UHNWI-Privileg oder „Schweizer Taschenmesser“ für den Mittelstand? Warum ein Family Office eine Dienstleistung und keine Institution ist

Ferenc von Kacsóh, Gründer und Geschäftsführer des Family Office von Pariter Fortis

Ferenc von Kacsóh, Gründer und Geschäftsführer des Family Office von Pariter Fortis: „Ein klassischer Family Officer bietet seinen Mandanten insbesondere einen geschützten Raum.“ Foto: Pariter Fortis

Immer wieder geistert der Begriff Family Office durch die Gazetten, oft auch im Zusammenhang mit Namen bekannter Persönlichkeiten. Dem Begriff haftet, selbst bei vielen Bankern, eine faszinierende, beinahe mystische Aura an. Manche glauben, es sei ein Privatsekretariat, andere verbinden es mit Nähe zu Geld und Macht. Viele glauben auch, dass ein Family Office nur die Kapitalverwaltungsgesellschaft der UHNWIs beschreibe. Andere wiederum halten es für die Privatkundenabteilung eines Finanzinstituts für Hochvermögende.

Die Historie der Family Offices

Woher kommen diese Missverständnisse? Nun, da hilft ein Blick in die Geschichte. Historische Hinweise auf die Funktionalität eines Family Office gibt es schon aus der Antike. Historisch belegbar ist das aber erst seit der Zeit von Karl dem Großen etwa zur Zeit seiner Krönung im Jahr 801. Diese ersten Family Officer waren die „Hausmeier“ des Mittelalters: Sie leiteten sich ab vom lateinischen „majordomus“, also wörtlich dem „Verwalter des Hauses“. Dabei war der Begriff Haus schon immer global gefasst und ging weit über die Verwaltung und Bewirtschaftung der Liegenschaften der Herrschenden und der Adelshäuser hinaus. Denn vor allem stand der Majordomus dem innersten Beraterstab vor.

Später, nach dem Dreißigjährigen Krieg, wurde aus den „Meier“ – zum Beispiel am Hofe der Habsburger – der Obersthofmeister, der auch den Vorsitz im „Geheimen Rat“ innehatte. Noch später wurde daraus der Hofmarschall an den Königs- und Kaiserhöfen Erst 1838, in den damals noch jungen USA, erschufen erst die Morgans und später die Rockefellers 1882 eine Art Holding, die die unternehmerischen Aktivitäten und die Vermögensverwaltung der Sippe bündelte. Ganz ohne weltliche oder kirchliche Herrschaft. Diese Holding bezeichneten die Familien erstmals urkundlich als Family Office. Heute würde man von einem Single Family Office sprechen. So wurde der Begriff offiziell geboren.

 

Allerdings war und ist der Begriff bis heute bekanntlich nicht schützbar, weshalb viele ihn sehr heterogen auslegen. Als andere vermögende Familien nachzogen und sich einige ein Family Office teilten, entstand das erste Multi Family Office.

Nochmals später, etwa Anfang der 2000er-Jahre, etablierte sich dann die heutige, heterogene Landschaft dieses Dienstleistungssektors: Damals bemächtigten sich Banken und Finanzinstitute des Begriffes. Sie setzten ihre Privatkundenbetreuer in teure Jugendstil- und Gründerzeit-Villen in bester Lage, um ihnen ein Messingschild mit diesem Begriff vor die Türe zu schrauben. Natürlich wurden die Gebühren der Vermögensverwaltung an den neuen Begriff angepasst. Geblieben ist aber die ernüchternde Tatsache, dass diese Banker unter dem Label der Beratung zumeist noch immer vor allem die Finanzprodukte ihres Institutes verkaufen, statt die Kunden wirklich nach deren Bedürfnissen zu beraten.

Unterscheidung bei der Frage der Loyalität

Rein objektiv und sachlich stellt sich daher die Frage: Wodurch also unterscheidet sich ein Family Officer des alten Schlages von einem gebundenen Finanzproduktverkäufer, der dieselbe Bezeichnung führt? In allererster Linie ist die Frage der Abgrenzung eine Frage der Loyalität: Wer Gehalt und Boni von einem Finanzinstitut bezieht, wird immer die Interessen seines Arbeitgebers verfolgen (müssen). Und eben nicht die des Mandanten, dessen Vermögen er verwaltet. Dieser Interessenkonflikt ist unvermeidbar, und der Vermögensinhaber wird im Zweifel immer der zweite Sieger bleiben. Wenn dann noch ein Sparkassen-Berater Private-Banking-Kollegen vorwirft, „nur Vermögensverwaltung“ zu betreiben, ist es für den Vermögensinhaber schwer sich des Gefühls zu erwehren, dass da der eine Esel den anderen Langohr schilt.

Der traditionelle Family Officer versteht sich als Organisator, als Koordinator und – in aller erster Linie – als ganzheitlicher Berater, und das über einen langen Zeithorizont hinweg: Man könnte im positivsten Sinne von einem „man in the middle“ sprechen, der den Vermögensinhabern den Rücken freihält.