Innovation, Transparenz & regulatorische Sicherheit Die Fondsstandorte Deutschland und Luxemburg im Vergleich

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Die internationale Vertriebsstrategie im Blick

Während in Deutschlands Fondslandschaft eine starke Polarität bezüglich der geografischen Vorlieben für die Vermarktung von Fondsprodukten besteht, zeichnet sich bereits seit einiger Zeit eine klare Tendenz ab. Obwohl deutsche Fondsinitiatoren in der Vergangenheit oft eine pure lokale Produktdefinition hatten – Stichwort: deutsche Fonds für deutsche Anleger –, haben sie in den vergangenen Jahren zunehmend das internationale Marktpotenzial ihrer Strategien in den Mittelpunkt ihrer konzeptionellen Überlegungen für Neuprodukte gestellt.

Dies führte nicht nur zu einem zunehmenden Interesse an Luxemburger Fonds, sondern veränderte auch die Kriterien bei der Auswahl der entsprechenden Partner vor Ort, wie zum Beispiel Verwaltungsgesellschaften, Depotbanken et cetera.

Somit spielen aktuell Kriterien wie Internationalität, Know-how bezüglich Passporting-Prozeduren, Netzwerk lokaler Repräsentanten/Partner in entsprechenden Vertriebsländern, Expertise nicht nur bei der Erstzulassung, sondern auch bei den laufenden Prozeduren und Publikationspflichten in den Zielmärkten et cetera eine zunehmend wichtige Rolle. So ist zum Beispiel die Anzahl bestehender Vertriebsvereinbarungen sowie die Qualität des Portfolios aus relevanten Distributionsplattformen und Vertriebspartnern vor Ort in den unterschiedlichen Ländern von essenzieller Bedeutung für die Bewertung der Internationalitätsstärke einer Verwaltungsgesellschaft.  

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist, dass deutsche Initiatoren von Publikumsfonds die globale Akzeptanz des Ucits-Standards als Gütesiegel sowie das damit internationale Vermarktungspotenzial erkannt haben und dies zunehmend für ihre Vertriebsaktivitäten gewinnbringend nutzen. Die statistische Analyse zeigt, dass sich die Anzahl von Vertriebsländern deutscher Publikumsfonds im Zeitablauf seit 2009 vom niedrigen einstelligen in den zweistelligen Bereich verlagert hat.

Preis nicht mehr entscheidend

Eine weitere wichtige Konsequenz dieser Präferenzverschiebung ist die abnehmende Fokussierung auf eine reine Kostenbetrachtung bei der Auswahl des geeigneten Partners für die Auflegung eines neuen Fonds. Die Erfahrung sowie aktuelle Umfragen verschiedener Verbände in Luxemburg zeigen, dass Faktoren wie Reputation des Vertragspartners, Akzeptanz bei Investoren und Wiedererkennungswert des Namens rasant an Einfluss gewonnen haben und aktiv in Diskussionen mit zukünftigen Investoren als unterstützende Argumente genutzt werden. 

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der deutsche Fondsmarkt – im Vergleich zu anderen europäischen Märkten – eine etwas langwierigere Entwicklung der implementierten Vertriebsstrategien und -kanäle zu mehr Internationalität durchläuft. Dieser Trend findet eine schrittweise Umsetzung, die bereits in der Konzeptionsphase neuer Produkte bei der Standortwahl beginnt, den nicht weniger wichtigen Schritt der Auswahl der geeigneten Partner beinhaltet und bis zur Selektion und Erschließung der relevanten Ländermärkte reicht.

Obwohl die Ucits-Richtlinie zweifelsohne den rechtlichen Rahmen für Publikumsfonds weitestgehend vereinheitlicht und damit für Rechtssicherheit dieses Marktsegments gesorgt hat, gibt es nach wie vor standortspezifische Entscheidungskomponenten und Aspekte, die einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bedeuten können.

 

Über die Autoren:
Angelina Pramova ist Head of Business Development Private-Label-Fonds bei der Fondsgesellschaft GAM in Luxemburg. Das Spezialgebiet der promovierten Volkswirtin ist die Konzeptionierung, Entwicklung und Umsetzung maßgeschneiderter Investmentfondsstrukturen nach Luxemburger Recht. In früheren Berufsstationen war sie für LRI Invest, Tungsten Capital Management und das Bankhaus Metzler tätig.

Timo Patrick Bernau ist Equity-Partner bei der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann + Kollegen in München. Seine Beratungstätigkeit umfasst die Gebiete des Bankaufsichts-, Kapitalmarkt- und Versicherungsaufsichtsrechts. Der promovierte Jurist betreut Marktteilnehmer wie Banken, Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften in aufsichtsrechtlichen Belangen und begleitet diese bei der Strukturierung und dem Aufsetzen ihrer Dienstleistungen und Produkte.

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