FDP-Chef Lindner „Die Marktlücke für uns ist natürlich riesig“

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Wie geht das weiter?

Erstens, in einer Zeit der Globalisierung und der Verschiebung der Gewichte in den asiatischen Raum und der Instabilität rund um Europa kann es kein guter Rat sein, dass wir nationaler und kleiner und wieder mit Rivalitäten auf diesem Kontinent denken. Zweitens, das vereinte Europa darf nicht mit dem vereinheitlichten Europa verwechselt werden. Ich wünsche mir eine handlungsfähige Union …

Die könnte schon bald bei der Griechenlandrettung notwendig werden. Würden Sie einer Aufstockung der Griechenlandhilfen zustimmen?

Zunächst einmal, mit uns hätte es Sanktionen für Spanien und Portugal gegeben. Für Griechenland halte ich unverändert für das bessere Programm: Entschuldung des Staates, Ausscheiden aus der Währungsunion, Abwerten der neuen Drachme, Verbleib in der EU und europäische Fördergelder, die nicht als Kredite getarnt sind, sondern Zuschüsse in Milliardenhöhe, aber zweckgebunden, nicht in den Haushalt für Beamtengehälter und Renten, sondern Finanzierung des Mittelstands, Ausbau der Infrastruktur, Aufbau der öffentlichen Verwaltung. Das wäre ein Sanierungsprogramm für Griechenland und ein Neustart für die Eurozone, weil dann klar werden würde, Regeln werden eingehalten, wir können mit dem Geld von Draghi nicht einfach weiterwursteln wie bisher. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen.

Man hat den Eindruck, dass die FDP personell nicht eben breit aufgestellt ist, dass Sie so etwas wie eine One-Man-Show bieten.

Niemand arbeitet härter daran als ich, dass das nicht so ist. Dass auch die anderen, großartigen Persönlichkeiten wie Wolfgang Kubicki, Hermann Otto Solms, Alexander Graf Lambsdorff, Katja Suding, Nicola Beer so beachtet werden, wie sie es verdienen.

Und das reicht?

Die Projekterneuerung der FDP braucht Unterstützung aus der Mitte der Gesellschaft. Das ist aber nur der erste Schritt. Wir wollen nach der Bundestagswahl nicht aufhören und sagen, jetzt ist alles wie vorher. Der nächste Schritt nach dem Einzug in den Bundestag wird die personelle und programmatische Verbreiterung sein. Fußballerisch betrachtet: Wir sind jetzt in der zweiten Liga. Wir wollen wieder Champions League spielen, die Voraussetzung dafür ist aber der Aufstieg in die erste Liga.

Können Sie denn einen Bundestagswahlkampf überhaupt finanzieren?

Wir haben im Bundestagswahlkampf 2017 genauso viel Geld, wie es die FDP als Regierungspartei 2013 hatte. Wir haben mit den Parteifinanzen genau das gemacht, was wir auch dem Staat empfehlen: mit weniger Geld besser umgehen. Und in aller Bescheidenheit: Wir sind sehr erfolgreich darin, Spenden zu werben. 2017 wird die Auseinandersetzung schlechthin werden. Deshalb der Appell an Ihre Leser: Wem etwas daran liegt, dass es Vielfalt und Liberalität im Parlament gibt, der möge uns unterstützen.

Das Interview ist zuerst im Magazin der Berenberg Bank (Ausgabe No. 21) erschienen und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Das Gespräch führten Werner Funk und Hans Peter Schütz.

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