Einordnung Von Krise bis ESG: Fünf Kernthemen für Infrastructure-Debt-Investoren

Claus Fintzen, CIO und Leiter des Bereichs Infrastructure Debt bei Allianz Global Investors

Claus Fintzen, CIO und Leiter des Bereichs Infrastructure Debt bei Allianz Global Investors: „Die Anlageklasse Infrastructure Debt ist von der zunehmenden Regulierung insgesamt und dem Wunsch der Regulierungsbehörden, den Anlegern mehr Transparenz und Informationen zu bieten, betroffen.“ Foto: Allianz Global Investors

Während wir in Deutschland vor einem Jahr noch im Lockdown und die meisten von uns ungeimpft waren, hat sich die pandemische Lage heute entspannt. Deutschland hat eine neue Regierung. Das Thema der Klimaneutralität hat in allen Branchen Fahrt aufgenommen. Doch was noch vor wenigen Monaten für die meisten von uns unvorstellbar – war wie der Angriff auf die Ukraine –  ist nun traurige Realität, dessen Ausmaß und Folgen noch nicht abzuschätzen sind. Was sich bereits jetzt abzeichnet – 2022 wird ein Jahr der Herausforderungen sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Durch das Bemühen der Regierungen, die boomende Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen sowie eine „grünere“ Wirtschaft zu unterstützen, werden die Infrastrukturausgaben ab 2022 und darüber hinaus steigen. Dies sollte institutionellen Anlegern, die in einem Niedrigzinsumfeld nach stabilen, langfristigen Cashflows suchen, neue Möglichkeiten eröffnen. Claus Fintzen, CIO und Leiter des Bereichs Infrastructure Debt bei Allianz Global Investors, die mehr als 20 Milliarden Euro Fremdkapital in Infrastruktur investiert hat, erörtert die fünf wichtigsten Themen, die im Jahr 2022 zu beachten sind.

1. Steigende Zinsen – hervorgerufen durch Inflation und geopolitische Entwicklungen

Die Entwicklungen in der Ukraine sind bedrückend und es ist zurzeit nur schwer absehbar, wie genau sich dieser Krieg makroökonomisch auswirken wird. Aber es ist sicherlich eine realistische Annahme, dass wir zukünftig mit höheren Energie- und Rohmaterialkosten rechnen müssen. Die daraus resultierende Inflation sollte dann zu höheren Zinsen führen.

Bei der Finanzierung eines Unternehmens oder Projekts müssen Investoren mitbedenken, wie die Konditionen in der Zukunft aussehen könnten, wenn die Rückzahlung fällig wird. Wir befinden uns immer noch in einem Niedrigzinsumfeld. Emittenten nutzen dieses aus und haben bei gleichbleibender Zinsbelastung den Verschuldungsgrad entsprechend erhöht.


Höhere Zinsen könnten eine Hürde für viele Unternehmen – auch im Infrastrukturbereich - darstellen, die ihr Fremdkapital in einem Umfeld wesentlich höherer Zinsen refinanzieren müssen. Werden sie dann in der Lage sein, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen und gleichzeitig ihren Investment-Grade-Status beibehalten?

Gleichzeitig befinden wir uns trotz steigender Zinsen immer noch in einem Niedrigzinsumfeld. Unter diesen Bedingungen können Infrastrukturfinanzierungen für Anleger mit einer "Buy-and-hold"-Ansatz immer noch erhebliche Vorteile bieten. Infrastrukturprojekte sind von Natur aus langfristige, illiquide und oft nachhaltige Vermögenswerte, und ihre Illiquiditätsprämie kann höhere Renditen generieren als beispielsweise viele Staatsanleihen oder Pfandbriefe.

2. Covid-19: Infrastrukturprojekte erholen sich– aber langsam

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Weltbevölkerung sind noch immer spürbar - und werden vielleicht nie vollständig beziffert werden können. Aber einer der Faktoren, die wir messen können, ist, wie hart sie die Verkehrsinfrastruktur getroffen hat, da der Personenverkehr weitestgehend zum Erliegen kam, als die Pandemie ausbrach. Viele Flughäfen, Mautstraßen und andere „essenzielle Anlagen" verfügten nicht über einen ausreichenden laufenden Cashflow, um ihre Kredite weiter bedienen zu können.