Fondsanalyse Deluxe, Teil 25 Die etwas andere Value-Strategie

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Investmentphilosophie und -ansatz

Der Contrarian-Value-Ansatz des Fondsmanagers hebt sich deutlich von Wettbewerbern ab. Im Einzelnen wendet Solomakhin bei der Titelauswahl einen flexiblen Bottom-up-Ansatz an und sucht gezielt Unternehmen, die wegen einer oder mehrerer der folgenden Faktoren durch den Markt fehlbewertet wurden:

  • kurzfristige Anlegerpsychologie, sogenannte Behavioural Biases
  • Unter- oder Überreaktion von Marktteilnehmern auf langfristige Auswirkungen größerer Disruptionen im Geschäftsmodell
  • Urteilsbildung der Anleger auf der Basis einer künstlichen Kategorisierung des
    Unternehmens

Am Anfang des Investmentprozesses entwickelt der Manager Investmentideen. Mithilfe des großen Investmentteams identifiziert er unbeliebte Titel, die seiner Meinung nach wegen struktureller oder zyklischer Bedenken klar falsch bewertet sind. Zudem identifiziert er die schwächsten Titel mit negativen kurzfristigen Aussichten, um attraktive Short-Kandidaten zu finden. Wichtig ist ihm dabei, ein Verständnis für Branchendynamik und Unternehmenspositionierung zu erlangen, um Auswirkungen auf die Finanzdaten des Unternehmens abschätzen zu können.

Auffällig ist die flexible Allokation der Strategie. Der Fonds passt nicht ins typische Schema vieler Value-Fonds, in denen bestimmte Sektoren strukturell über- oder untergewichtet sind. Die in vielen dieser Fonds übergewichteten Sektoren – wie Finanzwerte und Versorger – sind dauerhaft unterrepräsentiert, Mittel in anderen Sektoren breit allokiert. Investitionen erfolgen im Contrarian-Value-Stil oft antizyklisch, allerdings auf Basis von Bottom-up-Einzeltiteleinschätzungen. Die Fähigkeit, sich anzupassen, zeigt sich auch bei der Entwicklung des Short-Portfolios. 2021 befanden sich in diesem noch sehr viele Ultra-high-growth-Aktien, die als Covid-Gewinner galten und extreme Bewertungen aufwiesen: Beyond Meat, Peloton Interactive oder Zoom. Das zahlte sich aus.

Aber: Seitdem hat sich die Struktur des Short-Portfolios verändert. Während es Ende 2021 noch viele zyklische Konsumunternehmen enthielt, fehlen sie dort Ende 2022 fast komplett. Größte negative Allokationen waren Titel aus dem jeweils zuvor deutlich geringer gewichteten Technologie- und Industriesektor.

Ende 2022 hob sich das Portfolio deutlich von der Masse der Wettbewerber-Fonds ab. Am stärksten übergewichtet war die Basiskonsum-Branche mit über 16 Prozent netto. Die drei größten drei Sektorpositionen waren Coty, Bunge und Ocado – nicht unbedingt klassisch defensive Werte. Auffällig war auch die regionale Übergewichtung von Europa inklusive Großbritannien, die bei mehr als 40 Prozent netto liegt. Neben der Top-Position Rolls-Royce zählten unter anderem Ericsson und Golar LNG zu den Schwergewichten. Golar LNG war 2022 der größte Renditebringer im Portfolio. Das norwegische Unternehmen baut und betreibt Floating-LNG-Terminals und profitierte von den geopolitischen Rahmenbedingungen.