Marcus Stollenwerk von Flossbach von Storch „Ich möchte nicht mit dem Kleinbus zum Kunden fahren“

Marcus Stollenwerk leitet die Vermögensverwaltung von Flossbach von Storch

Marcus Stollenwerk leitet die Vermögensverwaltung von Flossbach von Storch: Foto: Hardy Welsch

private banking magazin: Kurt von Storch hat als Ziel ausgegeben, Flossbach von Storch zum führenden Ansprechpartner für private und mittelständische Vermögen zu machen. Was müssen Sie dafür tun?

Stollenwerk: Zuallererst unser Leistungsversprechen erfüllen, besser übererfüllen: Vermögen real in der Kaufkraft zu erhalten, in dem wir es möglichst intelligent allokieren und strukturieren. Angesichts des Krisencocktails aus Inflation, Krieg, Pandemie und Lieferkettenengpässen dürfte das in den kommenden Jahren anspruchsvoller denn je werden. Insofern sind Expertise und Erfahrung gefragt. Wir haben die kritische Größe, um uns Research- und Analysekapazitäten leisten zu können. Wir sind ein eigentümergeführter Mittelständler, weshalb wir ausschließlich den Interessen unserer Kunden verpflichtet sind. Und wir betreiben ausschließlich Vermögensverwaltungsgeschäft. So soll es auch bleiben.

Aber: Wenn das Geschäft wachsen soll, müssen auch die Kapazitäten eines Mittelständlers wachsen. 

Stollenwerk: Diese Abwägung ist ein schmaler Grat. Wir müssen dem Wachstum und den gestiegenen regulatorischen Anforderungen durch eine adäquate personelle Ausstattung Rechnung tragen – einerseits. Andererseits wollen wir den mittelständischen und partnerschaftlichen Charakter niemals verwässern. Bei der Suche nach Mitarbeitenden dürfen wir also nicht undifferenziert vorgehen, sondern uns nur gezielt da verstärken, wo es auch nötig ist. Zuletzt haben wir etwa die Teams für private und institutionelle Investoren sowie den Kundenservice vergrößert; auch das Portfoliomanagement wird wachsen. Kundenbücher werden wir aber nicht einkaufen. Wir sind in der Vermögensverwaltung rein organisch – ohne Beratungsgeschäft und Lagergeschäft – auf ein verwaltetes Vermögen von deutlich über 20 Milliarden gewachsen. 

„Größe darf niemals Selbstzweck sein – es geht vielmehr um die dahinterstehende Haltung“

Fast schon mehr als nur mittelständisch.

Stollenwerk: Ein größerer Mittelständler. Wobei Größe niemals Selbstzweck sein darf – es geht vielmehr um die dahinterstehende Haltung. Das ist, was uns letztlich auszeichnet. Und das ist, was Kurt von Storch zuallererst meint, wenn er sagt, wir möchten in Deutschland erster Ansprechpartner für private und mittelständische Vermögen sein. 

Sie haben das verwaltete Vermögen angesprochen. Haben Sie ein Ziel veranschlagt?

Stollenwerk: Nein, haben wir nicht. Es geht darum, einen sehr guten Job zu machen. Wenn uns das gelingt, die Märkte mitspielen, dann ist es vermutlich nicht völlig verwegen, zu sagen, die Assets könnten sich in den kommenden fünf Jahren nochmals verdoppeln. Die Größe des Marktes gäbe es jedenfalls her. Das aber bitte nicht als Prognose missverstehen! Eines ist klar: Wir sehen Chancen, weiterzuwachsen, gehen dabei aber mit Augenmaß vor.

 

Wie differenziert sich die Vermögensverwaltung eines Hauses, dessen eigene vermögensverwaltende Fonds Bestandteil vieler Portfolios anderer Vermögensverwaltungen sind?

Stollenwerk: Die Wurzeln von Flossbach von Storch liegen in der privaten Vermögensverwaltung. Erst später haben die Gründer die Dienstleistung auch in den Mantel eines Publikumsfonds gehüllt. Die dahinterstehende Anlagephilosophie, aus der dann die Anlagestrategie erwächst, sind identisch. Und genau das würde ich als Stärke des Hauses bezeichnen. Kunden verlangen von uns eine kongruente und identische Investmentstrategie. Es ist nicht der Mantel oder die Hülle, die eine Strategie definieren, sondern es geht vielmehr um die Frage, in welchen Mänteln und Hüllen sich unsere Strategie umsetzen lässt. Und nicht zuletzt sei gesagt, dass wir als ein großes Kompliment empfinden, dass sich der Wettbewerb ebenfalls unserer Strategien im Bereich Vermögensverwaltung bedient.

Heißt: Das Vermögen, das Sie in der Vermögensverwaltung allokieren, sind die Mandate, die sich über Publikumsfonds nicht darstellen lassen?

Stollenwerk: Wenn die Vermögen größer werden oder Family Officer zwischengeschaltet sind, verlangen Mandanten zunehmend spezielle Anlagerichtlinien, bei institutionellen Investoren kommen regulatorische Vorgaben dazu. Im Rahmen unserer Korsetts und ab gewissen Anlagevolumina versuchen wir das zu berücksichtigen. Wir verwässern aber nie unsere Investmentstrategie und lehnen deswegen auch Mandate ab.

„Ich halte nichts von Betreuungskonzepten, die auf Teams in Größe einer Fußballmannschaft beruhen und möchte nicht mit dem Kleinbus zum Kunden fahren“

Wie segmentieren Sie?

Stollenwerk: Mit Flossbach von Storch One bieten wir einen digitalen Zugang zu sieben verschiedenen Vermögensverwaltungsstrategien ab einer Anlagesumme von 100.000 Euro. Ab einer Summe von 2,5 Millionen Euro erfolgt die Betreuung durch einen individuellen Ansprechpartner. Depotmandate mit individuellen Anlagerichtlinien und direktem Zugang zum Portfoliomanager ermöglichen wir ab 10 Millionen Euro. Spezialfonds erfordern ein Volumen von 25 Millionen Euro, weil darunter die Fixkosten zu hoch sind.

Wie sieht das Betreuungsmodell in der Vermögensverwaltung aus?

Stollenwerk: Ein Kunde sollte zentrale Ansprechpartner haben. Das sind in der Regel die Ansprechpartner, die auch die Performance verantworten: die Portfoliomanager. Insbesondere bei zunehmenden Vermögensgrößen werden die Fragen vieler Mandanten aber komplexer: Nachfolgeregelungen, Stiftungen oder volkswirtschaftliche Entwicklungen. Im Haus selbst haben wir deshalb Thinktanks geschaffen: das Investment Office oder das Research Institute. Bei Bedarf werden also von den zentralen Ansprechpartnern Experten hinzugezogen. Ich halte nichts von Betreuungskonzepten, die auf Teams in Größe einer Fußballmannschaft beruhen und möchte nicht mit dem Kleinbus zum Kunden fahren.

 

Sollen weitere Thinktanks oder ergänzende Leistungen in der Vermögensverwaltung etabliert werden?

Stollenwerk: Wir betreuen nur Vermögen, die wir mit unseren Instrumenten bearbeiten können, mit einem Fokus auf liquide Anlagen, die noch von Direktbeteiligungen wie Private Equity flankiert werden. Passt diese Vermögenssituation, können wir zusätzlich Controlling, Managerselektion, strategische Asset Allocation und Vermögensstrukturierung umsetzen. Aber auch nur dann. Zur Abgrenzung: Wenn ein Vermögen durch illiquide Anlagen wie Immobilien dominiert ist oder ein Single Family Office nach einem Unternehmensverkauf ein größeres Vermögen in Form eines Hedgefonds strukturiert, können wir nicht helfen. 

Wird am anderen Ende der Vermögensgrößen das Mass-Affluent-Segment im deutschen Vermögensverwaltungsmarkt vernachlässigt?

Stollenwerk: Das kann ich nur für uns beantworten und glaube das nicht. Die Kundschaft, die ins Mass-Affluent-Segment hineinwächst, ist sehr digitalaffin. Der Kanal einer Vermögensverwaltung mit digitalem Zugang – bei gleichbleibendem Qualitätsanspruch – ist für die kommenden zehn Jahre also durchaus der richtige. Wir können neben der Entwicklung und der Allokation heute schon sämtliche relevanten Informationen zum Portfolio und der Marktentwicklung über unsere FvS-One-App für die Kunden zur Verfügung stellen. Die Portfolios werden dabei genauso verwaltet, wie es bei größeren „normalen“ Mandaten der Fall ist.

„Wir dürfen nicht vergessen: Es geht oft auch darum, Kunden von manchen Dingen abzuhalten.“

Braucht es eine Individualbetreuung dann für diese Kundengruppe überhaupt noch?

Stollenwerk: Der Anspruch an qualifizierte Beratung ist zuletzt eher gestiegen. Meine Erfahrung ist: Die überwiegende Mehrheit deutscher Privatinvestoren will das Thema delegieren. Dafür brauchen die Mandanten eine überzeugende Dienstleistung und in schwierigen Kapitalmarktphasen einen Ansprechpartner, den sie anrufen, fragen oder herausfordern können. Wir dürfen nicht vergessen: Es geht oft auch darum, Kunden von manchen Dingen abzuhalten. Ob sich das in 15 Jahren mit mehr Digitalisierung und Finanzbildung ändern lässt, vermag ich nicht zu sagen. Die Aktienquote unter den Deutschen ist noch immer gering, der Beratungsbedarf immens groß.

Wie erreichen Sie diese potenziellen Kunden?

Stollenwerk: Wir bieten nichts Haptisches, sondern eine Dienstleistung an. Deswegen kommt ein wesentlicher Teil unseres Neukundengeschäfts durch Empfehlungen von Bestandskunden zustande. Und das funktioniert bei Flossbach von Storch sehr gut.


Über den Interviewten:
Marcus Stollenwerk ist im April 2020 zu Flossbach von Storch gewechselt. Seit 1. Januar 2021 hat er die Leitung der Vermögensverwaltung von Kurt von Storch übernommen. Zuvor war Stollenwerk rund neun Jahre für die UBS tätig und leitete dort zuletzt das Wealth Management in Deutschland.

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