Geschlechterdiversität Studie: Institutionelle Investoren verstoßen gegen eigene Anlagerichtlinien

Allianz Global Investors, Union Investment und Blackrock

Allianz Global Investors, Union Investment und Blackrock: Institutionellen Investoren können mit ihren Anlagerichtlinien Druck auf Unternehmen mit homogenen Führungsgremien ausüben. Foto: imago images/Levine Roberts (2), imago images/STPP

Die Anforderungen, die institutionelle Investoren bei der Zusammensetzung der Spitzengremien deutscher börsennotierter Unternehmen in puncto Diversität stellen, sind seit 2020 deutlich gestiegen. Während im Jahr 2020 die Hälfte der 30 größten Investoren im deutschen Markt Diversitätsanforderungen an ihre Portfoliounternehmen stellte, waren es 2022 schon 73 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie der Initiative „Investors 4 Diversity“ der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin.

Investoren stimmen oftmals gegen eigene Anlagerichtlinien

Die Untersuchung zeigt aber auch: Während die Diversitätsanforderungen in den Anlagerichtlinien seit 2020 stark zugenommen haben, sind überraschenderweise die für Geschlechterdiversität genutzten Stimmrechte 2022 leicht gesunken. Heißt: Die Vermögensverwalter verstoßen bei der Nutzung ihrer Stimmrechte oftmals gegen eigens aufgelegte Anlagerichtlinien im Bereich Diversität.

Eine detaillierte Analyse des Stimmverhaltens zeigte, dass die untersuchten Investoren in nur 46,5 Prozent der Fälle gemäß ihrer eigenen Richtlinien abstimmten. Für Aufsichtsräte, die die Diversitätsanforderung des Investors (hinsichtlich der Dimension Geschlecht) noch nicht erfüllten, stimmten sie entsprechend gegen männliche Kandidaten oder für die weiblichen Kandidatinnen.

 

 

In 39 Prozent der Fälle entsprach das Stimmverhalten jedoch nicht den jeweiligen Richtlinien der Investoren. In diesen Fällen stimmten sie für einen männlichen Kandidaten, obwohl die Anforderungen an Geschlechterdiversität nicht erfüllt waren. In weiteren 14,8 Prozent der Fälle setzten die Investoren ihre Stimmrechte bei Abstimmungen nicht ein, um die Diversität in den jeweiligen Unternehmen positiv zu beeinflussen.

„Keiner der Top-30-Investoren treibt das Thema Geschlechterdiversität als Vorreiter voran“

Zusammengenommen haben Investoren damit in 53,5 Prozent der Fälle Stimmabgaben nicht genutzt, um ihren Anlagerichtlinien Geltung zu verschaffen. Zum Vergleich: in der Hauptversammlungssaison 2020 lag dieser Wert mit 52,3 Prozent sogar etwas niedriger.

Unter den Investoren, die mindestens 30 Prozent Frauen im Aufsichtsrat fordern, schneiden die beiden deutschen Häuser Union Investment und Allianz Global Investors (AGI) mit 65 Prozent beziehungsweise 52 Prozent Übereinstimmung zwischen Richtlinien und Stimmverhalten noch am besten ab. „Festzuhalten bleibt dennoch, dass die Investoren ihre Anlagerichtlinien hinsichtlich des Aspekts Geschlechterdiversität nach wie vor lückenhaft umsetzen. Bisher treibt keiner der Top-30-Investoren das Thema als Vorreiter voran“, heißt es in der Studie, die hier heruntergeladen werden kann.

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