Strategien zur ESG-Transformation Der EU-Aktionsplan und wie die Fondsindustrie damit umgeht

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Die Umfrage-Teilnehmer

Im Rahmen der qualitativen Studie hat Scope detaillierte Interviews mit zehn aktiven Asset Managern zu ihrer ESG-Transformationsstrategie durchgeführt. Die Teilnehmer ver­walten jeweils ein Vermögen von mehr als 100 Milliarden Euro und sind global aktiv. Des Weiteren wurden die Nachhaltigkeitsberichte und ESG-Unternehmenspräsentationen von 20 weiteren Fondsgesellschaften untersucht.

Mit Blick auf die Anzahl der befragten Asset Manager und der untersuchten Berichte erhebt die Auswertung keinen Anspruch, repräsentativer Natur zu sein. Dennoch lassen sich bereits Indikationen ableiten, die einen belastbaren Überblick über die Hintergründe und Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsstrategien liefern.

Die an die Teilnehmer gerichteten Fragen bezogen sich auf folgende Aspekte:

  • Wird das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Hause strategisch oder taktisch ange­gangen beziehungsweise umgesetzt und was waren die Hintergründe dafür?
  • Worin unterscheidet sich Ihr Nachhaltigkeitsanspruch von dem anderer Mit-bewerber?
  • Welche organisatorischen Implikationen hat das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Hause und welche Faktoren sind entscheidend?

Im Folgenden werden die Kernergebnisse der Studie zusammengefasst und vorgestellt. Es ergeben sich drei Hauptkategorien, die sich zum einen mit den Hintergründen für die Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie, der Art und Weise der organisatorischen Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und zum anderen mit den ESG-Fokusthemen auf der Investmentseite befassen.


Treiber der Nachhaltigkeitsstrategie

Zusammenfassend bewegen sich die Hintergründe, die zur Entwicklung einer Nachhaltigkeits­strategie bei den Fondsgesellschaften geführt haben, zwischen zwei Polen: historische und regulatorische.

Zu den historischen Auslösern zählt vor allem die Nachfrage von Kunden. So gab ein Teilnehmer an, bereits Mitte der 2000er Jahre eine Anfrage von einem eher „nach­haltigkeits­fernen“ institutionellen Kunden für ein Sustainable-Global-Sovereign-Mandat erhalten zu haben, was zum Aufsetzen eines entsprechenden Sustainable Advisory Board führte. Im Zuge dieser Entwicklung wurde eine Erweiterung des Konzepts um nachhaltige Unter­nehmens­anleihen besprochen und beschlossen. Es folgte ein weiterer Ausbau der Nach­haltig­keitsexpertise, der schließlich in dem heutigen Ziel mündete, ausschließlich Sustainable Investments anzubieten.

Ein weiterer Teilnehmer fasst die von Kunden getriebene ESG-Ausrichtung wie folgt zusammen: „We already had and have a plan, and regulation was not the driving force – it was and is fitting to our clients´ needs.“

Auf der anderen Seite weisen zahlreiche der befragten Asset Manager eine langjährige Historie im Bereich Corporate Governance / Sustainability auf, die auch als Fundament beziehungsweise Auslöser der jüngsten ESG-Ausrichtung dient.  

Eine inhabergeführte Kapitalverwaltungsgesellschaft wiederum gab an, dass verant­wortungs­volles Investieren seit Gründung der Gesellschaft Bestandteil der Unter­nehmens­­strategie ist und externe Einflüsse durch regulatorische Anforderungen eher als Verstärker denn als Auslöser betrachtet werden. Daher: Ausbau anstatt Auf­bau der Nachhaltigkeitsstrategie.

Auffallend waren einige Gemeinsamkeiten der Gesellschaften mit einer langjährigen Nach­haltig­keits­historie, die in den Interviews zutage traten: In der Ausgestaltung der Nach­haltig­keits­strategie lag ein Schwerpunkt stets auf einem ausgewogenen Verhältnis zwischen der Not­wendig­keit nach­haltigen Investierens und den Rendite­er­wartungen der Kunden. Bei den Umfrage-Teil­­­nehmern mit kürzerer Nachhaltig­keits­historie hingegen stand zumeist die reine Erw­eiterung der Nachhaltigkeitspalette durch Neuauflagen oder Repositionierung im Vor­dergrund. Kurzum: Je umfangreicher die Erfahrungen mit nachhaltigen Investments und den Anforderungen der Investoren, desto größer das Bestreben, Nachhaltigkeit und Rendite­streben in Einklang zu bringen.   

Ein weiterer markanter Unterschied: Interview-Teilnehmer mit langjährigen ESG-Erfahrungen erwähnten die Unterzeichnung der UN-PRI eher beiläufig. Anders die Interviewteilnehmer mit kürzerer ESG-Erfahrung: Bei ihnen wurde die Unterzeichnung der UN-PRI im Interview deutlich umfangreicher – oder sogar als Meilenstein – hervorgehoben.

Abgesehen von den individuellen Beweggründen für die Einführung einer Nachhaltigkeits­strategie spielen die Herkunftsländer der Fondsgesellschaften eine Rolle. In den Niederlanden, Belgien, Frankreich und einigen skandinavischen Ländern war Nach­haltig­keit weitaus früher präsent als in anderen europäischen Ländern. Getrieben wurde diese frühzeitige Einführung vor allem durch gesetzliche Vorgaben und Anlagerichtlinien im Rahmen der Altersvorsorge, die ESG-Aspekte berücksichtigten. Diese Umstände be­günstigen verständlicherweise einen längeren „ESG Track Record“ von Gesell­schaften aus diesen Ländern.


Langfristige ESG-Ambitionen

Die langfristigen ESG-Ambitionen der Fondsgesellschaften ließen sich nicht eindeutig klassifizieren. Die in den Interviews häufig gehörte Aussage, man wolle ein „leading sustainable asset manager“ werden und sich zu einer Benchmark für Nachhaltigkeit entwickeln, erscheint sehr allgemein und eher unzureichend für eine ausreichende Differen­zierung im Wettbewerb.

Immerhin: Ein Teil der Befragten nannte die weitere Entwicklung der Inhouse-ESG-Methodik sowie den Aufbau der Engagement-Historie als Differenzierungsmerkmale. Auch die Engagement-Strategie und die ESG-Investmentmethodik wurden häufig als künftige Differenzierungsmerkmale identifiziert. Ein weiterer Teil der Teilnehmer orientierte sich auf die Frage, wofür die Gesell­schaften mit Blick auf Nachhaltigkeit langfristig wahr­ge­nommen werden möchten und worin sie sich von anderen Gesell­schaften unterscheiden, an einem oder mehreren Sustainable Development Goals.  

So lag der Schwerpunkt eines Interviewpartners bei „Ecological Transition“, andere Gesell­schaften fokussierten sich allgemeiner auf „Climate Change“. Konsens bei den Um­frage-Teilnehmern bestand darin, dass eine strikte eindimensionale Fokus­sierung nicht zielführend sei, sondern eine mehrdimensionale mit jeweiliger Schwer­punktsetzung, die sich beispielsweise aus einer Wesentlichkeitsanalyse ergeben kann.

Eine Auswertung dieser „Materiality Analysis“ nach dem GRI-Standard im Rahmen der Sustainability Reports der jeweiligen Fondsgesellschaften kommt zum Ergebnis, dass einer der wichtigsten Aspekte die Bekämpfung des Klimawandels ist.