Eine der bekanntesten Börsenweisheiten lautet: „Greife nie ins fallende Messer“. Schließlich ist unklar, wann der Sinkflug endet. Ein Blick ins Portfolio des Fast Global Fund von Fidelity zeigt, dass das nur die halbe Wahrheit ist: Auch ein fallendes Messer landet am Boden – und bietet dann Potenzial für eine kräftige Gegenbewegung.
Während das Gros der aktiven Fondsmanager lieber mit dem Strom schwimmt, verfolgt Dmitry Solomakhin, der den Fast Global Fund seit der Auflegung im Jahr 2013 managt, eine Contrarian-Value-Strategie. Das heißt: Er wählt für den Fonds oft Aktien aus, die zuletzt etwas schwächelten − und liegt damit sehr häufig richtig. Einen Contrarian-Value-Ansatz zu verfolgen, ist allerdings nicht ganz einfach. Um passende Titel zu finden, braucht es erstens sehr gutes Research und zweitens die mentale Stärke, sich dem Herdentrieb zu entziehen. Entsprechend ist das Angebot solcher Fonds und Ansätze überschaubar.
Dabei sind diese Strategien in der fondsgebundenen Vermögensverwaltung interessant. Sie können ein Portfolio gut ergänzen – vor allem in puncto Risiko-Rendite-Verhältnis. Schließlich erwarten Anleger in allen Marktphasen eine Outperformance gegenüber der Benchmark. In unserem Auswahlprozess analysieren wir Fonds sowohl anhand von quantitativen als auch qualitativen Kriterien. Im Folgenden gehe ich auf die Kriterien ein, die zur Auswahl dieses Fonds beigetragen haben.
Überzeugt das Investmentteam?
Im ersten Schritt klopfen wir Investmentteam sowie Portfoliomanagement ab. Fondsmanager ist Dmitry Solomakhin, der über 17 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche verfügt. Der Mathematiker, Computerwissenschaftler und BWLer kam nach Stationen als IT-Projektmanager bei Nestlé und Gillette 2006 zu Fidelity International. Dort war er zunächst Analyst im europäischen Aktienteam, bevor er 2008 Portfoliomanager wurde. Seit 2013 verantwortet er den Fast Global Fund.
Dem Manager steht ein umfangreicher Pool an Ressourcen zur Verfügung. Mit über 130 Aktienanalysten in Nordamerika, Europa, Asien und Australien hat Fidelity International ein großes Expertennetzwerk. Hinzu kommen fünf weitere Analysten, die sich speziell um die Short-Seite kümmern. Dieses hauseigene Analystennetzwerk stellt für den Manager eine wichtige Ideenquelle für die Titelselektion – zumeist nicht Konsensus-Titel – dar.
Investmentphilosophie und -ansatz
Der Contrarian-Value-Ansatz des Fondsmanagers hebt sich deutlich von Wettbewerbern ab. Im Einzelnen wendet Solomakhin bei der Titelauswahl einen flexiblen Bottom-up-Ansatz an und sucht gezielt Unternehmen, die wegen einer oder mehrerer der folgenden Faktoren durch den Markt fehlbewertet wurden:
- kurzfristige Anlegerpsychologie, sogenannte Behavioural Biases
- Unter- oder Überreaktion von Marktteilnehmern auf langfristige Auswirkungen größerer Disruptionen im Geschäftsmodell
- Urteilsbildung der Anleger auf der Basis einer künstlichen Kategorisierung des
Unternehmens
Am Anfang des Investmentprozesses entwickelt der Manager Investmentideen. Mithilfe des großen Investmentteams identifiziert er unbeliebte Titel, die seiner Meinung nach wegen struktureller oder zyklischer Bedenken klar falsch bewertet sind. Zudem identifiziert er die schwächsten Titel mit negativen kurzfristigen Aussichten, um attraktive Short-Kandidaten zu finden. Wichtig ist ihm dabei, ein Verständnis für Branchendynamik und Unternehmenspositionierung zu erlangen, um Auswirkungen auf die Finanzdaten des Unternehmens abschätzen zu können.
Auffällig ist die flexible Allokation der Strategie. Der Fonds passt nicht ins typische Schema vieler Value-Fonds, in denen bestimmte Sektoren strukturell über- oder untergewichtet sind. Die in vielen dieser Fonds übergewichteten Sektoren – wie Finanzwerte und Versorger – sind dauerhaft unterrepräsentiert, Mittel in anderen Sektoren breit allokiert. Investitionen erfolgen im Contrarian-Value-Stil oft antizyklisch, allerdings auf Basis von Bottom-up-Einzeltiteleinschätzungen. Die Fähigkeit, sich anzupassen, zeigt sich auch bei der Entwicklung des Short-Portfolios. 2021 befanden sich in diesem noch sehr viele Ultra-high-growth-Aktien, die als Covid-Gewinner galten und extreme Bewertungen aufwiesen: Beyond Meat, Peloton Interactive oder Zoom. Das zahlte sich aus.
Aber: Seitdem hat sich die Struktur des Short-Portfolios verändert. Während es Ende 2021 noch viele zyklische Konsumunternehmen enthielt, fehlen sie dort Ende 2022 fast komplett. Größte negative Allokationen waren Titel aus dem jeweils zuvor deutlich geringer gewichteten Technologie- und Industriesektor.
Ende 2022 hob sich das Portfolio deutlich von der Masse der Wettbewerber-Fonds ab. Am stärksten übergewichtet war die Basiskonsum-Branche mit über 16 Prozent netto. Die drei größten drei Sektorpositionen waren Coty, Bunge und Ocado – nicht unbedingt klassisch defensive Werte. Auffällig war auch die regionale Übergewichtung von Europa inklusive Großbritannien, die bei mehr als 40 Prozent netto liegt. Neben der Top-Position Rolls-Royce zählten unter anderem Ericsson und Golar LNG zu den Schwergewichten. Golar LNG war 2022 der größte Renditebringer im Portfolio. Das norwegische Unternehmen baut und betreibt Floating-LNG-Terminals und profitierte von den geopolitischen Rahmenbedingungen.
Aufbau und Risikomanagement
Entscheidende Kriterien bei der Fondsselektion sind für uns Portfoliokonstruktion und Risikomanagement. Das „Fast“ im Fondsnamen steht für Fidelity Active Strategy. Das heißt, dass der Manager bis zu 135 Prozent des Fondsvermögens in Long- und bis zu 30 Prozent in Short-Positionen halten kann. Dennoch ist er kein „Markt-Timer“, da das Netto-Engagement typischerweise zwischen 90 Prozent und 110 Prozent liegt. Diese Bandbreite wurde nur 2016 für kurze Zeit unterschritten.
Das Long-Book besteht in der Regel aus Titeln mit einem längeren Investmenthorizont, während Short-Book-Titel zumeist opportunistisch und kurzfristiger ausgerichtet sind. Der durchschnittliche jährliche Turnover auf Titelebene lag bei den Long-Positionen zuletzt bei circa 60 Prozent, langfristig etwas höher bei rund 80 Prozent. Kombiniert mit dem Short-Book lagen die Werte zuletzt bei etwa 100 Prozent und längerfristig etwas höher bei rund 140 Prozent.
Sowohl in Long- als auch den Short-Books werden die Positionsgrößen dynamisch gesteuert, abhängig von Überzeugung, Aktienkursentwicklung und Berücksichtigung des Brutto- oder Nettoengagements. Mit 100 bis 600 Basispunkten sind die Long-Positionen deutlich größer als die Shorts, die typischerweise bei 50 bis 200 Basispunkten liegen. Solomakhin verfolgt außerdem eine strenge Stop-Loss-Politik. Das soll verhindern, dass Short-Positionen übermäßige Risiken mit sich bringen, und begrenzt mögliche negative Effekte durch gegen ihn arbeitende Short-Positionen.
Konsistenz statt Panik
Investmentansatz und Philosophie bleiben auch in Phasen unverändert, in denen der Fonds hinter dem Index liegt. So etwa während des Covid-Abverkaufs und der folgenden Rally von Growth-Titeln und Covid-Gewinnern. Damals verlor der Fonds zunächst mehr als der Index und profitierte auch von der rasanten Erholung erst weniger. Im Portfolio fanden sich Unternehmen aus von der Pandemie betroffenen Sektoren wie der Reisebranche, der kommerziellen Luftfahrt oder dem Einzelhandel.
Trotzdem wurde das Portfolio nicht vollständig umgekrempelt. Aus Sicht des Managers war die Anlagethese bei den meisten Unternehmen intakt. Das hat sich in der langen Frist ausgezahlt. Ab dem letzten Quartal 2020 und 2021 zählten einige von ihnen zu den größten Renditebringern, darunter Rolls-Royce, Samsung, Make My Trip, Sinotrans oder auch Tripadvisor. Kurzum: Es herrschte Panik im Markt, aber nicht beim Fondsmanager. Gerade solche Phasen zeigen, dass sie guten Contrarian-Value-Investoren langfristig in die Karten spielen können.
Risiko- und Performanceanalyse
Bei unserer Fondsauswahl spielt die quantitative Analyse, in der Risiko- und Renditekennzahlen ausgewertet werden, eine große Rolle. Neben traditionellen Kennzahlen wie Tracking Error, maximaler Drawdown oder Sharpe Ratio werden Kennzahlen wie Active Share beziehungsweise Active Money einbezogen. Sie zeigen an, wie aktiv ein Fondsmanager tatsächlich agiert. Hier überzeugt der Fast Global Fund besonders. So lag der Active Share seit Fondsstart über 1 beziehungsweise das Active Money über 100 Prozent.
Möglich ist das, weil es sich um einen Long-short-Fonds handelt. Das zeigt auch, dass es sich bei Solomakhins Investmentansatz wirklich um eine Unconstrained-Strategie handelt. Mit dem Vergleichsindex MSCI ACWI hat der Fonds nur sehr wenig gemein. Das Portfolio weist auch fast keine Überschneidung mit Vergleichsgruppen auf. Historische Analysen zeigen, dass Fonds mit hohem Active Share tendenziell besser abschneiden. Der Faktor ist somit wichtig, sollte aber nicht der einzige sein. In einem „Fund Score“, einem hausinternen Analysetool, bringen wir zudem traditionelle Risiko- und Renditekennzahlen über verschiede Zeitperioden zusammen, um den Fonds quantitativ zu bewerten.
Der Fonds gehörte Ende 2022 zu den in seiner Assetklasse am besten bewerteten Fonds in unserem Fondsuniversum. Seit Fondsstart am 30. September 2013 hat er Vergleichsindex und -gruppe hinter sich gelassen. Auch die Diversifikationseigenschaften des Fonds für ein Gesamtportfolio überzeugen. Die Korrelation zu diversen Aktienindizes und Vergleichsgruppen ist gering. Vor allem 2022 war die Korrelation nochmals deutlich niedriger als im langjährigen Durchschnitt.
Fazit
Der Fast Global Fund hebt sich durch seine Portfoliostruktur deutlich vom Gros der Fonds ab. Zwar hat er eine höhere Volatilität als der Index, durch die geringe Korrelation zu Wettbewerbern und Indizes bietet er für Portfolios aber einen Diversifikationseffekt und damit einen wichtigen Mehrwert für eine Vermögensverwaltung.
Auch wenn der besondere Ansatz nicht in jeder Marktphase funktioniert, ist die kurz- und langfristige Performance sehr überzeugend – umso mehr, da die langjährige Outperformance von Growth-Werten in den vergangenen Jahren eher nachteilig für diesen Stil war. Dmitry Solomakhin hat über Jahre hinweg bewiesen, dass er das Portfolio flexibel anpassen und Freiheiten gewinnbringend nutzen kann. Gleichzeitig blieb er auch in schwierigen Phasen seinem Stil treu.
Über die Autorin:
Inga Krzeczkowska ist Gründerin und Geschäftsführerin von KI Smartwealth und bietet unter anderem Advisory für fondsbasierte Vermögensverwaltungsstrategien an. Zuvor war sie unter anderem im Asset Management der Apobank, bei LGT Capital Partners und Metzler Asset Management tätig.
Hinweis der Redaktion: Bei dem Artikel handelt es sich um keine Anlageempfehlung. Stattdessen soll er Anhaltspunkte liefern, wie man bei einer Fondsanalyse methodisch vorgehen kann, und einzelne Aspekte beleuchten. Eine umfassende und sorgfältige Beratung beziehungsweise Anlageempfehlung kann der Artikel nicht ersetzen.