pbm institutionell: Mehr und mehr Anleger wollen nachhaltig investieren und entwickeln eigene Nachhaltigkeitskonzepte. Ein Kraftakt in der Praxis?
Carsten Lang: Wir orientieren uns als kleiner mittelständischer Versicherer an Leitlinien und machen die Nachhaltigkeit in erster Linie an der Sicherheit der Altersvorsorge und der Altersrückstellung in der privaten Krankenversicherung fest. Es würde unseren Kunden nichts nützen, wenn wir uns besonders nachhaltig aufstellen würden, aber nicht mehr in der Lage wären, unseren Zinsverpflichtungen nachzukommen, und deshalb die Beiträge erhöhen müssten. Es darf kein Zielkonflikt zwischen Nachhaltigkeit und Rendite bestehen. Aber schon immer erfolgten unsere Investitionen nach den Regeln des „gelebten Anstands“, so haben wir beispielsweise nie Nahrungsmittelspekulationen betrieben. Entwicklung und Management von nachhaltigen Investmentkonzepten sind natürlich zunächst mit Aufwand verbunden. Die Integration von Nachhaltigkeit in das Risikomanagement kann aber auch positive Effekte haben, da hierdurch beispielsweise materielle Risiken – Stichwort Stranded Assets – identifiziert werden können.
Stefan Fritz: In den Stiftungen der Erzdiözese München und Freising wurde zunächst die Nachhaltigkeit als eines von vier Anlagezielen formuliert. Dies hat beispielsweise Auswirkungen auf das Berichtswesen. Wir wollen als kirchlicher Investor transparent sein. Bevor Anleger die Nachhaltigkeit im Portfolio verankern, sollten sie klären, ob diese auf gleicher Stufe mit den monetären Anlagezielen steht. Das ist aus meiner Sicht die Ausgangsfrage, die man sich stellen muss.
Axel Hesse: Man sollte aber nicht vergessen, dass bei den heutigen Kapitalmarktbedingungen im Fixed-Income-Bereich jeder Basispunkt zählt. Als Investor kann man einen breit gefassten Nachhaltigkeitsansatz verfolgen. Aber nicht jedes nachhaltige Investment führt zu mehr Rendite, weder kurzfristig noch langfristig. Man muss herauskristallisieren, welche Nachhaltigkeitskriterien entscheidend für die finanzielle Performance sind. So lässt sich langfristig mehr Rendite erwirtschaften.
Welche Erfahrung haben Sie mit Nachhaltigkeitskonzepten gemacht?
Michael Dittrich: Wir bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt beschäftigen uns seit 2004 mit der Nachhaltigkeit in der Vermögensanlage und haben das magische Dreieck der Geldanlage, das aus den Eckpunkten Rentabilität, Sicherheit und Liquidität besteht, vor vielen Jahren zu einem Viereck gemacht, indem wir die Nachhaltigkeit als gleichberechtigtes Thema betrachten. Sie dominiert die klassischen Finanzkriterien zwar nicht, sie ist ihnen aber auch nicht nachgeordnet. Aktuell erörtern wir beispielsweise die Frage, was man bei der Betrachtung des CO2-Impacts eines Portfolios beachten muss. Ein Problem ist, dass es häufig noch an umfassenden Daten mangelt.
Silke Stremlau: Man sieht allerdings schon an einfachen Beispielen, ob eine Organisation wirklich nachhaltig ist. Besonders stören uns unnütze Geschenke, die wir auch heute noch zur Weihnachtszeit erhalten. Daran zeigt sich, ob ein Investmenthaus oder auch ein Investment Consultant das Thema Nachhaltigkeit in seiner DNA hat. Wenn Investoren die Nachhaltigkeit so betreiben, wie wir das tun, benötigen sie ein Trüffelschwein unter den Asset Managern. Die Fondsgesellschaft muss auf der Suche nach Pionier-Unternehmen sein, die zur Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme beitragen. Diese Unternehmen finde ich nicht im Euro Stoxx 50 und auch nicht im Dax.