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Interview zum Engagement-Bericht von Candriam „Wir geben kollaborativen Formen des Engagements den Vorzug“

Impression von der Hauptversammlung eines namhaften deutschen Luxusautoherstellers in Stuttgart

Impression von der Hauptversammlung eines namhaften deutschen Luxusautoherstellers in Stuttgart: Candriam unterstützt Initiativen zur Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten auf Hauptversammlungen. Foto: Imago Images / Arnulf Hettrich

Frau Deleuze, „Engagement“ ist das Schlagwort bei verantwortungsvollen Investitionen. Sie sind schon lange dabei. Zur genaueren Verortung: Wo steht Candriam?

Sophie Deleuze

Sophie Deleuze: Bei Candriam sind wir sowohl aktiver als auch anspruchsvoller in unseren Engagement-Aktivitäten als andere Mitbewerber, eine Einstellung, die von mehreren anderen, meist europäischen Investoren geteilt wird. Die Investment-Teams werden entsprechend einbezogen, sowohl in den praktischen Austausch mit den Emittenten als auch in die Festlegung der Prioritäten und des Ansatzes für das Engagement.  

Können Sie diesen Ansatz näher erläutern?

Deleuze: In der Regel geben wir kollaborativen Formen des Engagements den Vorzug. Investoren brauchen Druckmittel, um die Emittenten dazu zu bringen, sich auf den 1,5°C-Pfad des Pariser Abkommens mit geringer oder ohne Überschreitung des Ziels anzupassen. Im Rahmen unseres Engagements für die Net Zero Asset Management Initiative startete Candriam 2022 eine eigene Net Zero Direct Engagement-Kampagne; sie zielt auf die fünfzig Unternehmen ab, die den größten Beitrag zu unserem Portfolio leisten.

Die zentrale Rolle der Jahreshauptversammlungen im Hinblick auf Engagement wurde durch die steigende Zahl von Say-on-Climate-Resolutionen gestärkt, die von den Geschäftsleitungen eingebracht werden. Zugleich ist überall die Klimastrategie des jeweiligen Unternehmens auf die Tagesordnung der Jahreshauptversammlungen gerückt. Insgesamt ist die Unterstützung für von der Unternehmensleitung geförderte Beschlüsse nach wie vor beeindruckend hoch – was Kritiker Fragen stellen lässt, ob sich auch alles so umsetzen lässt, wie geplant. Unserer Meinung nach enthalten viele dieser vom Management geförderten Klimapläne letztlich nur unzureichende Informationen und sie sind zu breit angelegt, um den sich weltweit beschleunigenden Veränderungen gerecht zu werden.

Was hält Sie mit Blick auf Engagement-Themen noch auf Trab?

Deleuze: Arbeitsrechtliche und auf Menschenrechte bezogene Engagements stehen weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung. Durch den angespannten geopolitischen Kontext werden sie noch verstärkt. Uns interessiert: Wie wirken sich neue Technologien auf die Menschenrechte aus? Wie lässt sich Zwangsarbeit verhindern? Wie lassen sich Voraussetzungen schaffen, die bei der Umsetzung einer noch größeren Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte hilfreich sind?

Welchen Stellenwert hat Corporate Governance in Ihrer Arbeit?

Deleuze: Corporate Governance macht nach wie vor einen großen Teil unserer Einzelmandate aus. Die Unternehmensleitungen sind zunehmend gefordert, ESG-Risiken zu überwachen und Interessenkonflikte zu vermeiden. Es gibt nach wie vor Fragen: Zum einen bezüglich der offensichtlichen Diskrepanz zwischen der Vergütung von Führungskräften und der Unternehmensleistung. Zum anderen hinsichtlich der Diskrepanz zwischen der Vergütung des oberen Managements und der Vergütung aller anderen Mitarbeiter. Einen guten Einblick in die Praxis gibt unsere Broschüre „ESG im Bankensektor“.

Großen aber auch kleineren Unternehmen wird eine umfassende Berichterstattung auferlegt. Ist dieser offensichtliche Zwang zielführend?

Deleuze: Die Forderungen nach einer detaillierteren Kommunikation und Berichterstattung werden täglich von Regulierungsbehörden, Kunden, der Gesellschaft und natürlich von unseren internen Stakeholdern selbst gestellt! Die Forderungen nach einer neuen Berichterstattung sind legitim, und das Einfordern einer transparenten Berichterstattung ist Teil der Verantwortung von Candriam.

Wie hält es Candriam mit einem systematischen datengetriebenen Ansatz zur Einschätzung der Ziel- und Portfoliounternehmen?

Deleuze: Für eine detailliertere Berichterstattung sind leistungsfähige Systeme erforderlich. Das ESG-Team bei Candriam verfügt über eine eigene Datenbank für die Koordinierung und Überwachung von Engagement-Aktivitäten. Unsere Datenbank ist Teil der firmenübergreifenden Datenbank von Candriam und wird durch die Beiträge der ESG-Analysten und unserer Investment-Teams gespeist. Wir verfolgen den Verlauf des Engagements für jeden Emittenten, einschließlich der Details der Abstimmungen und der zugehörigen Begründungen, der Details jedes Engagements wie Auslöser, Ziele, Themen, Meilensteine auf dem Weg zum Ziel, erwarteter Zeitrahmen und die Auswirkungen des Engagements auf unsere ESG-Meinung und Investitionen.

 

Welche Erfolge zeigen sich?

Deleuze: Die Hinterlegung dieser Details erfordert ein gewissenhaftes Team. Aber es zahlt sich aus: Wir sind punktgenau organisiert und verfügen über wertvolle Informationen, um unsere Investment-Ressourcen gezielt zu allokieren. In den vergangenen Monaten hat uns unsere Datenbank geholfen, zu klären, inwieweit die Unternehmen auf dem Weg zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung vorankommen. Und wie wir die SFDR-Richtlinien (Sustainable Finance Disclosure Regulation, die EU-Verordnung zu nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, Anm. d. R.) erfüllen; eine Leistung, die von allen unseren Stakeholdern eingefordert wird und der wir transparent nachkommen.

Was zeigt ein Blick in die Zukunft?

Deleuze: In der ersten Jahreshälfte halten die meisten Unternehmen ihre Hauptversammlungen ab: In den vergangenen beiden Quartalen forderten die Investoren durch die Bank mehr Transparenz und echte Verpflichtungen in den Bereichen Klima, Biodiversität, Mitarbeitervielfalt und faire Entlohnung. Auffällig war, dass die Zahl der von der Unternehmensleitung unterstützten Say-on-Climate-Vorschläge stark zurückgegangen ist. Die üblichen Querelen im Zusammenhang mit der Beilegung von Governance-Problemen in Unternehmen sind derweil unverändert weiterhin im Schwange.

Wie unterstützt Candriam die Anliegen der Aktionäre?

Deleuze: Wir unterstützten Initiativen zur Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten auf Hauptversammlungen. Hier ist insbesondere die Vereinfachung von Co-Filing-Verfahren oder die Forderung nach einer Standardisierung von Say-on-Climate-Vorschlägen zu nennen. Eine informierte Abstimmung setzt voraus, dass die Aktionäre Zugang zu ausreichend umfassenden, klaren und verständlichen sowie detaillierten Informationen über die wichtigsten ESG-Probleme erhalten. Es sollte zugleich transparent dargestellt werden, wie die Unternehmen mit den ESG-Problemen konkret umgehen.

Doch auch in der Vermögensverwaltungsbranche selber sehen wir „Wachstumsschmerzen“. Die Begeisterung für firmenübergreifende Kooperation hat zu einer explosionsartigen Zunahme von entsprechenden Initiativen geführt. Aus der Sicht des Investors achten wir genau darauf, diejenigen Initiativen auszuwählen, die gut organisiert und effizient sind – etwa die einer großen Gruppe, die von einem erfahrenen und angesehenen Asset Manager koordiniert wird, oder auch die Initiative einer kleinen Gruppe, in der alle Beteiligten einander bekannt sind und sich aufeinander verlassen können. Initiativen, die einfach verpuffen, ohne ihre geplanten Ziele zu erreichen, vergeuden die Zeit und Kraft der Branche der Vermögensverwalter, die ebenfalls immer mehr Berichtspflichten haben. Wir alle in der Investmentbranche prüfen daher die Engagements zum Wohl aller Vermögensinhaber sorgfältig.

Reibereien bleiben aber nicht aus, oder?

Deleuze: Einige Engagements, vor allem im Bereich Klima, führen zu großen Spannungen zwischen Emittenten und Investoren. Auch in der Interaktion zwischen Unternehmen und anderen Stakeholdern beobachten wir zunehmende Spannungen. Die Zahl der Rechtsstreitigkeiten nimmt zu, die sich mit Plänen zur Energiewende oder dem Umgang mit Plastik beschäftigen.

Wäre es nicht denkbar, einfach ein Portfoliounternehmen zu verkaufen, anstatt sich aufwendig zu engagieren?

Deleuze: Wir sind aktive Eigentümer und stehen in der Pflicht unserer Kunden, der Anleger. Wir machen von unseren Rechten Gebrauch, wenn wir glauben, dass Maßnahmen erforderlich sind, um den langfristigen Wert für unsere Kunden zu steigern und einen nachhaltigen Nutzen für die Gesellschaft insgesamt zu schaffen. Gelegentlich ist aber eine Veräußerung tatsächlich die Lösung.

Aber lassen Sie mich das klarstellen: Wir ziehen es vor, Partner zu sein und die Emittenten auf ihrem Weg zur Verbesserung der ESG-Transparenz und -Praxis zu begleiten. Wenn wir uns weiterhin engagieren, dann deshalb, weil wir auf den Willen und die Fähigkeit vieler Unternehmen vertrauen, nachhaltige Leistungen zu erzielen.

Hier geht es zum aktuellen Engagement-Bericht von Candriam.

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