Vereinigtes Königreich Wealth Management zwischen Weltstadt und Brexit-Nachwehen

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Etwas unproblematischer als in Fällen wie Fondsdomizilen oder europäischen Rechtsformen für Banken gestaltete sich die Situation im Wealth Management. „Die Dynamiken im Investmentbanking sind andere als bei uns. Im Wealth Management kümmern wir uns noch immer um die gleichen Unternehmer oder hochvermögende Kunden“, erklärt Whittaker gelassen. Einen wirklich großen Einschnitt im britischen Wealth Management konnte er nicht feststellen. Gleichwohl schränkt er nach einer kurzen Pause ein: „Viele Bürger im Vereinigten Königreich werden natürlich trotz des Brexits an europäischen Bestrebungen festhalten.“

Rund vier Kilometer weiter westlich teilt man die Einschätzung Whittakers. Im noblen Mayfair unterhält die Private Bank der britischen HSBC eine Londoner Niederlassung, weder Wind noch Wolkenkratzer prägen den Stadtteil. Stattdessen sind es die vielen sandfarbenen Stadtvillen und vielleicht auch die Erinnerung an das legendäre letzte Livekonzert der Beatles, das die Band hier auf einem Hausdach spielte. Heute arbeiten nur wenige Häuser weiter Wealth Manager wie Caroline Kitidis. Sie leitet für die HSBC seit 2020 das UHNW-Geschäft in den USA sowie in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Auch Kitidis arbeitete wie Whittaker lange für die Deutsche Bank, auch sie differenziert das Wealth Management im Vereinigten Königreich von anderen Märkten anhand der besonderen Stellung der Hauptstadt: „London ist einzigartig, weil es so international ist. Wir stellen uns daher so gut auf, damit wir mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenarbeiten können.“

Vereinigtes Königreich ist einer der wichtigsten Märkte der Welt

Diese Zusammenarbeit beschränkt sich laut Kitidis nicht nur auf den heimischen Markt. Neben den von Whittaker genannten, trotz des Brexits weiter bestehenden Verbindungen zum europäischen Markt, sieht sie weitere Verknüpfungspunkte. „Das Vereinigte Königreich ist auch ein großes Offshore-Zentrum mit einem starken Schwerpunkt auf Märkten wie dem Nahen Osten und Asien“, erklärt Kititdis und fügt hinzu: „Dies hat dazu geführt, dass unsere Vermögensverwalter mehr internationale Produkte und Dienstleistungen für ihre Kunden entwickeln.“

Im internationalen Vergleich liegt der Wealth-Management-Markt im Vereinigten Königreich mit einer Größe von knapp 2 Billionen Euro knapp vor den USA und etwas hinter der Schweiz. Im Alpenstaat wird der Markt laut des International Wealth Management Centre Rankings von Deloitte auf über 2,5 Billionen Euro taxiert. Und die Deloitte-Studie gibt weitere Einblicke in das Wealth Management auf der britischen Insel: So wird der Sektor zwar von den Private-Banking-Einheiten großer Universalbanken – wie Kitidis und Whittaker sie vertreten – dominiert, gleichzeitig stehen auf der anderen Seite mehrere kleinere und unabhängige Wealth Manager sowie Online-Vermögensverwalter.

 

 

 


„Der Markt im Vereinigten Königreich ist sehr fragmentiert, besonders im UHNW-Bereich“, weiß auch Whittaker zu berichten. Der Ausblick aus dem Fenster gibt ihm Recht. In den Wolkenkratzern vor der Filiale der Deutschen Bank residieren Unternehmen wie Leadenhall und RBC Wealth Management. Schweift der Blick auf die andere Seite der Themse, lässt sich der Sitz des digitalen Vermögensverwalters Moneybox erahnen. Insgesamt finden sich in London 115 Firmen aus der Branche sowie 120 Filialen. „Wenn wir an einem Tag einen Pitch haben, konkurrieren wir dort mit drei Mitbewerbern, die bei einem vergleichbaren Pitch einen Tag später vielleicht gar nicht dabei sind“, erklärt Whittaker. Die größte heimische Privatbank des Landes ist die HSBC, es folgen Unternehmen wie Lloyds, Barclays, Standard Chartered oder Schroders.

Den alltäglichen Wettbewerb sieht Kitidis als Vorteil: „Der hohe Konkurrenzkampf auf dem Markt fördert die Effizienz und steigert das Können aller Beteiligten.“ Gleichzeitig sei der Markt stark reguliert. So gibt die Aufsichtsbehörde FCA auf ihrer Website gleich ein Dutzend Bereiche vor, in denen regulierte Wealth-Management-Unternehmen jeweils nochmals eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen müssen, um zugelassen zu werden: So gibt es etwa das Senior Managers and Certification Regime, das alleine auf 34 Seiten den Umgang mit Mitarbeitern und ihre Verantwortlichkeiten regelt. Dazu kommen nochmal ein Dutzend weiterer Richtlinien auf Unternehmensebene und zudem natürlich Vorgaben wie Priips für den Umgang mit Kunden. „Die Regulierung ist allerdings weniger eine Herausforderung als vielmehr unser Geschäftsalltag, sie spielt eine wichtige Rolle für die Arbeitsweise der Wealth Manager“, erklärt Kitidis.