Fondsanalyse deluxe, Teil 12 Darf ich vorstellen, der Quality-Faktor

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Überall – mit Ausnahme von Japan – konnte der Faktor Quality, insbesondere nach der Finanzkrise, eine herausragende und stetige Outperformance generieren. Japan stellt eine Sondersituation dar. Dort weist der Faktor auch wegen den Besonderheiten des Marktes, dazu zählen die zwei Jahrzehnte niedriger Leitzinsen, die Mehrwertsteuerreform in 2014, die demografische Struktur und andere, eine nicht so profitable Bilanz auf und zeigt sich sehr volatil. Die beste Performance wurde in Europa und den USA erzielt, gefolgt von den Emerging Marktes.

Auffällig ist die Outperformance des Quality-Faktors vor allem in Zeiten ansteigender Risikoaversion beziehungsweise in Krisenzeiten. Oftmals wird die Performance des Faktors mit dem Konjunkturzyklus und der Sensitivität der Qualitätsaktien gegenüber des Makroumfelds in Verbindung gebracht. Der Qualitätsfaktor weist allerdings auch in späten Phasen des Konjunkturzyklus oder Rezessionen hohe Outperformance auf.

Ein gutes Beispiel ist die Finanzkrise 2008. In dieser Phase konnte der Faktor in den USA, Europa oder den Emerging Marktes die Benchmark (den Blend-Index) um 10 bis 20 Prozent outperformen. Er stieg auch während anderer Marktverwerfungen. Besonders deutlich hob er sich aber während der Corona-Krise ab.


Die Corona-Krise war verglichen mit anderen historischen Beispielen einzigartig, denn während die Krise ihre Form annahm, wurde performance-mäßig nicht nur zwischen defensiven und zyklisch offensiven Sektoren unterschieden, sondern es kam primär auf die Widerstandsfähigkeit an, die jeder einzelne Sektor in dieser neuen Krise zeigte. Die Widerstandsfähigkeit jedes Unternehmens wurde auch darüber definiert, wie resistent diese gegenüber den neuen Barrieren durch den Lockdown beziehungsweise dem Social Distancing sind.

Jene Sektoren, die unter Lockdown und Social Distancing besonders gelitten haben wie Fluggesellschaften, wurden als Verlierer definiert und von Anlegern gemieden. Gewinner waren profitable Wachstumsunternehmen mit niedriger Verschuldung, die zudem durch Ausweitung der Homeoffice-Regelungen leichter an die Lockdown-Regeln anpassen konnten – bestes Beispiel sind die Technologieunternehmen.

Der doppelte Krisengewinnler

Der Quality-Faktor profitierte während der Corona-Krise also doppelt: Einerseits kann er seine Stärken aus den oben genannten Gründen ohnehin in Stressphasen ausspielen. Zudem zeigte er sich wegen seiner Präferenz für profitable Unternehmen mit gesunden Bilanzen besonders solchen Gewinner-Unternehmen zugewandt, die sich in dieser besonderen Situation als relativ resistent und anpassungsfähig zeigten.

Lediglich die positiven Meldungen über die Wirksamkeit der Impfstoff-Kandidaten Anfang November 2020 sorgten für eine historische Faktor- beziehungsweise Sektorrotation hin zu konjunktursensiblen Value-Aktien und -Strategien, was auch den Quality-Faktor temporär relative Performance kostete.

Angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen und der Möglichkeit weiterer Lockdowns, einer voraussichtlich auch mittelfristig größeren Sorge der Marktteilnehmer vor weiteren Pandemien, sowie der aktuell späten Phase im Konjunkturzyklus, dürfte der Quality–Faktor auch in den kommenden Jahren besondere Beachtung der Anleger erfahren. Ein zusätzlicher Treiber für die gute Performance des Quality-Faktors ist der Megatrend Nachhaltigkeit.

ESG als weitere Treiber

Das Thema Nachhaltigkeit und damit verbundene Investments haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Zwar besteht immer noch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Definition von Nachhaltigkeit, wodurch auch die Standardisierung der Daten zu wünschen übriglässt. Dennoch steigen kontinuierlich die Zuflüsse in solche Produkte, welche die Themen Umwelt (E), Soziales (S) und Unternehmensführung (G) avisieren. Nicht nur die Story und die politisch motivierte Regulatorik, sondern auch die zuletzt positive Performance solche Strategien scheinen immer mehr Investoren für das Thema zu begeistern.

Das gilt auch für den ESG-Fondsmarkt in Deutschland. So teilte der Fondsverband BVI kürzlich mit, dass das in nachhaltigen Fonds angelegte Vermögen inzwischen die Marke von 100 Milliarden Euro überschritten hat. Rund die Hälfte davon liegt in Publikumsfonds. Die Frage, ob ESG-Investing einen eigenen Faktor darstellt, der zu Outperformance führt, wird von der akademischen Literatur zunehmend verneint.