierten und komplexeren Produkten wie Zertifikaten und Derivaten.

Dieser Wandel ist gewollt. Und zwar vorrangig vom Kunden. Umfragen ergeben, dass diese in aller Selbstverständlichkeit unter anderem von der Hausbank vor Ort ein einfacher Zugang zu interessanten, modernen Lösungen eingefordern. Wer diese Haltung hat, der sucht sich seine Lösung mit ein, zwei Klicks im Internet woanders, wenn er das Gesuchte nicht direkt findet. Weitere wichtige Treiber der Veränderungen sind Politik und Regulatorik. Beispielsweise erhält der Kunde durch das Ex-Post-Prinzip unter anderem Transparenz zu laufenden Kosten seines Depots – mit zugleich mehr Nachvollziehbarkeit der für ihn erbrachten Leistungen wie professionelles Management.

Mit Mut Kunden begeistern

Plattformen sind kein Selbstzweck. Wer in den laufenden Wettbewerb einsteigen möchte, braucht Mut und ein individuell durchdachtes Konzept. Schließlich sollen Produkte Dritter nicht dazu führen, die eigene Produktpalette zu kannibalisieren. Aber gerade etablierten Häusern mit im Laufe der Zeit gewachsenen Kundenbeständen und großem Angebotsspektrum bieten sich neue Chancen. Treue Kunden wissen es sehr zu schätzen, wenn sie neben gewohnter Qualität lohnende Zusatzangebote bei der ihnen vertrauten Adresse erhalten. Plus: So gewonnene Neukunden lassen sich häufig zu weiteren Lösungen und Dienstleistungen des Hauses überführen. Unterm Strich erhält jeder weiterhin das Gewünschte aus einer Hand – ob als Neu- oder Bestandskunde.

Kooperationen gehört die Zukunft, auch in der Geldanlage. Der Markt ist im Umbruch: Aus einer Dienstleistung, die bisher eher Vermögenden und gut informierten Anlegern vorbehalten war, soll ein Angebot für die breitere Masse werden. Ein hehres Unterfangen, das gelingen kann, wenn neben Verständlichkeit des Angebots auch die dauerhafte Qualität stimmt – also Performance bei langfristigen Vermögensaufbau.

 

Über den Autor:
Sebastian Hasenack, Ex-Fintech-Gründer, ist Leiter bei Solidvest, der Online-Vermögensverwaltung von DJE Kapital.

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