Nachhaltige Investments ESG-Ratings greifen zu kurz

Oliver Fischer, Partner und Präsident des Verwaltungsrates von Arete Ethik Invest

Oliver Fischer, Partner und Präsident des Verwaltungsrates von Arete Ethik Invest: ESG-Ratings reichen nicht aus, um nachhaltige Investments auszuwählen. Foto: Arete Ethik Invest

Nachhaltige Geldanlagen boomen. Im Marktbericht 2021 des Forums Nachhaltige Geldanlagen heißt es: „Die Gesamtsumme der Geldanlagen, die in Deutschland unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien angelegt sind, ist 2020 um 25 Prozent gestiegen und erreichte zum Jahresende 2020 ein neues Rekordvolumen von 335,3 Milliarden Euro.“

Zunehmend mehr Menschen wollen mit ihren Investments auch einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt ausüben. Außerdem setzt sich zunehmend die Einschätzung durch, dass nachhaltige Anlagestrategien auch dem Ertrag zugutekommen. Gerade während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass Unternehmen mit umweltschonenden Geschäftsmodellen gutes Geld verdienen können.

Doch kritische Medienberichte haben vermeintlich nachhaltige Investmentstrategien in Verruf gebracht. Schlagzeilen machte vor allem der Ausstieg von Tariq Fancy bei Blackrock. Der frühere Chief Investment Officer Sustainable Investing warf seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem größten Vermögensverwalter der Welt, vor, sich vor allem grün zu vermarkten, statt Geld in Nachhaltigkeit zu investieren. Blackrock-Chef Larry Fink hat sich in der Vergangenheit immer wieder verbal für nachhaltige Kapitalanlagen stark gemacht. Auch in Deutschland und in der Schweiz gerieten große Fondsgesellschaften in Kritik.

Mangelnde Einigkeit bei der Definition

Der Vorwurf des Greenwashings ist durchaus berechtigt. Das liegt schon daran, dass bei der Definition des Begriffs Nachhaltigkeit nach wie vor Wildwuchs und Uneinigkeit herrschen. Beispielsweise dürfte in Deutschland für die meisten Menschen Kernkraft als absolutes Tabu gelten – schon aufgrund der ungelösten Lagerung der Atomabfälle. In Frankreich oder angelsächsischen Ländern gilt diese Art der Energieerzeugung in weiten Kreisen dagegen als umweltschonend, weil keine CO2-Emissionen ausgestoßen werden.

Konsens dürfte dagegen sein, dass Best-in-Class-Ansätze nicht ausreichen, um dem Thema gerecht zu werden. Überspitzt ausgedrückt kämen dann nämlich auch der ökologischste Ölkonzern oder der sozialste Waffenproduzent ins Anlageuniversum. Das dies nicht besonders nachhaltig wäre, liegt auf der Hand.