Mystery-Shopper der Finanzaufsicht Bafin: Viele Anlageberater nehmen Mifid-II-Regeln zu lax

Logo der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin)

Logo der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin): Die Aufsichtsbehörde hat die Ergebnisse ihrer Mystery-Shopping-Tour veröffentlicht. Foto: imago images/Hannelore Förster

Die Finanz-Probekunden der Bafin waren wieder unterwegs: Im Rahmen von Testkäufen und Testberatungen wollte die Finanzaufsicht sich einmal mehr ein Bild davon machen, wie gewissenhaft in der hiesigen Anlageberatung gearbeitet wird.

Die jüngste Mystery-Shopping-Tour der Bafin folgte auf ein Pilotprojekt von 2021. Auch damals hatten die Finanzaufseher Testkunden ausgesendet, die sich an unterschiedlichen Stellen des Finanzvertriebs probehalber beraten lassen sollten. Der aktuelle Test sei jedoch umfangreicher ausgefallen und deshalb auch repräsentativ, berichtet die Bafin auf ihrer Internetseite.

16 Finanzinstitute testeten die Mystery-Kunden und tätigten dabei 100 Testkäufe – ohne dass es am Ende auch wirklich zu Orderabschlüssen kam. Die Käufe habe die Bafin mit einer Mystery-Shopping-Aktion der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde Esma koordiniert. Die Bafin interessierte vor allem, ob die Wertpapierdienstleister ihren Kunden auch die in der Anlageberatung gesetzlich vorgeschriebenen Informationsunterlagen aushändigten – darunter die Geeignetheitserklärung und die Ex-ante-Kosteninformation. Auch die Beratung zur nachhaltigen Geldanlage stand im Fokus

Fazit der Finanzaufsicht: Das Bild sei „gemischt“. Positiv stach demnach heraus, dass 87 Prozent der Testkunden – wie gesetzlich vorgeschrieben – zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt worden seien. Auch stimmten Beraterinnen und Berater ihre Empfehlungen überwiegend auf diese Vorlieben ab.

 

Beim Erfüllen von Mifid-Pflichten Luft nach oben 

Es habe auch keine Fälle von Altersdiskriminierung mehr gegeben, wie sie die Bafin bei ihrer ersten Mystery-Shopping-Tour ermittelt haben will. Demnach seien Berater mit den gesetzlichen Vorgaben gegenüber älteren Kunden besonders sorglos umgegangen. Dieses Ergebnis fanden die Finanzaufseher aktuell nicht bestätigt.  

Dennoch gebe es in der Anlageberatung Luft nach oben, stellt die Bafin fest. Denn in beiden ausgesendeten Kundengruppen – der Gruppe im Alter von 35 bis 50 wie auch der ab 60 Jahren – kam es zum Beispiel häufig vor, dass die Tester keine Ex-ante-Kosteninformation ausgehändigt bekamen. Laut Bafin war das sogar in zwei von drei Beratungsgesprächen so. In vier von zehn Fällen erhielten die Testkunden zudem keine Geeignetheitserklärung. Im Testlauf von 2021 war das nur in 19 Prozent (fehlende Ex-ante-Kosteninformation) beziehungsweise 22 Prozent (fehlende Geeignetheitserklärung) versäumt worden.

So genau nehmen Anlageberater ihre Mifid-II-Pflichten

Grafik: Anteil von Beratungsgesprächen, in denen Berater bestimmte Pflichten nach Mifid II befolgten beziehungsweise vernachlässigten
Grafik: Anteil von Beratungsgesprächen, in denen Berater bestimmte Pflichten nach Mifid II befolgten beziehungsweise vernachlässigten © Bafin

Die Ex-ante-Kosteninfo wie auch die Prüfung der Geeignetheit von Finanzprodukten ist mit der europäischen Finanzrichtlinie Mifid II seit 2018 Pflicht. Die Ex-ante-Kosteninformation soll Finanzkunden rechtzeitig vor Erteilen einer Order über alle Kosten und Nebenkosten informieren, die in Zusammenhang mit dem Produktkauf anfallen. In der Geeignetheitserklärung sollen Berater vorab festhalten, weshalb ihre Kauf- oder Verkaufsempfehlungen zum jeweiligen Kunden passen.

Wie schon erwähnt, endeten die Anlageberatungsgespräche der Mystery-Kunden jedoch nie mit einem echten Kauf. „Wir können also nicht völlig ausschließen, dass die fehlenden Pflichtinformationen noch ausgehändigt worden wären, wenn das Beratungsgespräch mit einem Orderabschluss beendet worden wäre“, räumt Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz und zugleich Verbraucherschutzbeauftragter der Bafin, ein.

Bafin: Mystery-Shopping soll weitergehen 

Angesprochen auf die Versäumnisse ihrer Berater zeigten sich die getesteten Wertpapierdienstleister immerhin einsichtig: Man wolle die Prozesse kritisch hinterfragen und alle Berater noch einmal für die gesetzlichen Pflichten sensibilisieren, gelobten die Häuser gegenüber der Finanzaufsicht. Testkäufe der Bafin soll es auch in Zukunft geben, stellt man bei der Behörde in Aussicht. „Mystery Shopping ist für uns mittlerweile ein probates Aufsichtsinstrument“, erläutert Bock.

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