Vermögensverwaltung im Wandel Wie Kunden den Umbruch der Finanzbranche vorantreiben

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Relationship Managers (RMs) werden zweifellos auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Bankbeziehung spielen. Sie werden sich jedoch im Hinblick auf die Erwartungen, die an sie gestellt werden, weiterentwickeln müssen. Ihre Rolle muss künftig über die Transaktionsabwicklung und die reine Finanzberatung hinausgehen. Vielmehr müssen Sie zu Partnern und persönlichen Beratern werden, denen ihre Kunden vertrauen und die den veränderten Bedürfnissen der neuen Generation gerecht werden.

Angesichts des breiten Spektrums an Beratungs- und Unterstützungsleistungen, die von der nächsten Generation gefordert werden – von der Nachlassplanung und maßgeschneiderten, nachhaltigen Anlagelösungen bis zur Einrichtung von Stiftungen – müssen RMs stärker als Netzwerk-Koordinatoren fungieren. Sie müssen in der Lage sein, die nächste Generation mit anderen Kunden oder geprüften Anbietern zusammenzubringen, wenn sie dadurch neue Lösungen finden, aus der Erfahrung anderer lernen oder Ideen austauschen können.

Es überrascht nicht, dass die Umfrage auch das Interesse der nächsten Generation an nachhaltigen Anlagen hervorhob. Eher unerwartet zeigte sich jedoch, dass trotz dieses Interesses bisher nur wenige Investitionen getätigt wurden. Die Umfrage ergab, dass nachhaltiges und Impact Investing die Anlageklasse ist, über die die nächste Generation am wenigsten weiß. Dabei gaben 55 Prozent an, dass ihr Wissen über Impact Investing unzureichend sei, und nur 24 Prozent sind tatsächlich bereits in Nachhaltigkeits- und Impact-Investing-Produkte investiert. 86 Prozent äußerten jedoch Interesse an solchen Anlagen. Vermögensverwalter müssen rasch und effektiv agieren, wenn sie die Nachfrage in diesem unerschlossenen Bereich bedienen möchten.

Die Vermögensverwaltungsbranche könnte davon profitieren, sich an der Modebranche zu orientieren. In dem Bewusstsein, dass eine Anpassung an eine veränderte Kundschaft vonnöten ist, haben große Luxus-Modehäuser eine tiefgreifende Erneuerung vorgenommen und eine grundlegende Wende in Bezug auf ihr Leistungsversprechen vollzogen. Dies beinhaltete auch radikale Veränderungen der Produktpalette, der Kundenansprache (Social Media und digitale Kanäle) und der Vertriebs- und Kundenbetreuungsformate – häufig über Inkubatoren mit Vertretern der nächsten Generation, die das neue Angebot testeten. Mithilfe dieser Änderungen konnte die Luxus-Modebranche bei jüngeren Kunden, von denen viele das Vertrauen in traditionelle Marken verloren hatten, wieder an Präsenz und Glaubwürdigkeit gewinnen.

Vermögensverwalter und Finanzinstitute sollten sich eingestehen, dass sie nicht alle Antworten parat haben, und sorgfältig ermitteln, worin die Werte und Ansprüche der nächsten Generation bestehen. Nur dann werden sie das nötige Wissen erlangen, um sich erfolgreich neu definieren zu können. Ist der Bankensektor bereit für einen solchen radikalen Wandel? Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte: Ihm bleibt weder die Wahl noch viel Zeit für die Umsetzung.


Über die Autorin:

Viola Steinhoff Werner ist Leiterin des neuen Departements Next Generation and Families der Credit Suisse sowie Geschäftsführerin und Gründerin der YIO (Young Investors Organization).

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