Immobilienmarkt Deutschland So hat Corona die Karten neu gemischt

Steffen Schaack und Marc Sahling (r.) von Dr. Lübke und Kelber

Steffen Schaack und Marc Sahling (r.) von Dr. Lübke und Kelber: Die Manager sehen beispielsweise im Non-Food-Einzelhandel gute Anlagemöglichkeiten für Value-Add-Investoren Foto: Dr. Lübke & Kelber

Weitgehend robust zeigten sich die Immobilienmärkte während der Corona-Pandemie. Selbst bei Assetklassen wie Hotels oder Einzelhandelsimmobilien, die stärker von den Lockdowns betroffen waren, kam es nur vereinzelt zu Preisrückgängen. Dennoch mischte Corona auch auf den Immobilienmärkten die Karten neu. Diesen Risiko-Rendite-Mix bieten die einzelnen Nutzungsarten.

Metropolen
Sei es Frankfurt am Main, Berlin oder München: Wohnimmobilien in den so genannten Top-Städten gelten schon lange als defensives und relativ konjunkturunabhängiges Investmentprodukt für Family Offices und institutionelle Investoren. Zunehmende politische Regulierung und immer geringere Renditen sind jedoch Herausforderungen. An einigen Mikrolagen zeigen sich sogar Überhitzungstendenzen, vor allem im hochpreisigen Bereich. Forward Deals von Projektentwicklungen in den Randlagen und Speckgürteln bieten jedoch die Möglichkeit überdurchschnittlicher Rendite. Hinzu kommt, dass zahlreiche Großstädte wie Hamburg nach wie vor einen erstklassigen Risiko-Rendite-Mix bieten.

Key Fact in Metropolen: Preise für Mehrfamilienhäuser (2017 – 2021): plus 40 Prozent. Risiko-Rendite-Einschätzung: Befriedigend

B-Städte
Einige kleinere Großstädte, Universitätsstädte und Regionalzentren wachsen seit Jahren deutlich dynamischer als die deutschen Metropolen. Folglich schloss auch das diesjährige ZIA-Frühjahrsgutachten: Die Entfernung zur nächsten Weltstadt verliert als Wohnkriterium immer weiter an Bedeutung. In der Folge entwickeln sich die Miet- und Kaufpreise an vielen so genannten B-Standorten deutlich positiver. Hinzu kommt, dass gerade in den kleineren Großstädten das Angebot an zeitgemäßen Wohnungsformen für Single- oder Zweipersonenhaushalte begrenzt ist. Dementsprechend hoch ist der Nachfrageüberhang seitens der Mieter. Standorte wie Landshut und Regensburg in Bayern oder das hessische Hanau bieten zudem starke wirtschaftliche Fundamentaldaten und die besten Risiko-Rendite-Relationen in ganz Deutschland.

Key Fact für B-Städte: Mietanstieg bei Bestandsimmobilien seit 2019: plus 12 Prozent. Risiko-Rendite-Einschätzung: Sehr gut (für die beispielhaft genannten Standorte)

Wohn und Geschäftshäuser
Lange Zeit galten Wohn- und Geschäftshäuser als ‚Stiefkind‘ zwischen den Assetklassen. Nach wie vor eignen sie sich nicht für Investoren, die auf nutzungsreine Portfolios setzen. Doch die hohe Attraktivität und Resilienz gemischt-genutzter Immobilien sorgen gemeinsam mit der Rückbesinnung auf lebendige Stadtquartiere für einen deutlichen Aufwind. Zuletzt stiegen die Transaktionsvolumina sogar im zweistelligen Prozentbereich.


Hinzu kommt für Investoren, dass die Renditen an vielen Standorten oberhalb der Benchmarks für reine Wohnimmobilien liegen. Gerade beim gewerblichen Ankermieter ist jedoch eine genaue Prüfung der Bonität und der Zukunftsfähigkeit des jeweiligen Geschäftsmodells nötig – auch ein Traditionsunternehmen verspricht nicht zwangsläufig Stabilität.

Key Fact: Preiswachstum Wohn- und Geschäftshäuser seit 2019: plus 25,9 Prozent. Risiko-Rendite-Einschätzung: Gut

Büros
Nach den teilweise sehr kontrovers geführten Debatten über die Zukunft der Büroarbeitsplätze zeigt sich nun, dass die meisten Unternehmen nicht vollständig auf Homeoffice setzen können und wollen. Vielmehr sind zeitgemäße Büroflächen, die den sozialen Austausch und die kreative Ideenfindung in Teamarbeit ermöglichen, wichtiger als je zuvor. Gerade im ‚War for Talents‘ ist eine hochwertige Arbeitsumgebung ein Schlüsselfaktor. Für Investoren hingegen ist der ökologische Fußabdruck der Immobilie inzwischen ein absolutes Kernkriterium. Zertifizierte nachhaltige Flächen bieten gute Voraussetzungen für eine hohe Mietertreue und langfristig stabile Cashflows. Entsprechende Objekte gelten unter Investoren inzwischen als „Goldstandard“ in Sachen Core-Investment.

Key Fact: Spitzenrendite im ersten Halbjahr 2021: 2,8 Prozent, Risiko-Rendite-Einschätzung: Sehr gut - befriedigend (je nach Qualität und Standort)

Einzelhandel (Food und Nahversorger)
Der Lebensmittel-Einzelhandel hat vor allem während der Pandemie seine wichtige gesellschaftliche Funktion bewiesen. Supermärkte, Discounter und lokale Händler haben die Versorgung der Städte und Gemeinden sichergestellt. Dementsprechend stabil zeigten sich auch die Investmentmärkte. Doch der Lebensmitteleinzelhandel befindet sich mitten in einer Transformation.