David Bouchoucha von BNP AM „Die Delle im Fundraising hilft dabei, die Märkte abzukühlen“

David Bouchoucha ist Leiter Private Assets bei BNP Paribas Asset Management und spricht im Interview zu den Private Markets.

David Bouchoucha ist Leiter Private Assets bei BNP Paribas Asset Management und spricht im Interview zu den Private Markets. Foto: BNP Paribas Asset Management

Private Markets haben in den vergangenen Jahren den Weg in deutsche Portfolios gefunden – wird sich dieser Trend angesichts der höheren Zinsen fortsetzen? 

David Bouchoucha: Niedrige Zinsen waren natürlich ein beschleunigender Faktor für die Entwicklung der privaten Märkte. Aber die grundlegenden Gründe für eine Allokation in diesen Märkten bleiben in einer Welt mit höheren Zinsen bestehen.

Nämlich?

Bouchoucha: Zugang zu einem diversifizierten und unkorrelierten Anlageuniversum, geringere kurzfristige Volatilität als börsennotierte Instrumente und im Allgemeinen über den Zyklus eine Renditeprämie als Gegenleistung für die Illiquidität. Öffentliche Daten zeigen, dass sich nach den Rekordjahren 2021 und 2022 die Mittelbeschaffung und die Investitionen in private Märkte etwas verlangsamen, was zu erwarten war, da viele Kunden im Laufe der Zeit sehr große Portfolios aufgebaut haben. Große institutionelle Kunden betrachten Privatmärkte jedoch weiterhin als strukturellen Bestandteil ihrer Portfolios, während kleinere institutionelle Kunden und Privatbankkunden zunehmend ein Engagement in der Anlageklasse aufbauen.

Renditen gibt es aber jetzt sogar ohne d Illiquidität. Wie verändert das die von Ihnen angesprochende Nachfrage?

Bouchoucha: Die Anleger konzentrieren sich mehr auf die anderen Vorteile der privaten Märkte: positive Beiträge zu Diversifizierung und Korrelation sowie eine Absicherung gegen Inflation. Darüber hinaus suchen sie zunehmend nach Lösungen, die ihnen helfen, ihre Ziele bei der Finanzierung des Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu erreichen. Daher sind Anlageklassen wie Infrastruktur derzeit stärker gefragt, insbesondere wenn es um nachhaltige Anlagethemen geht. Auch das Fundraising bei Private Dent ist im vergangenen Jahr noch gewachsen.

 

Aber die Ausfallraten könnten weiter steigen ...

Bouchoucha: Die Phase extrem niedriger Ausfallraten war sehr lang – in den direkten Kreditbüchern, aber auch in den Bilanzen der Banken. Nach Covid sind die Ausfallraten dank der staatlichen Eingriffe noch weiter gesunken. In einem normalisierten wirtschaftlichen Umfeld ist es daher unvermeidlich, dass die Ausfallraten zu steigen beginnen.

Was bedeutet das?

Bouchoucha: Unternehmen differenzieren sich mehr: Es gibt die, die gut geführt werden und andere. Die, die besser auf den wirtschaftlichen Übergang vorbereitet sind und andere. Die, die eine wettbewerbsfähige Position haben, die es ermöglicht, Kostensteigerungen an die Kunden weiterzugeben, und eben andere. Öffentliche Datem im Unternehmenssektor und im Leverage-Finance-Sektor belegen diesen Trend. Wir glauben jedoch, dass es sich hierbei um eine Normalisierung des Umfelds handelt, bei der Kreditnehmer sich stärker unterscheiden, und nicht um einen systemischen Trend. Wenn direkte Kreditgeber richtig selektieren, ist das der beste Weg ist, um die Interessen der Anleger zu schützen. Es ist auch wichtig zu betonen, dass sich der Markt auch an dieses normalisierte Umfeld anpasst: Ein geringerer Verschuldungsgrad und höhere Spreads bei Unternehmenskrediten sind zu beobachten, um die Anleger für das zusätzliche Risiko zu entschädigen. 

„Anleger wägen ihre Risikobereitschaft ab, vornehmlich, wenn sie in der Vergangenheit bereits große Positionen aufgebaut haben.“

Und bei Private Equity und Immobilien?

Bouchoucha: Stehen vor einer etwas größeren Herausforderung. Anleger wägen ihre Risikobereitschaft ab, vornehmlich, wenn sie in der Vergangenheit bereits große Positionen aufgebaut haben. Allerdings ist die Situation jedes Anlegers aufgrund der Zusammensetzung seines Portfolios und seiner Risikobereitschaft unterschiedlich. Wir sind davon überzeugt, dass Anleger in den Private Markets über Sektoren hinweg allokieren müssen und verschiedene Typen von Fremd- und Eigenkapital dabei eine Rolle spielen können.

Welche Renditeniveaus sind für die jeweiligen Segmente noch realistisch?

Bouchoucha: Als allgemeiner Trend haben sich die erwarteten IRRs im Debt-Segment bei Floating-Rate-Strategien aufgrund des Euribor-Anstiegs und der verbesserten Spreads bei einigen Anlageklassen dramatisch verbessert. Um eine gewisse Perspektive zu geben: Sehr defensive Schuldtitel wie vorrangige Infrastrukturanleihen bieten jetzt einen erwarteten IRR von etwa 5 Prozent auf der Grundlage des aktuellen Euribor-Niveaus, während nachrangige oder Unitranche-Anleihen in Unternehmens- oder Sachwerten nahe an die 10-Prozent-Marke heranrücken und in einigen Fällen sogar darüber liegen. In Bezug auf Private Equity wird die Zeit zeigen, wie sich die Multiplikatoren und der IRR an die neue Realität anpassen werden. Ein starker Fokus auf effektive Wertschöpfung ist der Schlüssel, um die höheren Renditen, die PE-Investoren von der Anlageklasse erwarten, längerfristig zu schützen. Was schließlich die Infrastruktur betrifft, so unterscheidet sich der Markt zwischen den Kernanlagen, die ein sehr defensives Profil aufweisen und daher eine geringere Rendite deutlich unter 10 Prozent aufweisen, und den Core- und Value-Add-Profilen, die eher mit Private-Equity-ähnlichen Renditen vergleichbar sind. 

 

Höhere Renditen sind die eine Seite. Auf der anderen Seite verlangen Asset Manager aber tendenziell höhere Gebühren als für liquide Anlagen.  Hat sich dieser Trend inzwischen verlangsamt?

Bouchoucha: Private Märkte sind ein sehr etablierter Markt, der mit einer sehr großen Anzahl von Akteuren äußerst wettbewerbsintensiv ist. Anleger sind daher in einer guten Position, um die Akteure miteinander zu vergleichen und Teil eines wettbewerbsintensiven Marktes zu sein. Der Marktstandard für die Private Markets besteht darin, Verwaltungsgebühren zu enthalten, die eine sehr intensive Arbeit an jeder Transaktion widerspiegeln – Marktzugang und Due Diligence unterscheiden sich strukturell von börsennotierten Anlagen – und für einige Sektoren wie PE, Infrastruktur und Segmente der privaten Kreditvergabe Mechanismen zur Angleichung der Zinsen, bei denen ein Teil der Leistung mit den Teams oder Verwaltungsgesellschaften geteilt wird. Die Anleger befürworten im Allgemeinen eine solche Beteiligung der Spieler und die Ausrichtung des Interesses. Schließlich wird jeder Marktteilnehmer nach dem Wert beurteilt, den er den Anlegern bringt, bewertet durch Nettomultiplikatoren auf investiertes Geld oder Netto-IRR.

Ist es so, dass zu viel Kapital immer noch nach zu wenigen Investitionen sucht? Die Nachfrage drückte teilweise die Renditen.

Bouchoucha: Es stimmt, dass an den Private Markets in den vergangenen Jahren die Menge an Dry Powder deutlich anstieg. Manch einer macht sich deshalb natürlich Gedanken zu dessen Einsatzfähigkeit und der Preisdisziplin. Und zwar sowohl bei Private Equity, als auch bei Private Credit und Infrastruktur. Aber: Die Investorennachfrage geht Hand in Hand mit der erhöhten Nachfrage aus der Wirtschaft zur Finanzierung von Projekten und Unternehmen. Immer mehr Unternehmen verlassen das börsennotierte Umfeld oder verzichten darauf, in dieses einzusteigen. Das vergrößert das Anlageuniversum für Private Equity. Anderes Beispiel: Die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, wird durch die Regulierung eingeschränkt, was natürlich die Verfügbarkeit von Möglichkeiten für die direkte Kreditvergabe erhöht. Und am wichtigsten ist, dass die Investitionsbeträge, die erforderlich sind, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, eine Quelle großer Investitionsmöglichkeiten sind, insbesondere in die Infrastruktur.

Zweitens ist Preisdisziplin der Schlüssel für Anlageteams, aber auch für erfahrene Anleger, die bei der Fondsselektion auf die Preisdisziplin achten. Dies erklärt, warum viele Akteure in der Lage waren, immer mehr Geld aufzubringen, ohne auf Rendite zu verzichten. Eine weitere wichtige Möglichkeit, dem Preisdruck aufgrund von trockenem Pulver zu entkommen, besteht darin, dass sich die Anlageteams einen proprietären und starken Dealflow sichern. Bei BNP Paribas Asset Management zum Beispiel nutzen wir unseren privilegierten Zugang zu Unternehmen und Projektsponsoren, was uns einen proprietären Zugang zu einem sehr starken Dealflow verschafft.

Zu guter Letzt hilft die Delle im Fundraising – auch wenn sie unserer Ansicht nach nur vorübergehend ist – dabei, die Märkte abzukühlen, an denen sich zu schnell Dry Powder angesammelt hatte.


Über den Interviewten:

David Bouchoucha ist Leiter Private Assets bei BNP Paribas Asset Management. Er kam 2010 als Leiter des institutionellen Vertriebs zu BNP Paribas Asset Management. Bevor er zum Asset Manager der französischen Bank wechselte, war er Leiter der Gruppenstrategie bei der BNP-Paribas-Gruppe, wo er seit 2007 tätig war. Zuvor hatte er leitende Positionen im französischen Ministerium für Finanzen und Industrie inne.

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