Marktgespräch ... mit Armin Müller „Private Equity ist vom Zentralbank-Agieren mehr abgekoppelt“

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Dienstleistung ist die Person hinter den Diensten. Soziale Veränderung und zunehmende Toleranz haben das Bild und Eigenbild der Private-Banking-Berater in Bezug auf Werte und Haltungen in den vergangenen Jahren verändert. Wenn Kollegen oder Mitarbeiter sagen, dass „Diversity“ in Bezug auf Denken, Handeln und im Auftreten heutzutage das neue Normal ist ...

Müller: ..., würde ich dem voll zustimmen. Banken galten lange Zeit in Bezug auf ihre Mitarbeiter und in der Außenwirkung als klassisch, konservativ und stereotyp. Dies hatte zur Folge, dass der Finanzdienstleistungsbereich traditionell Menschen begeisterte die gehäuft zahlenaffin, rational, verantwortungsvoll und risikoabwägend waren. Diese Merkmale gelten nach wie vor. Verändert hat sich jedoch die Umsetzung und Ausprägung dieses Psychogramms: Die Diversität der Wealth Manager heute hat im gleichen Maße zugenommen, wie die Unterschiedlichkeit der Kunden und derer Bedürfnisse. Insofern ist, gerade bei international und interkulturell agierenden Banken, divers das neue Normal.

Investment-Banking und Wealth Management sind in Finanzinstituten meist zwei verschiede Geschäftssegmente. Wenn der Markt sagt: Die Trennung beider Bereiche ist deshalb richtig, weil beide unterschiedliche Zielgruppen bedienen …

Müller: …, würde ich antworten, dass mein Maßstab als Wealth Manager nicht der Blick nach innen ist, hin zu der Aufteilung interner Geschäftsbereiche, sondern nach außen, hin zum Kunden. Dort sehe ich beispielsweise erfolgreiche Unternehmer mit spannenden Fragestellungen; auf der Unternehmerseite und der Unternehmensseite. Daraus folgt, dass eine vollumfängliche Betreuung eines professionellen Wealth Managements die Vermögensverwaltung ebenso abdecken können sollte wie einen Unternehmensverkauf oder eine komplexe Finanzierung. Ein Dienstleister für Kunden mit komplexen Vermögensstrukturen sollte alle Kompetenzen und Möglichkeiten nutzen (können), die des Wealth Managements ebenso wie die des Investmentbankings, um sich der Bedürfnisse seiner Mandanten erfolgreich anzunehmen.


Alternative Investments wie Private Equity sind einerseits interessante und relevante Anlageklassen im Wealth Management,  andererseits können viele Marktteilnehmer diese jedoch in Bezug auf die Qualität, Lieferfähigkeit und das Reporting nur unzureichend abbilden. Wenn ein Institut sagt, man sollte aus Komplexitätsgründen auf Alternative-Angebote verzichten ...

Müller: …, dann ist das falsch. Im Allgemeinen ist die Diversifikation ein Schlüssel zum Erfolg, oder sagen wir, sie führt zu mehr Stabilität und Sicherheit in Portfolios. Entscheidend ist nicht die Komplexität einer Lösung. Deshalb sollte ein Portfolio zum Beispiel nicht allein an Aktien und festverzinslichen Wertpapieren ausgerichtet werden, sondern auch Alternative Investments / Private Equity in den Blick nehmen. Ein Private-Equity-Manager kann als „Legal Insider“ die Investitionsentscheidungen intensiver analysieren, abwägen und zudem direkt auf den Wertschöpfungsprozess des Unternehmens Einfluss nehmen. Zweitens sind Private-Equity-Investments eher von Kapitalmarktstimmungen, Zentralbank-Agieren und politischen Ereignissen abgekoppelt – im Sinne einer Diversifikation. Und zu guter Letzt konnten Private-Equity-Manager auch traditionelle Anlagen outperformen. Ein Maß an Flexibilität muss bei einem Private-Equity-Investment einkalkuliert werden, denn ein vorzeitiger Ausstieg, zum Beispiel bei einer Neugewichtung oder während einer Krise, ist bei Private Equity nur bedingt möglich, dabei können erhebliche Kosten entstehen. Deshalb ist eine sorgfältige und ganzheitliche Planung notwendig.


Über den Interviewten:

Dr. Armin Müller leitet seit April 2020 die Hamburger Niederlassung der UBS. Der promovierte Private Banker kam 2010 zur UBS und war dort unter anderem als Leiter des Offshore-Geschäfts mit deutschen Vermögenden (Desk Head Wealth Management Germany International) sowie als Teamleiter an mehreren Schweizer Standorten tätig.

Über den Interviewenden:
Dr. Dražen Mario Odak ist Co-Mehrheitsgesellschafter und Vorstand der Stephan Unternehmens- und Personalberatung. Der Fokus des Unternehmens aus Bad Homburg liegt auf dem Private Banking/Wealth Management, Familienunternehmen, Family Office, Asset Management, Industrie und Immobilienwirtschaft. Alle zwei Jahre veröffentlicht er zusammen mit Peter Hannemann die Wealth-Management-Marktstudie.

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