Investments in die Gesundheitsbranche „So können geduldige Kapitalgeber außergewöhnliche Renditen erzielen“

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Investments in die Gesundheitsbranche
„So können geduldige Kapitalgeber außergewöhnliche Renditen erzielen“
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Marina Record von Baillie Gifford

Marina Record von Baillie Gifford: „Vor dem Hintergrund immer schnellerer und tiefgreifenderer Innovation, können Investoren eine entscheidende Rolle in den Anreizsystemen von Gesundheitsunternehmen spielen.“ Foto: Baillie Gifford

Die gute Nachricht vorweg: Wir befinden uns inmitten einer Phase, in der sich die wissenschaftliche Entdeckung neuer Therapieansätze und Medikamente immer rasanter beschleunigt. Damit entstehen auch neue Möglichkeiten für Unternehmen, Geld zu verdienen. Doch sehen wir bislang, dass innovative neue Therapien oft zu horrenden Preisen auf den Markt kommen.

Die Spannungen zwischen berechtigtem Gewinnstreben der Unternehmen einerseits und dem Anspruch der Patienten auf bezahlbare Therapien andererseits bilden seit langem eine wesentliche Herausforderung für das Gesundheitssystem. Fakt ist beispielsweise, dass in den Industrieländern etwa die Hälfte der Patienten mit chronischen Krankheiten ihre Medikamente aus Kostengründen nicht wie vorgeschrieben einnehmen, was zu Komplikationen, vorzeitigem Tod und höheren Kosten für die Gesundheitssysteme bei fortschreitender Krankheit führt.

Die zentrale Herausforderung besteht nun darin, ein Gleichgewicht zwischen Maßnahmen zum Schutz der Patienten gegen überhöhte Preise einerseits und der Belohnung der Unternehmen für die Entwicklung innovativer Behandlungen andererseits zu finden. Es gibt für diese Herausforderung nicht eine einzelne Antwort, da das Gesundheitssystem mit seinen zahlreichen Akteuren – von den Pharma-Unternehmen über den Regulator und die öffentliche Hand bis hin zu Ärzten und Krankenhäusern – bekanntlich sehr komplex ist.

Nun aber entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Gesundheitsbereich Innovationen, die das Potenzial haben, sowohl die angebotenen Therapien als auch den Zugang zu diesen grundlegend zu verbessern. Wir sind davon überzeugt, dass einige der Unternehmen hinter diesen Innovationen zu den großen Gewinnern der Zukunft gehören und zugleich das Gesundheitssystem fundamental nachhaltiger gestalten können als es heute ist.

Begonnen hat dies mit der Technologie der Gensequenzierung, deren Kosten von 100 Millionen pro Genom auf 500 US-Dollar gesunken sind

Ein entscheidender Faktor zur Verbesserung der Situation im Gesundheitswesen ist die Erforschung neuer Arzneimittel. Diese wird immer schneller, vorhersehbarer und zudem wiederholbar – und damit schließlich preisgünstiger. Dies ist möglich, weil wir immer bessere Technologien – etwa im Bereich Big Data – zur Verfügung haben, die es uns ermöglichen, Krankheitsmechanismen schnell und zuverlässig zu erkennen.

 

 

 

Begonnen hat dies mit der Technologie der Gensequenzierung, deren Kosten in den vergangenen 20 Jahren von 100 Millionen US-Dollar pro Genom auf 500 US-Dollar gesunken sind. Unternehmen aus diesem Bereich kündigten kürzlich an, dass sie zeitnah Lösungen zu Preisen von 200 US-Dollar beziehungsweise 100 US-Dollar anbieten werden. Weitere Technologien werden einen ähnlichen Weg nehmen. Unter dem Strich trägt dies dazu bei, die Erfolgsquote bei der Arzneimittelentdeckung zu erhöhen.

Gegenwärtig scheitern neun von zehn Medikamenten in klinischen Versuchen, und die Biopharmaunternehmen müssen die Verluste für diese neun Medikamente aus dem einen, das erfolgreich ist, wieder hereinholen. In dem Maße, wie die Entdeckung von Arzneimitteln berechenbarer wird, dürfte die Kostenbelastung durch Misserfolge sinken. Je mehr Medikamente ein Unternehmen auf den Markt bringen kann, desto mehr Spielraum hat es im Laufe der Zeit bei der Preisgestaltung, um attraktive Renditen zu erzielen.

Ein Beispiel dafür ist Alnylam, ein US-amerikanisches Forschungsunternehmen, das 2002 gegründet wurde und an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq unter dem Kennzeichen Alny gelistet ist. Das Unternehmen macht sich die Entdeckung der RNA-Interferenz der beiden Nobelpreisträger Andrew Fire und Craig Mello zunutze. Mit-Gründer des Unternehmens sind der Nobelpreisträger Phillip Allen Sharp und der Deutsche Thomas Tuschl, der einen wesentlichen Anteil an der Entdeckung der RNA-Interferenz in Säugetierzellen hatte. Alnylams fünf kommerzielle Medikamente weisen eine Erfolgsquote von 60 Prozent in den klinischen Studien auf. Zum Vergleich: Der Branchendurchschnitt liegt bei etwa 10 Prozent.

Unternehmen, die sich mit der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Arzneimittelforschung beschäftigen, sind ebenfalls vielversprechend, um die Kosten der Arzneimittelentwicklung drastisch zu senken. Diese Unternehmen setzen Technologien ein, um die Erfolgsquote von Vorhersagen zu verbessern, um die Entwicklungszeiten zu verkürzen und die Kosten zu senken. Recursion Pharmaceuticals, ein Unternehmen, welches eine Plattform für die Entdeckung von Medikamenten mit Hilfe von maschinellem Lernen entwickelt, schätzt, dass Alnylam 50 Prozent weniger Zeit und 80 Prozent weniger Kosten gebraucht hat, um seine fünf Medikamente herauszubringen, verglichen mit den Kosten, die bei einem herkömmlichen Ansatz entstanden wären.

Beim Zugang zu Arzneimitteln und ihrer Erschwinglichkeit geht es jedoch um viel mehr als nur um Arzneimittelpreise. Die meisten Kosten im Gesundheitswesen entstehen heute durch die Folgen von Behandlungen, die die Probleme nicht bei der Wurzel packen. Dabei führen Krankheiten, wenn sie nur auf der Symptom-Ebene behandelt werden, oft zu Komplikationen und werden immer schwieriger und teurer zu behandeln. Chronische Erkrankungen können bis zu 90 Prozent der Gesundheitskosten ausmachen.