Acht Fragen zum nachhaltigen Investieren Überblicken Sie noch die ESG-Vielfalt an Daten und Ansätzen?

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Worauf sollte man bei der Analyse einzelner Unternehmen achten?

Nehmen wir als Beispiel einen der größten Fleischproduzenten der Welt. Die Zahlen von S&P Trucost zeigen erwartungsgemäß einen großen CO2-Fußabdruck sowie einen hohen Wasserverbrauch des Unternehmens und das MSCI-Rating ist schlecht (CCC). Wenn wir die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (UN Sustainable Development Goals) als Maßstab nehmen, werden widersprüchliche Erkenntnisse von MSCI und ISS deutlich: Während MSCI einen positiven Einfluss von 97 Prozent auf die UN SDGs anzeigt, bewertet ISS den Fleischproduzenten negativ.

Das nächste Beispiel ist ein Wasserkraftwerk. Das ESG-Gesamt-Rating des Unternehmens ist AA, und sowohl MSCI als auch ISS geben dem Unternehmen gute SDG-Bewertungen. Die Zahlen für den Bereich Umwelt sind hingegen weniger gut. Der CO2-Fußabdruck des Unternehmens ist hoch und sein Wasserverbrauch wird als sehr hoch eingestuft.

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Diese beiden Beispiele zeigen, dass ESG-Ratings und -Kennzahlen für ein- und dasselbe Unternehmen gegensätzliche Ansichten ausdrücken können. Bei der Bewertung der ESG-Performance eines Unternehmens spielt somit der Kontext eine Rolle. Die Richtlinien jedes Mandats können einen individuellen Kontext schaffen, zum Beispiel Investieren mit einem speziellen Fokus auf die Reduzierung des Wasserverbrauchs. Unter diesem Aspekt würde das Wasserkraftwerk trotz des positiven Beitrags zu den SDGs höchstwahrscheinlich ausgeschlossen werden.

Diese Unterschiede zwingen institutionelle Anleger dazu, das Thema im Detail zu betrachten. Investoren müssen wissen, welche Datenlieferanten ihre Präferenzen am besten übermitteln und müssen Reputationsrisiken durch Missverständnisse vermeiden.

Lassen sich alle ESG-Daten quantifizieren?

Um in einem globalen Anlageuniversum Kontroversen herauszufiltern oder den ökologischen Fußabdruck eines Portfolios berechnen zu können, müssen diese Informationen quantifiziert werden. Datenanbieter liefern auf qualitative Fragen wie „Verstößt dieses Unternehmen gegen ethische Arbeitspraktiken?", ein binäres Ergebnis, das gefiltert werden kann.

Im Falle des ökologischen Fußabdrucks muss der Datenlieferant zunächst die „Wasserintensität" definieren und diese Frage mit einer absoluten oder relativen Zahl beantworten, die ein Asset Manager im Portfoliokonstruktionsprozess verwenden kann. Während sich Umweltbelastungen, wie CO2-Emissionen oder Wasserverbrauch, leicht quantifizieren lassen, bleibt die Quantifizierung sozialer Auswirkungen ein Problem.

ESG-Ratings sind, ähnlich wie Bond-Ratings, sehr facettenreich und stützen sich auf qualitative Aspekte, während ESG-Kennzahlen spezifisch und eindimensional sind, wie zum Beispiel CO2-, Wasser- und Abfallintensität. Sowohl ESG-Ratings als auch ESG-Kennzahlen zeigen den aktuellen Zustand eines Unternehmens. Ein Fokus auf SDGs bietet eine zukunftsorientierte Perspektive.


Die Entwicklung hin zu immer mehr und immer komplexeren Daten spielt quantitativen Asset Managern in die Hände. Sie sind in der Lage, riesige Datenmengen in nützliche Informationen umzuwandeln und diese den Präferenzen der Kunden entsprechend einzusetzen. Während in der Vergangenheit die Meinung vorherrschte, dass ESG und quantitative Ansätze nicht zusammenpassen, sind quantitative Asset Manager heute zunehmend konkurrenzfähig bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und haben womöglich sogar einen Wettbewerbsvorteil bei der Integration von ESG in Anlageprozesse.