Im obersten Stockwerk der Deutschen Bank in London ist der fiese Wind, der für gewöhnlich durch die Hochhausschluchten der City of London pfeift, nicht zu hören. Die schweren Möbel in den nach Künstlern benannten Meetingräumen schlucken sogar die Schritte der vorbeihuschenden Mitarbeiter auf dem Flur. Vor den Fenstern werfen die nahen Wolkenkratzer fast friedlich ihre Silhouette gegen den Himmel. Vom Trubel der sonst vibrierenden Metropole kommt hier oben nichts an.
Auch James Whittaker wirkt entspannt. Der gebürtige Brite lehnt sich während des Interviews in seinem Stuhl zurück, lauscht den Fragen zum Wealth Management. Wenn er mit seinen Antworten dran ist, denkt Whittaker einen Moment nach, legt sich seine Worte zurecht. Nur hin und wieder scheint durch das beherrschte, aber höfliche Auftreten ein wenig Begeisterung hindurch. Zum Beispiel als es um das London geht, das unwirklich still hinter der großen Glasfront des Meetingraums liegt. „Diese Metropole ist eine so internationale Stadt mit so vielen internationalen Menschen“, sagt Whittaker dann mit spürbar erhobener Stimme. „Und deswegen kommt auch eine Menge internationales Vermögen in diese Stadt.“
Internationale Hauptstadt – und internationales Kapital?
London hat inzwischen über 9 Millionen Einwohner und damit knapp mehr als die gesamte Schweiz – das sind fast zweieinhalb Mal so viele Bewohner wie Deutschlands Hauptstadt Berlin sie hat. Fast 40 Prozent der in London wohnenden Menschen sind außerhalb des Vereinigten Königreiches geboren. Die Stadt ist dadurch in der Tat eine der internationalsten Städte der Welt. Auch in absoluten Zahlen. Wenn Whittaker also von der Weltgewandtheit Londons schwärmt, hat er durchaus Recht.
Aber beim Vermögen? War da nicht die Sache mit dem Brexit? Und haben nicht zig Finanzdienstleister ihr Personal nach Frankfurt, Paris oder Luxemburg verlegt? Fakt ist: Die Finanzdienstleistungsindustrie ist noch immer der größte Wirtschaftszweig innerhalb der britischen Hauptstadt und einer der wichtigsten im gesamten Vereinigten Königreich. Während der Bundesverband Investment und Asset Management das Volumen des deutschen Fondsmarktes auf 4,3 Milliarden Euro taxiert, weisen Studien für das Vereinigte Königreich einen Betrag von fast 10 Milliarden Euro aus. Bezieht man weitere Sektoren mit in die Bilanz ein, rechnet die Investment Association mit fast 13 Billionen Euro an verwaltetem Vermögen in 2021.
An internationaler Bedeutung haben das Vereinigte Königreich und insbesondere London also wenig eingebüßt. Die Stadt ist weiterhin die nach New York wichtigste Finanzmetropole der Welt. Der Brexit hatte vor allem im Investmentbanking Auswirkungen, wo Asset Manager Personal und Fondsdomizile ins europäische Ausland verlegten.