Vor Brexit Auf Top-Banker kommen neue Regeln für Kündigungsschutz zu

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Hire and Fire: Abgeschwächter Kündigungsschutz für Top-Banker?

Zu den Sonderregeln zur Gestaltung der variablen Vergütung kam jetzt ein neuer Kündigungsschutz für Top-Banker. Doch hier lohnt es sich, genauer hinzusehen:

Mit der Änderung des Paragraf 25a Absatz 5a KWG wird nicht das Ziel verfolgt, den Risikoträgern ihren Kündigungsschutz vollständig zu entziehen. Es wird eine vereinfachte Option geschaffen, ein Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Das betrifft Risikoträger, deren jährliche regelmäßige Grundvergütung das Dreifache der Bemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung überschreitet. Diese lag 2019 bei mehr als 241.200 Euro brutto in West-Deutschland. Nach Schätzungen der Bundesregierung wird dabei eine Anzahl von 5.000 Betroffenen nicht überschritten werden.

Bei dieser Gruppe der Top-Verdiener wird ein Antrag des Finanzinstituts als Arbeitgeber auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung mehr bedürfen. Gemeint ist damit der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsgericht gemäß Paragraf 9 Absatz 1 S. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Ein solcher Antrag setzt voraus, dass eine vorherige Arbeitgeberkündigung vom Gericht für unwirksam erklärt wurde. Damit bleiben die Anforderungen an die eigentliche Kündigung unverändert. Eine Kündigung ist also weiterhin an den Anforderungen des KSchG zu messen. Es kommt auf einen personen- oder verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigungsgrund an.

Die Vergütung ist ein wichtiger Indikator für den Beitrag, den der betroffene Risikoträger zur Verwirklichung der Geschäftsziele des Instituts leistet. Er zeigt an, welches Level an Verantwortung und welche Pflichten er hat und welche Leistung er erbringt. Bei einer Vergütung, die so hoch ist, dass sie das Dreifache der Bemessungsgrenze überschreitet, ist der geleistete Beitrag zur Verwirklichung der Geschäftsziele dementsprechend hoch. So hat die berufliche Tätigkeit des Risikoträgers eine wesentliche Auswirkung auf das Risikoprofil des Instituts und auch die vorgenannte Auswirkung auf die Stabilität des Finanzmarktes.

Sonderarbeitsrecht für Top-Banker?

Die Kombination ist sicher einzigartig im deutschen Arbeitsrecht: Der Gesetzgeber verpflichtet Arbeitgeber dazu, in bestimmten Fällen große Teile der Vergütung von einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern zurückzufordern. Daneben erlaubt er Arbeitgebern auch noch, eben die Arbeitsverhältnisse dieser Betroffenen – gegen Abfindung – begründungslos zu beenden. Diese Änderung ist zwar eine in den Kündigungsschutz der Top-Banker einschneidende Regelung, dennoch kann von einer Aufweichung des Kündigungsschutzes hier nicht gesprochen werden.

Schon deshalb nicht, weil hier nur der gerichtliche Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung mehr bedarf, im Übrigen der Kündigungsschutz bezüglich der Kündigung aber erhalten bleibt. So gilt wohl hier nun eher der Grundsatz: Dulde und liquidiere! Und auch nicht sofort, denn die Neuregelung soll erst für Kündigungen gelten, die nach Ablauf von acht Monaten ab dem 29. März 2019 zugehen.



Über die Autoren:
Jan Tibor Lelley ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und einer der führenden deutschen Arbeitsrechtsexperten. Er ist Partner im Frankfurter Büro von Buse Heberer Fromm.

Diana Ruth Bruch ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Buse Heberer Fromm und Coach des Jessup Moot Court Teams der Ruhr-Universität Bochum.

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