Das S in ESG Soziale Immobilieninvestments: „Eine Professionalisierung ist unerlässlich“

Claus Thomas, Deutschlandchef von BNP Paribas REIM

Claus Thomas, Deutschlandchef von BNP Paribas REIM: „In der Praxis ist letztlich die Kommunikation aller Beteiligter – von den Fondsmanagern, über die Asset Manager und Objektmanager bis zu den Nutzern – für den Erfolg sozialer Maßnahmen von größter Bedeutung.“ Foto: BNP Paribas Reim

Schon seit mehr als zehn Jahren erinnert der internationale Tag der sozialen Gerechtigkeit daran, Solidarität und soziale Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen zu berücksichtigen. In der Immobilienbranche scheint dieser Gedanke Anklang zu finden: soziale Nachhaltigkeit wird für Immobilieninvestoren immer wichtiger. Anders als beispielsweise klimagerechte Investitionen bleibt die soziale Dimension allerdings oft vage – worauf müssen Investoren konkret achten, wenn sie sozial nachhaltig investieren möchten?

Immobilien befinden sich in einer stetigen Wechselwirkung mit ihren Nutzern und ihrer Umwelt. Einerseits ist die Gesellschaft eng mit ihnen verbunden, andererseits prägen gesellschaftliche Anforderungen Immobilien wesentlich. Hier leben die Menschen, arbeiten, verbringen ihre Freizeit, kaufen ein oder werden im Alter gepflegt. Immobilien sind unter anderem Orte des Netzwerkens, Wohlfühlens und des Abschaltens.

In diesem Sinne können Immobilien als „Living Assets“ verstanden werden: Sie altern und reifen wie ihre Nutzer auch und prägen diese in ähnlichem Maße wie sie auch von ihren Nutzern geprägt werden. Es ist daher entscheidend, dass Immobilien nicht nur ökologischen, sondern auch sozialen Entwicklungen gerecht werden. Nachhaltig gestaltet, tragen sie dazu bei, über den gesamten Lebenszyklus hinweg die Lebensqualität der Nutzer sicherzustellen und zu verbessern. So gelingt nicht nur ein Beitrag zu einer sozial nachhaltigen Gesellschaft – gleichzeitig wird dank der steigenden Attraktivität der Objekte sowie der damit verbundenen Wertsteigerung auch eine langfristige Rendite erzielt. Entsprechende Gebäude bilden für Immobilien-Investoren mit ihrem üblicherweise langfristigen Anlagehorizont eine Konstante im Portfolio.

Dass sich das Thema soziales Engagement in Immobilienfonds widerspiegeln muss, darüber sind sich Experten einig: Alle befragten Immobilienunternehmen einer Umfrage des Beratungshauses EY aus dem Dezember letzten Jahres gehen davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren soziale Immobilienfonds immer bedeutender werden.


Sozial ausgerichtete Immobilien sollen sich positiv auf die Gesellschaft auswirken, dabei gleichzeitig aber auch betriebswirtschaftlich rentabel sein. Anders als bei Themen wie zum Beispiel der Energieeffizienz im Sinne des Umweltschutzes sind die sozialen Aspekte der ESG-Bemühungen im Immobilienbereich weniger offensichtlich. Sie sind in der Regel abstrakter als ökologische Investments. Um dem zu begegnen ist eine Professionalisierung der Disziplin unerlässlich. Es braucht klare Ziele, messbare Kennzahlen und verlässliche Standards. Sie helfen Fondsmanagern, begründete nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Vor allem aber bieten sie Investoren Orientierung, die sozial investieren möchten und sich zwischen verschiedenen vermeintlich sozial nachhaltigen Assets entscheiden müssen. Das ist besonders dann relevant, wenn diese Entscheidungen vor Kapitalgebern gerechtfertigt werden müssen.

Soziale Investments brauchen verlässliche Kennzahlen

Von bezahlbarem Wohnraum über Generationenquartiere bis hin zu Bildungseinrichtungen – Immobilieninvestments mit sozialem Fokus können sehr unterschiedlich ausfallen. Gemeinsame Richtlinien helfen daher, verlässliche, objektive Kennzahlen zu definieren. Eine Möglichkeit ist es, sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen zu orientieren. Laut dem Institut für Corporate Governance (ICG) in der deutschen Immobilienwirtschaft eignen sich dazu fünf Ziele besonders:

  • Nachhaltigkeitsziel 1: Keine Armut
  • Nachhaltigkeitsziel 3: Gesundheit und Wohlergehen
  • Nachhaltigkeitsziel 4: Hochwertige Bildung
  • Nachhaltigkeitsziel 10: Weniger Ungleichheiten
  • Nachhaltigkeitsziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden

Von diesen Zielen lassen sich messbare Indikatoren ableiten, die den Zielerreichungsgrad eines Objekts abbilden. Indem es die SDGs mit einem Quartiers-Analyseraster von CBRE und dem Real Estate Management Institute (REMI) der European Business School verbindet, hat beispielsweise das ICG ein Scoring Modell entwickelt, das ein Gerüst zur Darstellung und Messung von Social Impact Investing in der Immobilienwirtschaft bieten soll.