Ist diese Politik noch revidierbar?
In der Energiepolitik ist natürlich noch Revision möglich. Nicht im Sinne, dass wir wieder Kernenergie machen, das ist vorbei, und da gibt es keine Betreiber mehr. Aber wir können natürlich marktwirtschaftliche Prinzipien wieder in Kraft setzen – das Tempo des Zubaus von Kapazitäten an den Netzausbau koppeln. Auf jede Form der Subventionierung verzichten. Und unsere deutschen Klimaschutzziele auf europäisches Niveau zurücknehmen. Ambitioniert genug, sie ohne Kernenergie zu erreichen.
Und dafür stehen Sie?
Die anderen Parteien mögen ihren Schwerpunkt darin sehen, den Wohlstand zu verteilen und sogenannte soziale Gerechtigkeit herzustellen über staatliche Programme. Aber eine Partei muss es doch auch geben, die dafür sorgt, dass erst einmal Wohlstand erwirtschaftet wird. Und die die Bedingungen dafür verbessern will.
Auch unter einer Kanzlerin Merkel?
Es gibt in Deutschland so eine Art Sport: Merkel muss weg. Finde ich schrecklich, diese Art der personalisierten Feindschaft. Mir geht es darum, dass wir mit Ernsthaftigkeit und Vernunft über unsere Lage sprechen und schauen, wo haben wir Probleme, und wo bauen sich Probleme auf.
Womit wir beim Abgasproblem der deutschen Autoindustrie, genauer beim VW-Konzern wären. In den USA hat das Unternehmen Käufern und Händlern großzügig Entschädigungen in Aussicht gestellt. Den deutschen Kunden ist bis jetzt nichts Gleichwertiges zugesagt …
Die Frage trifft den Kern eines ganz aktuellen Themas, nämlich des transatlantischen Freihandels – Stichwort TTIP. Es war nicht das Bundesumweltamt, sondern es waren amerikanische Behörden, die das aufgedeckt haben. Wer hat jetzt die höheren Umweltstandards? In Deutschland erhalten die Verbraucher keine Entschädigung, in den USA dagegen ja. Wer kümmert sich also mehr um den Verbraucherschutz: Die USA oder Deutschland und Europa? Das zeigt, so manches Klischee gegenüber den USA hält keiner praktischen Überprüfung stand. Konkret: Diese Manipulation darf es nicht geben. Und ich halte es natürlich für notwendig, dass auch die deutschen Käufer solcher Autos eine Entschädigung erhalten, weil sie unter falschen Voraussetzungen gekauft haben.
Was wäre denn das Konzept der FDP, um gegen die weitere Vergiftung der Deutschen durch Abgase vorzugehen?
Wir haben Abgasnormen, und die müssen eingehalten werden. Ich habe keinen Zweifel, dass das mit den entsprechenden Zielen plus perspektivisch einer Steigerung der Elektromobilität gelingt. Ich sehe keinen Anlass, politisch etwas zu tun, übrigens auch nicht, den Autokonzernen zu helfen, weil sie angeblich durch Strafzahlungen überfordert sind. So ist halt Wirtschaft. Da muss ein ehrlicher Kaufmann geradestehen und zahlen. Ich würde auch keinen einzigen Euro mehr einer kranken Bank geben. Die muss im Zweifel abgewickelt werden auf Kosten der Eigentümer und Gläubiger. Auch wenn sie Deutsche Bank heißt. Marktwirtschaft heißt Haftungsprinzip, und dann muss auch mal einer aus dem Markt ausscheiden, wenn er schlecht wirtschaftet. Erst das führt doch dazu, dass die natürliche Risikobremse angezogen wird. Wir haben Zombie-Institute auf dem Markt. Und das muss abgewickelt werden.
Wären Sie bereit, einer Bankenrettung durch den Staat zuzustimmen?
Nein, ich bin sogar dafür, in die Verfassung zu schreiben, dass dem Staat das verboten ist. Und wissen Sie, was ich machen würde, wenn eine Banken-Kernschmelze droht? Dann würde ich alle Banken verstaatlichen. Das Steinbrück-Konzept von 2008 – wir bieten an, einzelne Banken zu verstaatlichen – habe ich für falsch gehalten. Denn von der Stabilisierung des Gesamtsystems damals hat die Deutsche Bank profitiert, die niemals in Schieflage geraten wäre, wenn die Commerzbank abgewiesen worden wäre. Die Deutsche Bank hat für diese Systemstabilisierung nichts bezahlt. Man sollte das machen wie in den USA. Die sind in alle Banken reingegangen und haben denen zwangsweise Eigenkapital angedient, auch den scheinbar stabilen Banken, und danach konnte der Staat sich zurückziehen und hat unter dem Strich einen Gewinn gemacht. Bei uns war das eine Form der Rosinenpickerei, eine Subvention für einzelne Institute. Der Liberale geht nicht so oft an den Markt ran, der macht keinen Bürokratismus im Einzelnen, der baut die großen Leitplanken, und wenn der Staat als Schiedsrichter eingreift, dann pfeift er ab – wie im Fußball. Wie die Banken wird uns in den nächsten Monaten auch das Thema Europa beschäftigen. Man hat den Eindruck, die Erosion ist nicht zu stoppen. Die Süd-Länder halten sich nicht mehr an die Maastricht-Kriterien, werden dafür auch nicht mehr getadelt.