Novelle des Geldwäschegesetzes Das Ende der Unschuldsvermutung?

Stefan R. Haake (li.) und Ferenc von Kacsóh vom Family Office Pariter Fortis

Stefan R. Haake (li.) und Ferenc von Kacsóh vom Family Office Pariter Fortis: Gedanken über den Sinn und Unsinn einer Novelle des Geldwäschegesetzes Foto: Lisa Miletic Photography

Vielfach wird Steuerhinterziehung mit Geldwäsche gleichgesetzt. Das ist so jedoch unzutreffend, aber vielleicht darf man Sie als böse Verwandte bezeichnen. Doch zunächst die Relevanzfrage: Über welche Summen sprechen wir, wenn es um die jährlich hinterzogenen Steuern geht? Nun, es liegt in der Natur der Sache, dass es da nur Schätzungen geben kann. Bislang kamen die plausibelsten Zahlen vom Ökonomieprofessor Richard Murphy, der an der City University of London lehrt.

Ihm zufolge sind es in der EU jährlich rund 825 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der EU-Haushalt für die Periode 2021 bis 2027 erreicht eine Höhe von 1.074 Milliarden Euro. Deutschland belegt mit geschätzten 125 Milliarden Euro im EU-Vergleich Platz 2 hinter Italien. Und: 125 Milliarden Euro sind ziemlich exakt 25 Prozent des Bundeshaushalts 2021.

Das Geldwäschegesetz (GwG) basiert auf dem Paragrafen 261 des Strafgesetzbuches (StGB), welcher sich mit der „Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte“ befasst, und vielfache Querverweise auf andere Gesetzestexte beinhaltet. Dieser Umstand wird auch im Paragraph 1 Absatz 1 GwG explizit ausformuliert. Darin wird Geldwäsche keineswegs als Straftat, sondern als Verbrechen definiert, was den Strafzumessungsrahmen deutlich nach oben verschiebt.

Das GwG selbst formuliert dagegen präzise aus, wer davon besonders betroffen ist, zum Beispiel PEPs, wer anzeige- beziehungsweise meldepflichtig ist, und die entsprechenden Strafen bei Verstößen. Mehr als je zuvor gilt es für Verantwortliche in Family Offices neue Mandate sorgsam auszuwählen, insbesondere dann, wenn es sich um öffentlich wohl bekannte Personen handelt. Egal wie lukrativ und außenwirksam das Mandat erscheint.

Sollte der Entwurf in seiner vorliegenden Form verabschiedet werden, steht uns allen ein Paradigmenwechsel im deutschen Geldwäschestrafrecht bevor. Denn der neu gefasste Straftatbestand soll künftig auch alles, was zum Erwerb sogenannten Schwarzgelds beiträgt, als strafbare Vortaten der Geldwäsche mit einbeziehen. Was auf den ersten Blick keine große Veränderung zur aktuellen Rechtslage zu sein scheint, ist in Wirklichkeit eine erhebliche Verschärfung: Die Querverbindung zum StGB würde dann, zum Beispiel aus der bisherigen Ordnungswidrigkeit der Meldepflichtverletzung eines Family Officers, eines Private Wealth Managers oder auch eines Immobilienmaklers die Beihilfe zu einem Verbrechen machen.


Der Verzicht auf den Vortatenkatalog macht zudem künftig die Kriminalitätsbekämpfung in diesem Bereich deutlich effektiver. Das gilt insbesondere für den Bereich der organisierten Kriminalität, bei der Täter arbeitsteilig vorgehen, und der Bezug zu bestimmten schweren Vortaten sich nicht immer feststellen lässt. So etwa bei der Rückverfolgung von verdächtigen Finanztransfers, sogenannter Follow-the-Money-Track-Ansatz, zum Beispiel in der Terrorismusfinanzierung.

Um diese anspruchsvolle Konstellation für die Strafverfolgungsbehörden zu lösen, kommen zukünftig neben Delikten der schweren und organisierten Kriminalität auch alle anderen Straftaten, durch die Vermögensgegenstände unrechtmäßig erlangt werden, als Vortaten in Betracht. Da im deutschen Strafrecht aber das schwerste Vergehen maßgeblich für die Strafzumessung ist, könnte es zukünftig heißen: „Geldwäsche, in Tateinheit mit ...“ – und damit sind automatisch alle Vortaten ebenfalls Verbrechen.

Die Geldwäsche-Strafbarkeit wird damit also deutlich häufiger als bisher greifen. Delikte wie Diebstahl, Unterschlagung, Raub, Betrug und Untreue kommen bisher als Vortaten der Geldwäsche nur in Betracht, wenn diese gewerbsmäßig oder durch Banden begangen wurden. Der Nachweis des Zusammenhangs war in der Strafverfolgungspraxis jedoch bislang meist schwierig.