Ob seine Zeit als Schüler in einem Internat im nordrhein-westfälischen Kleve, der Ferienjob in einer deutschen Fabrik in Karlsruhe oder die Semester als Austauschstudent in Köln – Philipp Oddos Verhältnis zu Deutschland ist nicht bloß geschäftlich. „Daher kommt meine Leidenschaft für Deutschland“, sagt der französische Privatbankier im Interview mit dem Tagesspiegel.
Fokus auf Familienunternehmen
Die Bundesrepublik hat es ihm aber auch in anderer Hinsicht angetan: Seine Bank habe einen starken Fokus auf Familienunternehmer und Deutschland sei nun mal das Königreich der Familienunternehmen, so Oddo. Auch die Tatsache, dass Deutschland und Frankreich zusammen für 60 Prozent der Aktienmarktkapitalisierung der Eurozone stehen, mache den Aufbau einer deutsch-französischen Bankengruppe sinnvoll.
Deren Profitabilität sei in Deutschland noch nicht so hoch wie in Frankreich. In Sachen Effizienz sei man aber schon vorangekommen: Mittlerweile arbeiteten in Deutschland mehr Menschen im Vertrieb und dafür weniger in der Verwaltung. Eine bewährte Methode für motivierte Mitarbeiter sei die Beteiligung am Unternehmen, so Oddo. 25 Prozent der deutschen Kollegen seien inzwischen im Schnitt mit 10.000 Euro an Oddo BHF beteiligt. So könne man die besten Talente halten.
IT-System aus Tunesien
Zudem werde man langfristig auf ein günstiges IT-System umstellen, gebaut und gepflegt von einem Team aus 150 tunesischen Entwicklern, was billiger und moderner sei. Die BHF-Bank hatte im Herbst vergangenen Jahres die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Entwickler von Banking-Software, Avaloq, beendet.
Den deutschen Mittelständlern will der französische Privatbankier den Börsengang nahebringen, der sinnvoll sei und Vorteile bringe. Zwingen wolle er die Betroffenen natürlich nicht, diese sollten den Gang an die Börse aber nicht per se ablehnen.
Auch zur Kritik des französischen Präsidenten am deutschen Exportüberschuss nimmt Oddo Stellung, der Macron in diesem Punkt eine taktische Haltung bescheinigt, um die Verhandlungsposition seines Landes zu verbessern: Man könne diesen Deutschland als Vorzeige-Schüler unter den EU-Staaten nicht anlasten, denn in der Schule gelte dasselbe wie im Klassenzimmer – die guten Schüler seien nicht für die Ergebnisse der schlechten Schüler verantwortlich.