Armut und Ungleichheit beseitigen Über die Notwendigkeit von Impact Investing im Anleihemanagement

Jean-Philippe Donge, Anleihechef bei BLI - Banque de Luxembourg Investments

Jean-Philippe Donge, Anleihechef bei BLI - Banque de Luxembourg Investments: Der Vermögensverwalter managt in einem Impact-Portfolio Anleihen, die helfen sollen, Armut auf der Welt zu beseitigen. Foto: BLI - Banque de Luxembourg Investments

Bei  der nachhaltigen Entwicklung haben wir uns in den vergangenen Jahren auf Investitionen konzentriert, die einen Impact an der Basis der wirtschaftlichen Pyramide hatten – dort, wo Menschen mit nur wenigen Dollar am Tag leben müssen. Unser Ziel beim Management unseres Impact-Portfolios war es immer, eine spürbare positive Veränderung des Alltags der Armen und ihrer Gemeinschaften zu erzielen. Insbesondere wollten wir dazu beitragen, dass der Zugang zu Kapital für diese Menschen erleichtert wird.

„In jedem Land haben viele Menschen wenig Aussicht auf eine bessere Zukunft. Hoffnungs-, ziel- und würdelos stehen sie im Abseits der Gesellschaft und beobachten, wie andere zu immer größerem Wohlstand gelangen. Weltweit konnten sich zwar viele aus der extremen Armut befreien, aber noch mehr haben weder die Möglichkeiten noch die Ressourcen, ihr Leben selbst zu gestalten. Viel zu oft bestimmen noch Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder das Vermögen der Eltern den Status einer Person in der Gesellschaft.“

Aus dem Human Developement Report 2019  Quelle: Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen

Um jedoch unser Management zu einem Vektor der Veränderung zu machen und zur Lösung der zahlreichen sozialen Probleme beizutragen, mussten wir unsere Art der Anlage weiterentwickeln. Zunächst haben wir daher den gesetzlichen Rahmen untersucht und den Handlungsspielraum abgesteckt, der sich uns bei Mikrofinanzanlagen bietet. Dabei sind wir strukturiert vorgegangen.

Zunächst haben wir uns nur auf diejenigen Länder konzentriert, die gemäß unseren Analysen ein politisches und gesetzliches Umfeld mit ordnungsgemäß ablaufendem Mikrokreditgeschäft aufweisen. Unsere Investitionen richteten wir zudem auf Vermittler aus, die nahezu ausschließlich Kreditportfolios für Unternehmensgründer anbieten – im Unterschied zu Konsumkrediten oder anderen Geschäftszweigen, die nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligt sind.

Unser Impact-Anlageuniversum ist naturgemäß auch in Ländern vertreten, die vom Radar unserer traditionellen Anlagen, wie Staats- oder Unternehmensanleihen in Schwellenländern, nicht erfasst werden und in denen es keinen reifen Kapitalmarkt gibt. Dies war zum Beispiel in Bolivien der Fall, in Kirgistan, Sri Lanka oder Kambodscha.

Das Impact-Anlageuniversum lässt sich kaum mit der Auswahl klassischer festverzinslicher Anlagen vergleichen. Und doch erlaubt es dem Anleger, mit einer gewissen Präzision eine soziale Rendite zu erzielen – zusätzlich zu einem Mindestmaß an finanzieller Rendite. Wir verbinden unser Know-how in der Kapitalanlage und in der Strukturierung von Anlagevehikeln mit der sozialen Innovationskraft unserer Partner.

Dies erlaubt uns, soziale Wirkung zu erzielen und gleichzeitig Finanzziele im Blick zu behalten. Damit handeln wir im Interesse unserer Anlegerinnen und Anleger und gleichzeitig auch der Mikro-Unternehmerinnen und -Unternehmer, die in bisweilen so abgelegenen Gegenden tätig sind wie in ländlichen Gebieten Sri Lankas. Mit der Zeit haben wir unseren Aktionsradius und die Art unserer Anlageziele immer weiter diversifiziert.

Sie reichen vom einfachen Mikrokredit über die Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum für arme Bevölkerungsgruppen bis hin zum Erwerb von landwirtschaftlichem Gerät. In jüngerer Vergangenheit haben wir uns zudem aktiv an der Finanzierung des Zugangs zu erneuerbaren Energiequellen für diese Bevölkerungsschichten beteiligt.

Die Annahme der nachhaltigen Entwicklungsziele 2015 ermöglicht es uns, unsere Tätigkeit noch stärker zu strukturieren. Angesichts der gesellschaftlichen, ökologischen und klimatischen Ereignisse der vergangenen Jahre ist die Ungleichheit, die durch die Wachstumsmodelle aller Länder der Erde – von China bis zu den USA – verursacht wird, stärker in unser Bewusstsein gerückt. Zudem zeigen die vielen Protestbewegungen wie „Occupy Wall Street “, „Indignados“ in Spanien, die Proteste der jungen Generation in Tunesien und Ägypten, die Gelbwesten in Frankreich und viele andere, dass Anleger in unseren Entwicklungsmodellen – und auch in unseren Strategien – mehr Gerechtigkeit einfordern.

In jüngerer Vergangenheit erleben wir, auch dank der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, einer Initiative zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs), wie sich langsam, aber konkret ein Wandel auch in einer speziellen Anlageklasse vollzieht: dem Anleihenmarkt. Die genannten Faktoren und die Bereitschaft der Regierungen – aber auch und vor allem der Gesellschaft als ganzer – im Einsatz für eine gerechtere Entwicklung haben zur Entstehung einer neuen Anlagekategorie geführt: den sogenannten Green Bonds. Dieser Begriff umfasst eine Reihe von Anlageprodukten mit Impact, die für Marktakteure und für Anlageinstrumente zugänglich sind, die bei der Nutzung von Finanzinstrumenten in ihren Portfolios gesetzlichen Auflagen unterliegen.

Diese neuen Angebote sind für uns naturgemäß ein Instrument, mit dem wir unser Engagement an der Basis der Wirtschaftspyramide sinnvoll ergänzen können. Mit der Verwendung von Green Bonds in unseren Portfolios können wir unterschiedliche Projektarten in den Fokus nehmen, die meisten von ihnen Infrastruktur- oder Umwelt- und Klimaprojekte, die beispielsweise auf die UN-Entwicklungsziele „Nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11)“ ooder„Maßnahmen zum Klimaschutz (SDG 13) einzahlen.

 

Über den Autor:
Jean-Philippe Donge ist Anleihechef bei BLI - Banque de Luxembourg Investments. Er managt unter anderem europäischen Rentenfonds BL-Global Bond.

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